Juwelierskunst im Rokokoschloss Dornburg

Frisch ge(n)adelt

AllgemeinKulturgeschichteVermittlung
Sie sind Preziosen der Goldschmiedekunst, wertvolle Präsente europäischer Adelshäuser und als Sammelgebiet kaum wahrgenommen: fürstliche Geschenknadeln. Eine profilierte Privatsammlung der kleinen Objekte lädt zum großen Staunen ein. Seit dem 1. Juni ist die neue Sonderausstellung im Rokokoschloss Dornburg geöffnet.

Dornburg ist für seinen Dreiklang an Schlössern bekannt: das Alte Schloss, das Rokokoschloss und das Renaissanceschloss. Das letztgenannte ist für die Sanierung im Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten geschlossen. Somit rückt das Museum im Rokokoschloss mit seinem Sonderausstellungsraum in der Mansarde als Besuchsziel in den Fokus der Gäste. Wenn einst der Anblick des Dornburger Dreiklangs hoch über der Saale den Vergleich einer mit Perlen gefassten Krone hervorrief, dann ist das in rosa-gelb gefasste Rokokoschlösschen eine besonders funkelnde.

Dornburger Schlösser und Gärten, Rokokoschloss, Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Geschenkt

Gelegenheiten zum Schenken gibt es viele. Schenken hat Tradition, Schenken verbindet. Staats- und Gastpräsente sind schon lange ein Mittel, diplomatische Beziehungen zu festigen. Fürstenhäuser schenkten sich im 17. und 18. Jahrhundert gegenseitig Luxusgüter wie Pelze, Tuche, Porzellane oder Edelsteine, aber auch exotische Tiere, Rassehunde oder selbst Elefanten, bis hin zu ganzen Armeen. Dank- und Ehrengeschenke verlieh der Adel im Zeitalter des aufstrebenden Bürgertums zunehmend auch an verdiente Staatsdiener, engagierte Wissenschaftler, ergebene Künstler oder beflissene Bahnbeamte.

Genadelt

Im bürgerlichen 19. Jahrhundert kam es zu einer regelrechten Inflation von Militärorden, Gedenkmedaillen, Prämien- oder Preismünzen. Eng mit der Entwicklung der Krawattenmode sind die fürstlichen Geschenk- und Ehrennadeln verbunden. Die kleinen wertvollen Präsente (Nippes) vereinten Schmuck und Funktion zugleich. Gleichzeitig demonstrierten sie ganz nebenbei fürstliche Macht, die sich in der Verwendung wertvoller Materialien (Gold, Edelsteine, Perlen) oder der verwendeten Symbole (Krone, Wappen, Initialen) zeigte. Ähnlich kunstvoll, teils von den Hofjuwelieren gemarkt, kommen die Etuis daher: ganz in Samt und Seide.

Warum ist Nippes nicht gleich Nippes?

Unter dem Begriff „Nippes“ werden kleine dekorative Kunstgegenstände zusammengefasst. Das französische Wort bezieht sich ursprünglich in der Bedeutung auf „Beiwerk, Zierrat“. Im 18./19. Jahrhundert bezeichnete der Begriff noch wertvolle Objekte wie die fürstlichen Geschenknadeln. Heute wird das Wort eher synonym für Kitsch, Ramsch oder Stehrümchen verwendet.

Geschenkbrosche von Wilhemina von Oranien-Nassau, Foto: A. Wilfing

Heiratspolitik und Königinnen

Ein besonders schönes Nippes-Stück ist die Geschenkbrosche von Wilhemina von Oranien-Nassau (1880-1962) die von 1890 bis 1948 Königin der Niederlande war. Aus Gold und Platin gefertigt und mit Diamanten besetzt, zeigt die Brosche ein bekröntes „W“. Wilhelminas Großtante war Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1824-1897) – eine geborene Prinzessin der Niederlande. Mit ihrem Mann Großherzog Carl Alexander (1818-1901) nutzte Sophie das Dornburger Rokokoschloss gern als Sommerresidenz und richtete es ganz individuell ein, wovon noch heute der als Porzellankabinett eingerichtete Speisesaal erzählt.

Christian Hill

Burgen in Thüringens Kulturlandschaft

Zeugen des Wandels

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Einen heute kaum mehr nachvollziehbaren Eindruck muss es gemacht haben, wenn im Mittelalter eine neue Burg emporwuchs. Der Großteil der Landbevölkerung lebte in niedrigen Holz- und Fachwerkbauten, und auch in Städten waren steinerne Gebäude eher die Ausnahme als die Regel. Neben Kirchen waren es die Burgen, die durch ihre Größe und ihr Material herausstachen. Eine Burg zu bauen, erforderte erhebliche Aufwendungen – und Macht. Denn es ging nicht nur um Geld und Baumaterial, sondern auch vor allem um Arbeitskräfte. Über all das konnte nur verfügen, wer Herrschaft ausübte, Anspruch auf Abgaben und Arbeitsdienste erheben konnte und Land besaß.

