Untersuchungen am Marstall von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt

Im Galopp durch die Baugeschichte

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Auf dem Dachboden knarzen die Bohlen, im Erdgeschoss lässt ein geheimnisvolles bläuliches Licht den abgedunkelten Raum, der bis vor wenigen Monaten Archivdepot war, noch geheimnisvoller erscheinen. Lange bevor sich Dokumente und Akten stapelten, standen hier früher mal Pferde Seite an Seite. Seit der Beräumung durch das Staatsarchiv Rudolstadt ist der große Saal in der Mitte des Marstalls von Schloss Heidecksburg leer. Und auch das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt hat eine Mammutaufgabe gestemmt und sein Depot im Erdgeschoss des Marstalls ausgelagert.

Die Beräumung des Marstalls war notwendig für die anstehende Sanierung des historischen Gebäudes im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Zum einen mussten die Räume mit allen Ecken, Balken und Biegungen vermessen werden, zum anderen stehen zahlreiche wichtige Untersuchungen an. Architekten, Statiker und Restauratoren nehmen die Dachkonstruktion, Wände, Decken, Schäden und alle Auffälligkeiten dabei genau unter die Lupe.

Schloss Heidecksburg mit Blick auf den Marstall an der Nordseite des Schlosshofs, Foto: STSG, C. Schart

Details in den Blick zu nehmen und die Verbindung zur Geschichte herzustellen, gehört auch zum Kern der Arbeit der Bauforscher. Die Detektive der Geschichte suchen Spuren am Gebäude, befragen Akten im Archiv und entschlüsseln durch die Verbindung ihrer Erkenntnisse und Beobachtungen Ungereimtheiten. Dabei kommt oftmals Erstaunliches zutage – auch im Marstall, der seinem Namen gemäß einst als herrschaftlicher Pferdestall errichtet worden war. So stellten die Bauforscher unter anderem fest, dass in den Bau des Marstalls Mauern und ein Turm der mittelalterlichen Burg aus der Zeit um 1400 integriert worden waren, womit noch Spuren aus der Anfangszeit erhalten sind. Der Dachstuhl war eigentlich als Provisorium nach einem Brand 1735 gedacht, das dann zur Dauerlösung wurde – bis zu einem teilweisen Umbau im 19. Jahrhundert. Geradezu greifbar wird die Geschichte auch auf dem Dachboden des Marstalls, hier sind noch die ehemaligen Kammern der Stallknechte, die größtenteils aus der Zeit um 1814 stammen, in der ursprünglichen Raumaufteilung samt Stillem Örtchen erhalten.

Die Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt waren große Pferdefans. Fürst Ludwig Günther II. füllte ganze Bücher mit handgemalten Aquarellen seiner Pferde. Auf dem nahe gelegenen Stammsitz, Schloss Schwarzburg, wurde sogar ein ganzer Raum mit den von fürstlicher Hand gemalten Pferdebildern ausgestattet. Die Pferdebegeisterung ist auch auf Schloss Heidecksburg noch heute baulich ablesbar: So wurde beim Anlegen der Stufen, die Schlosshof, Mittlere und Untere Terrasse verbinden, auch an die Schrittweite der edlen Rösser gedacht – Menschen müssen da schon weit ausschreiten. Auf der Mittleren Terrasse steht das Reithaus, vor dem sich einst eine Reitbahn befand. Im Schlosshof ist noch eine Pferdeschwemme zu finden, die Pferde wurden in der ehemals mit Wasser gefüllten Vertiefung im Hof ans Wasser gewöhnt oder, ganz praktisch, gewaschen. Und auch im Marstall sind die Spuren der Pferdehaltung in den früheren Depoträumen noch ablesbar. Gusseiserne weiße Stützen stechen in den leeren Räumen des Erdgeschosses hervor. Sie wurden im 19. Jahrhundert errichtet. In Halterungen konnten Bohlen befestigt und damit Pferdeboxen abgetrennt werden.

Die Schlossterrassen mit dem Reithaus auf der Mittleren Terrasse und dem Marstall im Schlosshof. Foto: STSG, Carolin Schart

Für die Sanierung des Marstalls im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I laufen derzeit die Voruntersuchungen und erste Planungsschritte. Das Planungsteam mit Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen untersucht dafür das Gemäuer in all seinen Facetten. Der Blick in die von Hippomanie geprägten Geschichte von Schloss Heidecksburg ist für die Zukunft dabei unerlässlich. Er bildet ein wichtiges Puzzlestück für die Sanierungsplanung und den Erhalt des Denkmals.