Eine Burg zu bauen, war ein Privileg der Herrschaft. Die Verfügbarkeit der Mittel allein genügte nicht. Eine Burg machte den Eigentümer wehrhaft und verlieh ihm praktische und symbolische Macht. Höherrangige Territorialherren achteten deswegen darauf, dass rangniedrigere Adelige ihnen in Sachen Burgenbau nicht zu nahe traten. Diese wiederum versuchten nicht selten, ihre Macht mithilfe von Burgen auszubauen und sich auf diese Weise Herrschaftsrechte zu sichern. Burgen manifestierten Macht, mit ihnen konnte man handfeste Politik machen. Und nicht zuletzt waren konkrete Herrschaftsrechte an sie geknüpft.

Wetteifernde Burgherren

Der noch heute die Thüringer Kulturlandschaft prägende enorme Burgenreichtum ist nicht zuletzt der Burgenpolitik mehrerer konkurrierender Adelsgeschlechter zu verdanken. In der Mitte des 13. Jahrhunderts beerbten die Wettiner, die als Markgrafen von Meißen an Macht gewonnen hatten, die ausgestorbenen Landgrafen von Thüringen. Sie übernahmen nicht nur deren Titel, sondern auch deren Burgen und Territorien. Zusätzlich bauten sie in den folgenden Jahrzehnten ihre Landesherrschaft aus. Damit gerieten sie in Konflikt zu den alteingesessenen Adelsgeschlechtern auf dem Gebiet des heutigen Freistaats, die den Expansionsbestrebungen zu trotzen suchten. Die Auseinandersetzungen gipfelten in einer mehrjährigen Auseinandersetzung, die als Thüringer Grafenkrieg in die Geschichte einging. Einige Dynastien hielte dem nicht stand. Klare Landgewinner waren die Wettiner. Behaupten konnten sich aber auch die Grafen von Schwarzburg und die Vögte von Weida mit ihren zahlreichen Linien, die späteren Grafen Reuß. Südlich des Thüringer Waldes blieben bis ins 16. Jahrhundert die Grafen von Henneberg bestimmend.

Ausgebaute Stammburg: Schloss Schwarzburg im Thüringer Wald,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Die Schwarzburger gingen sogar gestärkt aus dem langen Machtkampf hervor. Ihnen gelang es, untergehenden Dynastien Herrschaftsgebiete und zugehörige Burgen abzugewinnen. Ursprünglich auf die Gegend um Arnstadt und Schwarzburg beschränkt, verfügten sie nun über Territorien im Norden Thüringens und konnten sich im mittleren Saaletal ausbreiten. Ihren Erfolg zeigen nicht nur die aus anderer Hand übernommenen Burgen, sondern auch strategische Neubauten, die den Landesausbau stützten und die Herrschaft festigten. Die Heidecksburg in Rudolstadt, eine ihrer beiden späteren Residenzen, entwanden die Schwarzburger den Grafen von Orlamünde, das zweite künftige Herrschaftszentrum Sondershausen gewannen sie per Erbvertrag mit den Grafen von Hohnstein hinzu. Die Burgen Ehrenstein einige Kilometer nordwestlich davon und Liebenstein im heutigen Ilmkreis hingegen errichteten sie neu.

Burgenbau mit Bedeutung

Maßstäbe für den Burgenbau setzten allerdings schon 200 Jahre vorher die Landgrafen von Thüringen. Die Wartburg mit ihrem Palas aus dem 12. Jahrhundert war nicht nur ein Ort der Landesherrschaft, sondern demonstrierte mit ihrer baukünstlerischen Qualität den Anspruch, in der ersten Liga zu spielen. Und damit war die Wartburg nur die wichtigste von mehreren Burgen der Landgrafen, an die sie ähnliche Maßstäbe anlegten. Auch die Neuenburg bei Freyburg an der Unstrut und – auf halber Strecke dorthin – die Burg Weißensee im Thüringer Becken suchten sie regelmäßig auf.

Thüringen ist reich an Burgen.
Burg Weißensee, Foto: STSG, Tino Trautmann

Mit dem Übergang an die Wettiner verloren die Burgen der Landgrafen von Thüringen ihre herausgehobene Residenzfunktion. Die Wartburg blieb vor allem als Garantin des Landgrafentitels von Bedeutung, der den Wettinern einen Sprung im Ranking der Dynastien verschaffte. Die Burg Weißensee war nun mehr ein Standort der regionalen Herrschaftsausübung und diente später lange als Zentrum des gleichnamigen Amtes.

Diese Funktionsbestimmung teilt die Burg Weißensee mit vielen anderen Burgen, die in der Frühen Neuzeit weiter genutzt wurden. Ihre mittelalterlichen Erbauer hatten aber selten bloße Verwaltungszwecke im Sinn. Neben dem Symbolwert und dem militärischen Nutzen konnte es sehr unterschiedliche Motivationen geben, eine Burg zu errichten – nach heutigen Maßstäben immerhin eine Millioneninvestition. Wer beispielsweise das Privileg hatte, an großen Handelswegen Zölle zu erheben, dem konnte eine Burg mit imposantem Aussehen und guter Übersicht sehr nützlich sein. Überhaupt konnten wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle spielen. Die Stadt Erfurt etwa unterhielt im Spätmittelalter mehrere Burgen im weiteren Umland, um die Grundlagen ihrer auf dem Waidanbau basierenden wirtschaftlichen Blüte zu sichern. Zu ihnen gehörte zeitweise die Wasserburg Kapellendorf, die aber – befristet an ein niederadeliges Bruderpaar übergeben – zwischendurch auch einmal zu einem recht gegenteiligen Zweck als Raubritter- und Erpressernest benutzt wurde. Weitere Gründe für den Burgenbau konnten das Sichern von Grenzlinien oder das Bedürfnis nach Unterkünften für die kaiserliche Reiseherrschaft sein. Selten war nur ein Grund ausschlaggebend.

Wirtschaftsburg und Räubernest: Wasserburg Kapellendorf,
Foto: STSG, Philipp Hort

Wandelnde Funktionen

Änderte sich die Situation, die für den Bau und die Platzwahl entscheidend war, wurden Burgen nicht selten aufgegeben. Die Fortschritte in der Militärtechnik machten manche Burgen für die Verteidigung unbrauchbar, andere wurden immer wieder angepasst und aufgerüstet. Steigende Ansprüche an verfeinerte Repräsentation und höheren Wohnkomfort konnten zur Aufgabe von Burgen und deren Verfall oder Abriss führen. So gingen auch in Thüringen nach dem Ende des Mittelalters nicht wenige der wohl einst etwa 800 Burgen verloren oder wurden zu Ruinen. Viele erwiesen sich aber auch als wandlungsfähig und konnten veränderten Aufgaben angepasst werden.

In Thüringen ist die Dichte zur dauerhaft genutzten Herrscherresidenz ausgebauten ursprünglichen Burgen so hoch wie nirgends sonst. Dennoch konnte natürlich nur ein kleiner Teil des Burgenbestandes auf diese Weise vom Wandel der Herrschaftsstrukturen profitieren. Für die meisten Burgen ergaben sich weniger hervorgehobene Nutzungen wie Amtszentren, Witwensitze, Jagdschlösser, und vieles mehr – oder sie blieben Wohnsitze des niederen Adels, wechselten oft mehrfach die Besitzer und wurden immer wieder den veränderten Bedürfnissen angepasst.

Eine Burg, die es auf solche Weise bis in die Zeit um 1800 geschafft hatte oder wenigstens noch als Ruine bestand, war meist gerettet. Denn allmählich hatte sich jenseits von Nutzungspragmatismus und dynastischer Repräsentation eine allgemeine Wertschätzung für die alten Gemäuer durchgesetzt. Den Romantikern zeugten sie von einem idealisierten Mittelalter, dessen Spuren sie in malerisch in die Landschaft eingebetteten Burgen und Ruinen erkannten. Burgen wurden zu Traum-Orten, sie regten die Phantasie an. Doch dabei blieb es nicht. Das europäische Phänomen der Burgenromantik brachte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine rege Bautätigkeit an vorgefundenen Burgen hervor. Sie wurden einem an Beobachtungen und Bildern geschulten Ideal angenähert, das sie als „Originale“ vielleicht nie erfüllt hatten.

Malerisches Ideal: Veste Heldburg,
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Burgendenkmalpflege

Im 19. Jahrhundert setzte aber auch eine auf Substanzerhalt gerichtete Burgendenkmalpflege ein. Sie entsprach oft noch nicht heutigen Maßstäben, sicherte aber die Existenz vieler Burgen. Zugleich nahm die wissenschaftliche Erforschung von Burgen ihren Anfang. In Thüringen und anderswo sind mittelalterliche Burgen und der Umgang mit ihnen in den späteren Epochen zu einem Gesamtbild verschmolzen. Nicht selten bestimmen die gebauten Interpretationen des 19. und 20. Jahrhunderts unser Bild von der mittelalterlichen Burg mit.

Aber auch Sicherungen mit geringem Deutungsgehalt – heute ein entscheidender Maßstab – sind schon im 19. Jahrhundert zu verzeichnen. So kam die Burgruine oberhalb des Kurorts Bad Liebenstein früh in den Genuss von Konservierungsarbeiten, denn sie stand mitten im weiteren Umfeld des großen Schlossparks Altenstein und bot sich als historischer Blickpunkt in der ab 1800 nach künstlerischen Gesichtspunkten aufgewerteten Landschaft der Umgebung an.