Anke Pennekamp

Klangschalen der Turmuhr auf Schloss Heidecksburg

Fürstlicher Stundenschlag

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichte
Die höchsten Töne erklingen auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt seit Langem im Schlossturm. Zu jeder vollen Stunde werden in der Laterne des 44 Meter hohen Turms – wo Süd- und Westflügel aufeinandertreffen – zwei Klangschalen angeschlagen. Durch Voluten flankierte Öffnungen direkt unter dem Turmknopf werden die Klänge davongetragen.

Die bronzenen Klangschalen im Schlossturm gehören zur historischen Turmuhr. Das Uhrwerk stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert und steht ein Geschoss tiefer. Über einen mehrfach umgelenkten Draht sind Uhrwerk und Klangschalen miteinander verbunden, er läutet den Stundenschlag ein.

Rost angesetzt

Für eine Weile wird es nun allerdings ungewöhnlich ruhig im Schlossturm bleiben. Durch Wind und Wetter sind die Aufhängungen der bronzenen Klangschalen stark verrostet, in der Werkstatt müssen sie deshalb wieder auf Vordermann gebracht werden. Und auch an den Holzjochen sind nach den Jahren kleinere Reparaturen fällig. Aber wohin bringt man seine Klangschalen zur Reparatur? Da müssen natürlich Spezialisten ran. Eine auf Glocken und Turmuhren spezialisierte Firma aus Gräfenhain hat sich der Aufgabe im Auftrag der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten angenommen. Schon der Abbau der Schalen im Turmstübchen wird da zur nur schwindelfrei lösbaren Aufgabe für die Profis.

Bekrönung durch Krohne

Der Schlossturm hat bereits einige Jahrhunderte auf dem Buckel. Er entstand Mitte des 18. Jahrhunderts, nachdem die Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt in den Reichsfürstenstand aufgestiegen waren und Teile des Schlosses durch einen Brand zerstört wurden. Gottfried Heinrich Krohne wurde im fürstlichen Auftrag mit der Errichtung der Turmhaube und der Ausstattung des kurz zuvor neu errichteten Westflügels betraut.

Schloss Heidecksburg in Rudolstadt,
Foto: STSG, Carolin Schart

Versteckt hinter Bauschmuck und Mauerwerk ließ Krohne im Turm eine Holzkonstruktion errichten, um die Lasten von Haube, Laterne und Turmhelm aufzunehmen. Für die Eindeckung der Turmhaube wurden damals 28 Zentner Kupfer verbaut. Auch eine Uhr wurde bald nach der Fertigstellung installiert. Die drei Glocken, heute aus statischen Gründen stumm, ließen noch 30 Jahre auf sich warten.

Anke Pennekamp

Sondierungen auf Schloss Sondershausen

Spurensuche mit Georadar

BaugeschehenSonderinvestitionsprogramm I
Ganz genau wird derzeit auf Schloss Sondershausen hingeschaut. Hier werden im Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) neben der bereits laufenden Fenstersanierung am Westflügel noch drei weitere Sanierungsprojekte vorbereitet. Am Anfang steht dabei immer die Bestandsaufnahme und Spurensuche. Wochenlang werden Akten gewälzt, Sanierungsbereiche genau vermessen, der Baugeschichte nachgespürt, Schäden kartiert und analysiert, die Statik berechnet, Schwachpunkte ausgemacht und vieles mehr. Besonders tiefe Einblicke lieferten dabei jetzt Aufnahmen mit Georadar für zwei SIP I-Projekte in der Schlossanlage.

Die Spurensuche begann draußen zwischen Theaterwiese und Marstallvorplatz. 2024 soll hier eine neue Löschwasserzisterne eingebaut werden. Rund 500 Kubikmeter Erde müssen dafür bewegt werden. Vor den Tiefbauarbeiten wurde der Standort der zukünftigen Baugrube mit dem Georadar abgescannt. Auf den Bildern können die Experten Mauerreste, Hohlräume, Weltkriegsmunition und anderes Unerwartete im Boden aufspüren, wichtige Erkenntnisse für die im Endspurt befindlichen Vorbereitungen vor Baubeginn.

Tiefe Einblicke

Auf der Suche nach Verborgenem ging es dann weiter in der Schlosskirche. Im SIP I stehen statisch-konstruktive Sicherungen am Alten Nordflügel mit dem Schlossturm und dem Ost- und Südflügel sowie ein erster Sanierungsabschnitt am Dach an. In der Schlosskirche wurden in diesem Zusammenhang die Mauerpfeiler untersucht. Auch hier suchten die Fachleute nach versteckten Hohlräumen im Mauerwerk und erhoffen sich weitere Erkenntnisse zum Aufbau der Pfeiler. Die Radar-Sondierungen ermöglichen den Experten tiefe Einblicke ohne Eingriffe in die Bausubstanz. Die Pfeiler-Untersuchungen mit Georadar gehören dabei zu einer umfangreichen Bestandsaufnahme, die derzeit durch Restauratoren, Holzexperten, Architekten und weitere Fachleute für die Planung der Sanierungsmaßnahmen läuft. Für die Sanierungsplanung müssen Schäden im statisch-konstruktiven System durch die Tragwerksplaner erfasst und kartiert werden. Und auch der Lastfluss im Süd- und Ostflügel, dem Turm und dem Alten Nordflügel muss berechnet werden. Die Radar-Untersuchungen liefern den Experten dabei wichtige Anhaltspunkte für ihre Analysen.

Notabstützungen in der Schlosskirche von
Schloss Sondershausen, Foto: STSG, Iris Palzer

Wenn eins zum anderen führt

Bis zu 700 Jahre alte Bausubstanz steckt in den ältesten Flügeln von Schloss Sondershausen. Der Alte Nordflügel entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Heute ächzt die Baukonstruktion unter starken Belastungen und schwachem Grund. Eine Aufstockung und Umbauten an Dach, Decken und Wänden rüttelten das Baugefüge des Alten Nordflügels über die Jahrhunderte durcheinander und belasteten ihn sehr. Hinzu kommen schwierige Baugrundverhältnisse, starke Bodensetzungen – bedingt durch den ehemaligen Kali-Bergbau in der Region – und hohe Nutzungslasten. Große Schäden entstanden, die in Wechselwirkung stehen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden deshalb Notsicherungen in den Schlossräumen von der Schlosskirche bis zum Keller notwendig. Große Bereiche des Alten Nordflügels mussten auch beräumt werden. Im SIP I soll das statische Gefüge der Baukonstruktion dauerhaft gesichert werden.

Anke Pennekamp

Statische Sicherung der Zugangsbrücke zur Burgruine Bad Liebenstein abgeschlossen

Brücke ins Mittelalter

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Um 1800 standen Ruinen hoch im Kurs. Dichter und Gelehrte wie Goethe und Schiller wurden von ihnen in den Bann gezogen. Malerei und Dichtung dienten sie als schaurig-romantische steinerne Musen. Auch Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen konnte sich ihrer Faszination nicht entziehen.

Bereits um 1800 ließ der Herzog Erhaltungsmaßnahmen auf der Burgruine Bad Liebenstein durchführen, dabei sollte die Burg nicht etwa wiederaufgebaut werden, sondern als Ruine erhalten bleiben. Keine Selbstverständlichkeit, da ruinösen Gemäuern zuvor eher das Schicksal als Steinbruch drohte.  

Stahlstich mit Ansicht der Burgruine Bad Liebenstein von Südwesten, A. Rottmann nach Vorlage von Ludwig Rohbock, Repro aus: Original-Ansichten der historisch merkwürdigsten Staedte in Deutschland nach der Natur aufgenommen von verschiedenen Künstlern. Frankfurt am Main, Bokelmann, ca. 1878.

Die Burg Bad Liebenstein wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Über Jahrhunderte im Besitz der Herren vom Stein, geriet sie in die Wirren der Grumbachschen Händel, einer dramatischen Staatsaffäre des 16. Jahrhunderts. Zeitweise wurde sie belagert und von Kurfürst August von Sachsen konfisziert. Später ging sie auch mal in den Besitz von Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha über. Seit dem 17. Jahrhundert verlassen, wechselte die Burg noch mehrfach den Besitzer, bis 1800 Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen die Ruine erwarb. Er ließ die Zugangsbrücke zur Burg reparieren und die Mauerkronen sichern, damit verdanken wir ihm die ersten Erhaltungsmaßnahmen an der Ruine.