Blickfang in der Ideallandschaft: Burgruine Bad Liebenstein, Foto: STSG, Kurt Frein

Burgen regen noch heute die Phantasie an. Die Verführung ist groß, sie einfach als Zeugen des Mittelalters zu betrachten. Erst genaues Hinsehen zeigt die ganze Vielfalt des Phänomens „Burg“, das in Thüringen zu einer Zeitreise in alle Epochen des vergangenen Jahrtausends einlädt.

Franz Nagel

Das „Burgenland Thüringen“ steht in diesem Jahr in Thüringen im Mittelpunkt vieler besonderer Angebote. Auch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist mit ihren Burgen dabei – und mit einer Tagung zum Thema: „Burgen im Wandel. Gestalt und Funktion wehrhafter Architektur in Thüringen“ am 18./19. Oktober 2024 auf der Veste Heldburg (www.thueringerschloesser.de)

Fachpolitischer Dialog im Thüringer Landtag zum Sonderinvestitionsprogramm I

Kulturelles Erbe retten – Nachhaltig handeln – Handwerk fördern

AllgemeinBaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Um die Chancen und Herausforderungen des laufenden Sonderinvestitionsprogramms I  der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ging es in einem Fachpolitischen Dialog im Thüringer Landtag.

In einer Podiumsdiskussion diskutierten Akteure aus Politik, Tourismus, Handwerk und Kultur. Themen wie Handwerksförderung, Nachhaltigkeit und das Potential für Nutzung und Tourismus kamen zur Sprache. Auch die Aussichten auf eine notwendige Anschlussförderung wurde thematisiert.

Fachpolitischer Dialog zum SIP I am 28. Mai 2024 im Thüringer Landtag,
Foto: ©TSK/Jacob Schröter
Fachpolitischer Dialog zum Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Schlösser und Gärten im Thüringer Landtag,
Foto: ©TSK/Jacob Schröter
Historischer Küchenbau von Schloss Altenstein wird saniert

Des Herzogs Küchenbau

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Während die Besucherinnen und Besucher auf dem Altenstein in Bad Liebenstein durch den Landschaftspark flanieren und die Aussicht auf das nach Vorbild englischer Herrenhäuser gestaltete Sommerschloss der Herzöge von Sachsen-Meiningen genießen, wird hinter den Schlossfassaden und auf der rückseitigen Küchenterrasse fleißig gewerkelt.

Am historischen Küchenbau hat die Sanierung begonnen – der Auftakt zu einem umfangreichen Projekt: In den nächsten Jahren werden auf Schloss Altenstein 13 Millionen Euro verbaut. Im Sonderinvestitionsprogramm I soll die Sanierung des Schlosses und des zugehörigen historischen Küchenbaus abgeschlossen werden. Dazu gehört neben dem Innenausbau des Schlosses auch die Küche des 19. Jahrhunderts. Auch der daran angrenzende Turmstumpf einer Vorgängerburg wird gesichert.

Küchenbau mit Fliesenschmuck

Der historische Küchenbau wurde im Zuge eines Schlossumbaus vom Barock- zum Neorenaissanceschloss zwischen 1888 und 1890 errichtet. Im Neubau waren, wie ein Grundriss von 1892 verzeichnet, eine Küche, eine Spülküche und eine Speisekammer untergebracht. Das Küchenhaus erhielt auch einen in den Felsen getriebenen Keller. Das Fachwerkgebäude war über einen Verbindungsgang mit dem Schloss verbunden und ermöglichte es, trockenen Fußes zwischen Schloss und Küche hin und her zu eilen. Heute ist dieser Gang verloren. Erhalten geblieben ist hingegen im Inneren des Küchenbaus – der vom Schlossbrand in den 1980er Jahren verschont blieb – eine große Zahl an historischen Fliesen, die der Herzog seinerzeit bei der Mosaikfabrik Villeroy&Boch hatte ordern lassen.

Blick in den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein,
Foto: STSG, Constantin Beyer

Im Rahmen der Sanierung des herzoglichen Küchenbaus wird die historische Kubatur des kleinen Fachwerkbaus mit steilem Dach und großem Dachüberstand wiederhergestellt. Dabei finden auch historische Bauteile wie Dachziegel, Balken und Bretterverschalungen Wiederverwendung.

Anke Pennekamp

Am historischen Küchenbau von Schloss Altenstein haben die Bauarbeiten begonnen, Foto: STSG, Philipp Brand

Neue Staudenbeete im Schlosspark Molsdorf

Schmuckbeete mit archäologischen Wurzeln

DenkmalpflegeGartenkulturKulturgeschichte
Über 2.000 Stauden, verteilt auf vier Schmuckbeete, lassen ab diesem Jahr wieder den Schlosspark Molsdorf erblühen. Lange verloren reichen die geschichtlichen Wurzeln der Zierbeete bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück, in die Zeit als der barocke Schlosspark sich zum Landschaftsgarten wandelte.