Ruinensicherung in herzoglicher Tradition

Aber nichts hält ewig und eine Burgruine, die Wind und Wetter schonungslos ausgesetzt ist, braucht viel Pflege. Auch bei den Baumaßnahmen im Sonderinvestitionsprogramm I auf der Burgruine Bad Liebenstein geht es ums Sichern und Erhalten, damit ein wertvolles Stück Burgengeschichte Thüringens nicht verloren geht. Im Fokus stehen die statische Sicherung der Zugangsbrücke zur Burg und die Mauerwerkssanierung im notgesicherten südlichen Bereich der Kernburg. Über mehrere Jahre wurden ab 2010 bereits weite Teile der Burgruine konserviert, mit den Maßnahmen im SIP I kann die dringend notwendige Ruinensicherung abgeschlossen werden.

Während der Baumaßnahmen an der Steinbogenbrücke zur Burgruine Bad Liebenstein 2023,
Foto: STSG, Philipp Brand

Brückenertüchtigung im Sonderinvestitionsprogramm I

In einem ersten Abschnitt wurde 2023 die Zugangsbrücke wieder auf feste Füße gestellt und steinrestauratorisch instandgesetzt. Für die statische Ertüchtigung musste die Steinbogenbrücke zunächst in Teilen abgebaut werden. Die Oberseiten der Bögen wurden freigelegt und gereinigt. Wie von den Statikern ausgeklügelt, geben Gewindestangen, Bewehrungsmatten und sulfatbeständiger Beton nun die notwendige Unterstützung. Abschließend wurde wieder aufgemauert. Auch das untere Widerlager wurde ertüchtigt und das Natursteinmauerwerk neu verfugt. Damit ist eine wichtige Etappe der Ruinensicherung geschafft, die Brücke stellt nämlich den einzigen Zugang zur Kernburg da. Der Brückensanierung kam damit eine tragende Rolle zu. 2024 gehen die Bauarbeiten in der Kernburg weiter.

Anke Pennekamp

Erster Bauabschnitt auf der Burgruine Ehrenstein fertiggestellt

Wehrhafte Schönheit in Nöten

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Auf dem Buchenberg bei Stadtilm steht die Ruine der Burg Ehrenstein. Im Mittelalter wurde die Burg mit den charakteristischen runden Ecken für die Grafen von Schwarzburg errichtet. Über die Jahrhunderte war sie Grafensitz, kaiserliches Lehen, zwischenzeitlich wurde sie auch mal verpfändet und fungierte zuletzt als Amtssitz. Die abgerundeten Ecken entsprachen nicht nur der neusten Burgenmode, sie sollten auch extra Schutz bieten.

Ende des 17. Jahrhunderts aufgegeben, verfiel die Burg Ehrenstein über die Jahrhunderte zusehends zur geschichtsträchtigen Ruine. Erhalten blieben die Umfassungsmauern der Kernburg mit Wohnbau und Bergfried. Auch Teile der schützenden Zwingermauern und Schalentürme, die die Kernburg umgeben, haben die Zeit überdauert.

Ruinensicherung im Sonderinvestitionsprogramm I

Wo einst Grafen wandelten, stehen jetzt Handwerker und Restauratoren mit Kelle und Mörtel auf dem Baugerüst bereit. Im Juni 2023 hat auf der Burgruine die Mauerwerkssanierung an der Kernburg begonnen. Neben kleineren Sicherungen über die Jahre, war 2011 bereits das Mauerwerk des Bergfrieds gesichert worden. Im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIP I) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten können nun weitere 450 Quadratmeter des historischen Burgmauerwerks saniert werden, eine dringend notwendige Maßnahme, denn seit 2018 ist die Ruine wegen loser Mauerteile gesperrt.

Seit Juni 2023 ist die Burgruine Ehrenstein eingerüstet, Foto: STSG, Philipp Hort

Witterung und Feuchtigkeit haben stark an den wehrhaften Mauern gezehrt, es drohte Steinschlag. Im SIP I wurden in einer ersten Sanierungsetappe nun konservatorische Maßnahmen an Mauerkronen und im oberen Bereich der über drei Geschosse reichenden Mauern durchgeführt. Zunächst wurde das Natursteinmauerwerk von Hand und im Wirbelstrahlverfahren gereinigt und dann neu verfugt. Instabile Partien in beiden Bereichen mussten teilweise wieder aufgemauert werden. Abschließend wurden die Mauerkronen zum Schutz mit einer neuen Bleiabdeckung mit Steinauflage versehen. Auch an den Fensteröffnungen wurden statische Sicherungen durchgeführt. Der erste Bauabschnitt ist nun fertig, im Sommer 2024 geht es weiter. Bei der Sanierung geht die STSG in drei Jahresabschnitten vor, bis 2025 wird das Mauerwerk von oben nach unten durchsaniert.

Der Naturschutz spielt bei der Ruinensicherung eine große Rolle

Als Ruine ist die ehemalige Burg in besonderer Weise zum Teil der umliegenden Landschaft geworden. Schutz und Brutmöglichkeiten bietet sie heute Vögeln und anderen Tieren, die um und an den historischen Mauern leben. Die Baumaßnahmen werden deshalb eng mit der Naturschutzbehörde abgestimmt und sind auf einen begrenzten Zeitraum beschränkt. Noch in diesem Jahr wird deshalb auch das Baugerüst wieder abgebaut und erst im nächsten Sommer wiedererrichtet, wenn es auf der Baustelle weitergeht.

Bis zum Ende der Ruinensicherung bleibt die Burgruine aus Sicherheitsgründen für Besucherinnen und Besucher noch gesperrt. Auch wehrhafte Mauern müssen mal in die Kur, runde Ecken und schroffe Kanten bleiben dabei natürlich erhalten.

Anke Pennekamp

Mauerwerkssanierung auf Burgruinen im Sonderinvestitionsprogramm I

Die Chemie muss stimmen

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Was hat Chemie mit Mauerwerk zu tun, mag man sich fragen. Tatsächlich spielen Laboruntersuchungen, chemische Prozesse und Reagenzgläser bei der Mauerwerkssanierung eine entscheidende Rolle. Denn vertragen sich die Baustoffe nicht, platzt das Mauerwerk buchstäblich aus allen Nähten. Was einst wehrhaft gedacht war, bekommt Risse und Brüche. Und auch optisch muss natürlich alles zusammenpassen.

Wird historisches Mauerwerk saniert, spielt der Mörtel eine wichtige Rolle. Dank ihm bleibt ein Stein auf dem anderen, können meterhohe Mauern aus dem Boden wachsen und Brücken, Burgen und Klöster in atemberaubender Lage hoch auf dem Berg oder tief im Wald errichtet werden. Unauffällig und dennoch mit tragender Rolle, hält der Mörtel die Mauer zusammen. Auf die richtige Mischung kommt es allerdings bei der Sanierung an. Möglichst nah am vorgefundenen Material soll die Rezeptur sein, damit sich Alt und Neu chemisch und optisch vertragen. Ist aber im 20. Jahrhundert mal Zement verwendet worden, gehen bei den Denkmalexperten die Alarmglocken an. Denn der moderne Baustoff verträgt sich mit Gips, Naturstein und anderen früher häufig eingesetzten Materialien nicht.

Baustoff mit tragender Rolle

Auch im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIPI) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist der Mörtel der heimliche Star. In zahlreichen der 23 Einzelprojekte des SIP I wird Mauerwerk saniert – so beispielsweise fast ein halber Kilometer Stützmauern auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, die Schlossbrücke auf Schloss Bertholdsburg in Schleusingen oder ein Abschnitt der Ringmauer auf der Burg Weißensee.

Ruinensicherungen im SIP I

Im Zentrum stehen steinrestauratorische Maßnahmen auch auf Ruinen, freiliegende Mauerkronen und die ungeschützt der Witterung ausgesetzten Mauern machen die Sanierung hier zur besonders anspruchsvollen Aufgabe. So auch auf den Burgruinen Bad Liebenstein und Ehrenstein, an denen 2023 die Baumaßnahmen im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I begonnen haben. Die über 700 Jahre alten Mauern boten einst Grafen und Edelmännern Zuflucht und Schutz, jetzt brauchen sie selbst Hilfe.

Auf der Burgruine Ehrenstein ist die Sanierung von rund 450 Quadratmetern Mauerfläche angelaufen. Auch die Mauerkronen werden saniert.
Foto: STSG, Philipp Hort

Bei der Ruinensicherung und Mauerwerkssanierung im SIP I geht es ums große Ganze, aber auch um Details wie einen unscheinbaren Baustoff, den Mörtel, der seit Jahrhunderten gebaute Geschichte Stein für Stein zusammenhält und mitträgt.

Anke Pennekamp

Fenstersanierung am Westflügel von Schloss Sondershausen

Fenster auf Umwegen

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Ein Schloss kann ganz schön schrullig sein. Es hat Ecken und Kanten und macht es einem nicht immer einfach. Auch nicht beim Sanieren und Erhalten. Viele Stufen, lange Gänge, so manches Nadelöhr und enge Türen. Wie kommen also 73 neue Fenster – jedes 300 Kilogramm schwer und über zweieinhalb Meter hoch – in den Westflügel von Schloss Sondershausen. Mit einem Transporter und einem kleinen Rollwagen, wer hätte das gedacht.