Auf einem Gartenplan von 1794 sind sie deutlich zu erkennen – drei „Blumen Stücken von Stauden Gewächsen“, wie sie im Plan bezeichnet werden, direkt am Übergang vom Schloss zum Park. Zwischen halbrundem Rasenparterre und der Gartenfassade des Barockschlosses sind zwei dreieckige Schmuckbeete eingezeichnet. Im Grün der Rasenfläche liegt das dritte Beet mit ovaler Form. Wie ein Gesamtplan des Schlossparks ein paar Jahrzehnte später zeigt, ist im südlichen Bereich des Parks noch ein zweites Ovalbeet zu finden, ebenfalls eingebettet in eine Rasenfläche. Im 20. Jahrhundert wurden die vier Beete schließlich eingeebnet.

Farblithografie von R. Weibezahl, in: Faust „Poligrafisch-illustrierte Zeitschrift“, Wien, A. Werl 1861
Neue Stauden im Schlosspark Molsdorf,
Foto: STSG, Jonathan Simon

Seit gut zehn Jahren sind die beiden Ovalpflanzungen bereits wieder erlebbar.  Eine großzügige private Einzelspende in Höhe von 18.000 Euro hat jetzt auch die Wiederherstellung der beiden Dreiecksbeete ermöglicht, die bisher nur durch Rasenflächen in ihren Formen nachgebildet waren. Und auch die Ovalbeete konnten dank der Spende neu bepflanzt werden. Da keine historischen Pflanzlisten überliefert sind, wurden die Beete mit vielfarbigen Stauden in unterschiedlichen Wuchshöhen neu interpretiert.

Geschichte unterm Rasen

Wichtige Anhaltspunkte für die Wiederherstellung der Zierbeete gaben historische Abbildungen und Parkpläne. Hinzu kamen gartenarchäologische Radaruntersuchungen, die den Blick in die im Boden verborgene Vergangenheit ermöglichten und die genaue Lokalisierung der eingeebneten Beete zuließen.

„Bei der Bepflanzung der Schmuckbeete im Pleasureground des Schlossparks haben wir uns an der für das 19. Jahrhundert typischen Gestaltung und Pflanzenauswahl orientiert. Da nicht mehr alle historische Sorten im heutigen Handel zu finden sind, mussten wir vereinzelt auch auf moderne Sorten umsteigen,“, erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. „Historisches Bildmaterial diente uns auch bei der Bepflanzung der Beete als wichtige Grundlage und ermöglichte uns Aussagen zur Struktur der Pflanzungen.“

Historische Beetmode

Gartenexperte Simon hat das Pflanz- und Farbkonzept für das farbenfrohe Wiederherstellungsprojekt und die Neubepflanzung der Ovalbeete erdacht, bei dem es Komposition, Farbpalette und vieles mehr zu bedenken galt: „Zum Gestaltungskonzept gehört die damals typische Höhenstaffelung der Pflanzen von hohen Stauden in der Mitte zu niedrigen Stauden am Rand. Wir haben die in der damaligen Zeit typischen mehrjährigen Stauden verwendet, auf deren Verwendung die historischen Quellen  schließen lassen. Entscheidend waren dabei Merkmale wie Blütenfarbe, Größe oder Blattschmuck.“

Die wiederhergestellten Beete gehören zur zweiten Gestaltungsphase des Gartendenkmals. Ursprünglich als Barockgarten angelegt, wurde der Schlossgarten in Molsdorf Ende des 18. Jahrhunderts zum Landschaftspark umgestaltet. Dabei wurden Elemente des Barockgartens in die neue Parkgestaltung einbezogen. Unter anderem blieb die Form des zentralen Barockparterres als große Rasenfläche erhalten. Die zwei ovalen Blumenbeete setzten farbenreiche Akzente. Die beiden dreieckigen Beete in den Zwickeln vermittelten zwischen Schloss und Rasen. Die Beete und der Reichtum an Schmuckpflanzen bildeten damit typische Elemente eines Pleasuregrounds in der landschaftlichen Parkgestaltung. Mit der Rückgewinnung der Schmuckbeete ist diese historische Gestaltung nun wieder komplett.