Im November 2023 fuhren sie vor, die ersten neuen Kastenfenster, die im Rahmen der Fenstersanierung am Westflügel von Schloss Sondershausen ersetzt werden. Die Fenstersanierung ist Teil des Sonderinvestitionsprogramms I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Mit viel Muskelkraft und kleinen Rollen nimmt Fenster für Fenster seinen Weg unter dem goldenen Zapfen der Rotunde hindurch, quer durch die Prunkräume an seinen jeweiligen Platz.

73 Fenster – 20 Tonnen Eichenholz

Über 100 Stunden Arbeit stecken in jedem Kastenfenster. Knapp 20 Tonnen Eichenholz wurde für alle 73 Fenster insgesamt verbaut. Die Kastenfenster mit Profilierung nach historischen Befunden haben die Tischler in der Holzwerkstatt vorgefertigt. Um den laufenden Betrieb in der Schlossanlage möglichst wenig zu beeinträchtigen, werden die Fenster in einem Rutsch nun peu á peu eingebaut. Durch die Fenstersanierung wird die historische Bausubstanz geschützt und die Gebäudeenergieeffizienz erhöht. Regen, Wind und Abnutzung hatten zu starken Schäden an den Holzfenstern des Westflügels geführt. Zugige Räume und kaputte Beschläge waren nicht mehr tragbar, die Nutzung der Schlossräume erschwert.

Das Projektteam bei der Beratung im April 2023 über das Musterfenster für die Fenstersanierung, Foto STSG, Jana Lorenz

Der Westflügel von Schloss Sondershausen stammt aus dem 18. Jahrhundert. Später wurde er im Stil des Klassizismus umgestaltet. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es zum Austausch fast aller Fenster am Westflügel gekommen. Die damals eingebauten Fenster waren undicht geworden und nicht mehr reparabel. Die Fenstersanierung im Sonderinvestitionsprogramm I trägt einen wichtigen Teil zur Erhaltung des Sondershäuser Residenzschlosses bei.

Anke Pennekamp

Säuleneiche am Westflügel von Schloss Heidecksburg nachgepflanzt

Mit der Geschichte verwurzelt

DenkmalpflegeGartenkultur
Es ist ein bewölkter Tag Anfang Mai 2023. Auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt nimmt heute etwas seinen Anfang, das über 200 Jahre währen könnte.

Auf der kleinen Rasenfläche am Westflügel wird gleich eine junge Säuleneiche gepflanzt. Veredelt wurde der Sämling mit dem Trieb eines Altbaums, der früher an gleicher Stelle stand, vor zwei Jahren aber nach Trockenschäden abgestorben ist. „Bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gehören Säuleneichen zum Schloss“, erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Auf einer historischen Fotografie um 1900 sind zwei schlank aufragende Bäume mit säulenartiger Wuchsform zu sehen, die den Zugang zum Westflügel flankieren. „Die Säuleneichen gehörten zu einem kleinen Landschaftsgarten mit Teehäuschen vor dem Westflügel, in dem Fürstin Caroline Luise von Schwarzburg-Rudolstadt früher kleine Teerunden veranstaltete.“

Bis ins 20. Jahrhundert flankierten zwei Säuleneichen die Durchfahrt vor dem Westflügel von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt,
Foto: Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt

Mit Maßband und Schaufel

Wo einst Fürsten und Prinzessinnen flanierten, stehen heute Schlossgärtner und Gartenreferent mit Spaten und Maßband in der Hand. Das Pflanzloch ist bereits präpariert. Ein eingebrachtes Substrat soll dem Jungbaum einen guten Start ermöglichen. Vor dem Einsetzen der Jungpflanze wird aber erst noch einmal gemessen. Beim Verlust des Altbaums wurde dessen ehemaliger Standpunkt genau dokumentiert. „Der junge Setzling wird dort gepflanzt, wo zuvor der Stammmittelpunkt des Altbaums lag“, erklärt Simon, „Altbäume in historischen Gärten zu ersetzen, ist generell nicht einfach. Die Bäume wurden als Teil eines lebendigen Gartenkunstwerks gepflanzt und sind in dieses hineingewachsen, mal als Teil einer Gruppe, mal als markante Solitäre. Sie haben raumbildende Wirkung und lenken Blicke. Kronenform und Blattfarben wurden einst nach ihrer speziellen Wirkung für das geplante Gartenbild und dessen Komposition ausgewählt. Sie können nicht einfach durch andere Baumarten ersetzt werden. Deshalb greifen wir in der Gartendenkmalpflege bevorzugt auf vorhandenes Genmaterial vom gleichen Standort zurück.“ Für die Nachpflanzung am Westflügel wurde der Sämling der Gattung Quercus robur ‚Fastigiata‘ dazu mit einem Zweig des Originalbaums veredelt. Jungpflanzen können sich zudem von klein auf an die Gegebenheiten des Standorts gewöhnen. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie sich an Klimaveränderungen besser anpassen können.