Schloss und Park Molsdorf, Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Die Schmuckbeete im Schlosspark Molsdorf sind jetzt wieder teil des lebendigen Gartenkunstwerks und geben dem Pleasureground ein Stück seiner alten Blütenpracht zurück. Und über noch etwas freut sich Simon: „Im Herbst kommen noch einmal knapp 4.000 Blumenzwiebeln verteilt auf die vier Beete hinzu. Im Frühjahr läuten sie dann künftig immer die Saison ein und bilden auch im Herbst den Abschluss der Saison.“  

Anke Pennekamp

Turmhaubensanierung auf der Burg Weißensee

Landmarke mit venezianischem Flair

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Hoch hinaus geht es im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIP I) auf der Burg Weißensee. Hier wird die Haube des Palasturms saniert. Der nach einer umfangreichen statischen Hangsicherung zwischen 2013 und 2016 bereits sanierte Turmschaft wird seit Jahrzehnten durch eine Notdeckung geschützt.

Um das sanierte Mauerwerk des Palasturms dauerhaft vor Wind und Regen zu schützen und der Burganlage ihren alten (Dach)Schwung wiederzugeben, soll die markante Haube, deren Konstruktion an venezianische Vorläufer erinnert, durch die Sanierung von Tragwerk und Dachdeckung wiederhergestellt werden.

Mittelalterliche Ursprünge

Die Anfänge der Burg Weißensee reichen bis in die Romanik zurück. Wo sich heute die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten um den Erhalt der Burg und ihrer Folgebauten kümmert, legte im 12. Jahrhundert die Landgräfin Jutta den Grundstein für die mittelalterliche Burganlage. Errichten ließ die Bauherrin ihre wehrhafte Burg auf halber Strecke zwischen den Landgrafensitzen Wartburg und der Neuenburg bei Freyburg. Im Palas mit großem Saal wurde im Mittelalter gewohnt und gefeiert, ganz sicher auch den noch heute berühmten Minnesängern gelauscht. So anspruchsvoll die Landgrafen beim Fördern von Dichtern waren, setzten sie auch beim Bauen Maßstäbe – der erhaltene Bauschmuck zeugt davon.

Zum Bauwerk gehört auch ein fünfgeschossiger Turm. Als Einheit geschaffen, stammt der Palas samt Turm noch aus der Erbauungszeit der Burg. In Notlagen war der Turm sicherer Rückzugsort, der nur über einen Hocheingang im ersten Obergeschoss zu erreichen war. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg zum Schloss und zum Verwaltungssitz ausgebaut, in dieser Zeit kam es auch an Palas und Turm zu baulichen Veränderungen.

Turmhaube der Burg Weißensee mit Noteindeckung, Foto: STSG, K. Leipold

Haubenkonstruktion mit Kniff

Wie das Holz des Tragwerks den Bauforschern bei der Untersuchung offenbarte, stammt die Haube des Palasturms aus dem 16. Jahrhundert. Ihre Dachflächen sind geschweift, in wechselnden Winkeln aneinandergefügte Bohlensparren sorgen für den Schwung. Damit gehörte die Burg Weißensee zu den Trendsettern in der Gegend. Geschweifte und bogenförmige Dachformen sind bereits ein Jahrhundert zuvor in Italien zu finden, genauer gesagt in Venedig. Später tauchten sie auch in Prag und Böhmen auf, bevor sie sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland verbreiteten. Die Bauforscher stellten bei der Untersuchung der Haube den Kontext zur europäischen Architekturgeschichte her.

Im Rahmen des SIP I kann auf der Burg Weißensee, wie in 22 weiteren Projekten des Programms, ein wertvolles Stück Denkmalgeschichte und -substanz gerettet und wieder erlebbar werden. Nicht oft ist noch so viel romanische Bausubstanz wie auf der Burg Weißensee erhalten. Mit der Haubensanierung wird ein Stück der buchstäblich darauf aufbauenden jüngeren Bau- und Nutzungsgeschichte bewahrt, und damit auch ein wenig venezianisches Flair in Nordthüringen. Ganz wesentlich ist sie aber auch für den Schutz des vor wenigen Jahren mit großem Aufwand sanierten mittelalterlichen Turms. Die fertige Haube wird der Burgansicht wieder ihren alten Schwung verleihen und ihr damit die enorme Fernwirkung im Thüringer Becken zurückgeben.  

Anke Pennekamp

Schloss Schwarzburg als außerschulischer Lernort

Ramponiertes Klassenzimmer

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichteVermittlung
Ein einsames Fragment Barockstuck an der Decke, Kritzeleien an den Wänden, Holzträger aus den 1940er Jahren, die sich in die Wände bohren – wer durch den Emporensaal von Schloss Schwarzburg schlendert, kommt nicht umher sich zu fragen, was ist hier passiert.

Schloss Schwarzburg, dessen Geschichte bis in das 12. Jahrhundert zurückreicht, ist nicht nur als Stammsitz der Grafen von Schwarzburg, eines der ältesten Adelsgeschlechter in Thüringen, von zentraler Bedeutung. Wer vor Ort ist, versteht schnell, dass die Spuren einer bewegten Geschichte wie eine schwere Last auf der Schlossanlage liegen.