Zum Abschluss wird der junge Baum mit einer kleinen Umzäunung zum Schutz vor knabbernden Wildtieren umgeben. Die noch unscheinbare junge Säuleneiche ist nun Teil eines lebendigen Gartendenkmals, sie wird zunehmend die Ansicht des Schlosses komplettieren und sich von Jahr zu Jahr immer fester mit der Geschichte des Schlosses verwurzeln.

Anke Pennekamp

Sanierung der Rotunde im Fürstlich Greizer Park abgeschlossen

Runde Sache

BaugeschehenDenkmalpflege
Auf einer Gouache ist sie deutlich zu erkennen. Hell sticht sie hervor, kreisrund mit einer großen Öffnung zum strahlend blauen Himmel. Auf der historischen Darstellung des Sommerpalais, mit einem zur damaligen Zeit noch barocken Garten drumherum, ist sie erstmals dargestellt – die Rotunde im Fürstlich Greizer Park.

Erbaut wurde die Rotunde 1787 durch Fürst Heinrich XI. Reuß Älterer Linie. Einst soll in ihr japanisches Porzellan zu sehen gewesen sein. Darüber diskutiert man aber noch. Mehrfach hat das kleine Gebäude, mit rund 230 Jahren auf dem Buckel, seine Bestimmung gewechselt – Porzellanrotunde, Kapelle, Gedächtnishalle. Die Nutzungswandel hinterließen auch baulich ihre Spuren, das ist gewiss. Witterung und Feuchtigkeit hatten zu starken Schäden am Rundbau geführt, weshalb 2022 bis 2023 die Sanierung anstand.

Spiegel der Geschichte

Durch die Freilegungen im Zuge der Sanierung wurden die Umbauten der Jahrhunderte für die Bauforscher gut nachvollziehbar. So stellten die Bauexperten fest, dass die Öffnung im Zentrum der Kuppel beim Umbau zur Kapelle 1822 geschlossen worden war. Damit wurde es düster im Inneren, fünf neu eingefügte Dachgauben schufen Abhilfe. Der Zugang zum Gebäude wurde vergrößert und der Eingang durch die Portalarchitektur hervorgehoben. Bei der Umnutzung zur Gedächtnishalle für die Gefallenen des ersten Weltkrieges 1926 wiederum wurde eine Nische im Inneren verbaut, der Raum damit ganz aufs Runde orientiert. In der Mitte des Innenraums fand damals die Figur eines knienden Kriegers vom Dresdner Künstler Karl Albiker ihren Platz. Nach 1945 wurde die Rotunde noch einmal umgewidmet – zur Gedächtnishalle für die Opfer beider Weltkriege umgewidmet.

Durch Feuchtigkeit entstanden große Schäden an der Holzkonstruktion der Kuppel, Foto: STSG, Klaus-Peter Wittwar
Die runde Öffnung im Zentrum der Kuppel wurde 1822 geschlossen,
Foto: STSG, Klaus-Peter Wittwar

Erzfeind Regenwasser

Große Probleme brachte der Einbau der Gauben mit sich, wie man heute weiß. 1822 waren dafür einige tragende Teile der Kuppelkonstruktion zerschnitten worden. Das statische Gefüge wurde damit schwerwiegend durcheinandergebracht und das Dach war bald nicht mehr dicht. Im Zuge der Sanierung wurden Dach, Fassade und Innenraum in die Kur genommen. Zum Schutz vor Feuchtigkeit – einem der größten Probleme der Rotunde – wurden der Dachüberstand verbreitert, eine Spritzschutzzone aus Kies um das Gebäude geschaffen und das Umfeld im östlichen Teil neu modelliert. Auch die  Naturstein- und Putzflächen außen und innen wurden restauriert.  Der Fußboden und Ausstattungsstücke wie die Gedenktafeln – die in den 1920er Jahren den Wänden hinzugefügt worden waren – und die Skulptur von Karl Albiker gereinigt. Abschließend wurde auch die Umgebung der Rotunde mit den angrenzenden Wege- und Rasenflächen erneuert.