Schloss Schwarzburg, Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Spuren, die sich lesen lassen – sie machen Schloss Schwarzburg zu einem Denkmal, das künftig insbesondere jungen Menschen als kulturhistorische Quelle für forschendes Lernen dienen soll. Dank einer Projektförderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und die Thüringer Staatskanzlei kann die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) derzeit einen außerschulischen Lernort auf Schloss Schwarzburg etablieren. Das Konzept berücksichtigt die gesamte Bau- und Nutzungsgeschichte, legt dabei aber aus mehreren Gründen einen starken Fokus auf das 19. und vor allem das 20. Jahrhundert.

Geschichte mit Brüchen

Das Schloss, die Dynastie der Fürsten von Schwarzburg und der Ort Schwarzburg sind eng mit der Geschichte von Demokratie und Diktatur verbunden. So war das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt 1816 der zweite Staat im Deutschen Bund, der eine landständische Verfassung nach dem Muster der französischen Charte Constitutionelle von 1814 verabschiedete. 1852 kam es im Rahmen der Burschenschaftsbewegung zur Gründung des Schwarzburgbundes. Der beschreibt sich heute als ein Bund christlicher Verbindungen in der Tradition der Urburschenschaft und fühlt sich deren studentisch-demokratischen Grundforderungen verpflichtet.

Schloss Schwarzburg im Schwarzatal, 2019
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Im November 1918 dankte Fürst Günther Victor von Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen als letzter Monarch im Deutschen Kaiserreich ab. Im August 1919 setzten Reichspräsident Friedrich Ebert und weitere Regierungsmitglieder in Sichtweite des Schlosses per Unterschrift die Verfassung der Weimarer Republik in Kraft. Ebert hielt sich zu diesem Zeitpunkt mit seiner Familie in der traditionsreichen Sommerfrische im Schwarzatal auf.

Unter den Nationalsozialisten sollte Schloss Schwarzburg zum Reichsgästehaus umgebaut werden. Das Hauptgebäude wurde hierfür größtenteils entkernt, angrenzende Schlossflügel abgerissen und das Zeughaus beräumt. Für den geplanten Einsatz ausländischer Arbeitskräfte wurde ein Barackenlager unterhalb des Schlossbergs errichtet. 1942 folgte kriegsbedingt die Einstellung der Umbaumaßnahmen am Schloss.

Gerettet, gesichert, genutzt

Während das Schloss in den folgenden Jahrzehnten als Bauruine verfiel, wurde das aus dem 18. Jahrhundert stammende Kaisersaalgebäude im Garten bis 1971 restauriert und als Museum eröffnet. Seit 1995 gehört die Schlossanlage zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, umfassende Sicherungen und Sanierungen mussten sich zunächst auf die Stützmauern konzentrieren.

Kaisersaalgebäude und Schloss-Hauptgebäude,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller
Schauwaffensammlung im fürstlichen Zeughaus von Schloss Schwarzburg,
Foto: Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt

Ab 2009 gerieten das Zeughaus und das Hauptgebäude in den Blick. Im Zeughaus zeigt das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt seit 2018 wieder die 1940 ausgelagerte Prunkwaffensammlung. Für das Hauptgebäude ist die originale Ausstattung nahezu vollständig verloren. Hier ging es zunächst um die Sicherung der Substanz.

Zeitspuren zum Greifen nah

Das so belassene Schlossgebäude macht außerschulisches Lernen besonders interessant. Vor dem Hintergrund der gesamten Bau- und Nutzungsgeschichte wird vor allem das 20. Jahrhundert mit seiner Demokratie- und Diktaturerfahrung fokussiert. Das Schloss wird zum steinernen Zeitzeugen, anhand dessen sich die Kulmination von Demokratie- und Diktaturgeschichte, die Selbstüberschätzung und Selbsterhöhung der Nationalsozialisten sowie das Hineinwirken der Diktatur in die Zivilgesellschaft an einem authentischen Ort vermitteln lassen. In die analogen und digitalen Module werden historische Stiche, Baupläne, Dokumente und Fotos eingebunden, die zum eigenen Forschen und Fragen anregen sollen. Die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure, etwa regionaler Demokratieprojekte, ist deshalb ein weiteres Anliegen des Lernorts.

Die Vermittlungsinhalte des außerschulischen Lernorts Schloss Schwarzburg werden, auch unter Berücksichtigung von inklusivem und barrierefreiem Lernen, primär für Schüler und Schülerinnen der Regelschule, des Gymnasiums und der Volkshochschule und Jugendgruppen erstellt. Die inhaltlichen Angebote fokussieren zunächst die Fächer Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung. Sie sollen nach und nach auf weitere Fächer erweitert werden und lassen sich darüber hinaus auch für die Jugendarbeit nutzen. Bei der Entwicklung der Module kooperiert die Stiftung mit Partnern wie der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und dem Leibniz-Institut für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut in Braunschweig.