Frisch aus der Kur, hat die Rotunde im Fürstlich Greizer Park einige ihrer Geheimnisse offenbart, bei ein paar Rätseln rotieren die Experten aber noch.  

Anke Pennekamp

Greifenbank im Schlosspark Altenstein wiederhergestellt

Bodyguards im Federkleid

DenkmalpflegeGartenkultur
Wacher Blick, gespitzte Ohren, so hocken sie da, die beiden mythischen Bodyguards im Schlosspark Altenstein. Halb Raubkatze, halb Adler, flankieren sie die Enden einer halbrunden Bank und stützen die Arme der Verschnaufenden. Mitten in den über 200 Jahre alten Landschaftspark hat es die Besucherinnen und Besucher verschlagen, wenn sie auf die beiden Greifen am Fuße des Blumenkorbfelsens stoßen. Seit 1802 sind die gefiederten Wächter Teil des Parks. Seither lassen sie die kleine Parkszenerie nicht aus den Augen, die Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen erschuf.

Der Herzog ließ die Szenerie in Andenken an seine kurz zuvor verstorbene Mutter errichten, deren Bildnis in Form einer Büste die Rückenlehne der Bank zierte. Doch die Witterung zehrte am weichen Sandstein. Die Greifenbank ging über die Jahrhunderte bis auf Fragmente verloren. 2023 konnte sie durch eine Kopie wiederhergestellt werden. Möglich wurde das durch Spenden von Privatpersonen und vom Förderverein Altenstein e. V. sowie dank einer gemeinsamen Spendenaktion der Stiftung Bürger für Thüringer Schlösser und Burgen mit der Sparkassenstiftung der Wartburg-Region. Rund 70.000 Euro Spenden kamen so insgesamt zusammen.

Vom Modell zur Steinmetzarbeit

Seinen Anfang nahm das anspruchsvolle Wiederherstellungsprojekt 2020. Zunächst entstand ein Gips-Modell in Originalgröße. Fotografien und historische Darstellungen dienten dabei als wichtige Quellen für Form und Gestaltung der Bank. Auch Vergleichsbeispiele wurden zu Rate gezogen. Schon damals hatte der Herzog mit der Greifenbank auf ein sehr altes Motiv zurückgegriffen. Bereits in Pompeji waren Grabbänke mit Greifenschmuck zu finden. Über die Malerei gelangte das Motiv in die Gartenkunst.

Für die Planung wurden Quellen ausgewertet, Details intensiv diskutiert, über den richtigen Grad der Schnabelkrümmung, Krallen- und Blattformen beratschlagt und die Ausformung des Federkleides der Greifenbankfüße abgewogen. Jedes Detail wurde genauestens durchdacht, geplant und in der Werkstatt zunächst im Modell ausgearbeitet. Dabei konnte der mit der Planung betraute Steinrestaurator auf einen reichen Erkenntnisschatz seiner eigenen jahrelangen Recherchen zurückgreifen. Im September 2022 konnten dann die Steinmetze und Bildhauer mit ihrer Arbeit starten.  Knapp 6 Monate und neun Tonnen Steinmaterial später waren alle 70 Einzelteile fertig.

Ankunft auf dem Altenstein

Vor der Wiedererrichtung im Schlosspark wurden die stark verwitterten Fragmente der originalen Greifenbank eingelagert und am Standort ein neues Fundament hergestellt. Im Juli war es dann soweit, mit einem kleinen LKW erreichten die ersten Teile der Greifenbank den Altenstein. Per Kran wurden sie von der Ladefläche an den neuen alten Standort gehievt. Grundplatte, Beine, Sitzbank, Rückenlehne, Greifenarmlehnen, Sockel und Büste – Stück für Stück setzten die Steinmetze die Bank vor Ort zusammen. Die Greifen sind nun zurück im Schlosspark Altenstein. Mitten im Park wachen sie wieder in einer kühlen Felsnische über die zurückgewonnene Parkszenerie am Blumenkorbfelsen, eine der persönlichsten Parkarchitekturen, die Herzog Georg I. in seinem Schlosspark auf dem Altenstein schuf.

Anke Pennekamp