Anke Költsch

Neue Löschwasserzisterne für Schloss Sondershausen

Unterirdisches Wasserreservoir im Residenzschloss

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Im Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten geht es nicht nur um großflächige Dachsanierungen, komplexe statische Sicherungen, feinfühlige Mauerwerkssanierungen oder verbesserte Nutzungs- und Erschließungsmöglichkeiten. Auch Objektsicherheit und Brandschutz spielen eine wichtige Rolle.

Auf Schloss Sondershausen, der ehemaligen Residenz der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen, wurde in Sachen Brandschutz jetzt einiges bewegt, genauer gesagt ganze 550 Kubikmeter Erdreich. In der Schlossanlage fehlte Löschwasser für den Ernstfall. Am zentralen Standort zwischen Marstall und Schloss machte das SIP I nun den Einbau einer neuen Löschwasserzisterne möglich. 200 Kubikmeter Wasser, so viel wie ein stattlicher Swimmingpool, hält das moderne Wasserreservoir jetzt unterirdisch vor.

Die neue Löschwasserzisterne wurde vor Ort zusammengebaut, Foto: STSG, Stephan Göpffarth

In den letzten Monaten war zunächst das Baufeld für die Tiefbauarbeiten vorbereitet worden. Mittels Georadar wurde der Bereich der späteren Baugrube gescannt, bevor die Bagger anrollten. Mauerreste, Hohlräume, Weltkriegsmunition und anderes Unerwartete im Boden können so aufgespürt werden. Auch Leitungen im Bereich der späteren Baugrube mussten durch die Stadtwerke noch umverlegt werden. Dann hoben die Bagger die Baugrube aus und bewegten dabei über 500 Kubikmeter Erde. Im April 2024 konnte schließlich der Einbau der Zisterne starten.

Die Zisterne besteht aus vielen einzelnen Kunststoffspeicherelementen, die vor Ort zusammengesetzt wurden. Durch eine Folienummantelung wurden die Speicherelemente dann abgedichtet. Im letzten Schritt stand die Verfüllung der Baugrube an. Über zwei Schächte kann das Löschwasser zukünftig aus der Zisterne entnommen werden.

Einbau der neuen Löschwasserzisterne,
Foto: STSG, Stephan Göpffarth
Neue Löschwasserzisterne am zentralen Standort,
Foto: STSG, Stephan Göpffarth
Neue Gießwasserzisterne auf Schloss Sondershausen,
Foto: STSG, Stephan Göpffarth

Neben der Löschwasserzisterne wurde auch eine neue Gießwasserzisterne in der Schlossanlage eingebaut. Wie das Schloss ist auch der zugehörige Schlosspark über die Jahrhunderte angewachsen. Mit zunehmender Trockenheit steigt auch für die Parkpflege der Wasserbedarf.

Wasser spielte schon früher eine wichtige Rolle in Schlossanlagen, als Trinkwasserbrunnen, in der höfischen Gartenkunst mit Wasserspielen und Springbrunnen. Aber auch in Zisternen. Auf Schloss Friedenstein in Gotha ist noch eine historische Zisterne aus dem 16. Jahrhundert erhalten, die seit 2016 saniert heute ebenfalls rund 200 Kubikmeter Löschwasser auf 100 unterirdischen Quadratmetern unter dem Schlosshof vorhält.

Verborgen im Boden, aber von großer Bedeutung, ist mit dem Einbau der Löschwasserzisterne auf Schloss Sondershausen ein wichtiger Schritt für den Brandschutz getan.

Anke Pennekamp

SchlösserWelt Digital&Original

Auf neuen Wegen wandeln

AllgemeinKulturgeschichteVermittlung
Es ist ein schöner Frühlingstag im April 2023. Im Terrassengarten von Schloss Wilhelmsburg ist ein Löwe außer Rand und Band. Er ist auf der Suche nach seinem Freund – dem Delphin. Schülerinnen und Schüler einer 7. und 12. Klasse sind ihm zur Hilfe geeilt. Zwischen den geometrisch angelegten Beeten lösen sie Rätselaufgaben per App mit dem Handy und erfahren dabei ganz nebenbei noch allerhand über die heute seltene Renaissance-Gartenkunst und eine für den Schlossgarten vielleicht gar nicht so fernliegende Freundschaft zwischen Löwe und Delphin. Keine 30 km entfernt stehen Besucherinnen und Besucher vor den Schattenrissen von filigranen Bäumen, Hirsch und Hase. Sie sind auf dem Sprung in den 160 Hektar großen Landschaftspark um Schloss Altenstein. Im Besucherzentrum im Hofmarschallamt bekommen sie hilfreiche Tipps und erfahren mehr über den Schlosspark mit seiner über 200-jährigen Geschichte und vielen kleinen und großen Sehenswürdigkeiten.

Neue Zugänge erschließen, neugierig machen und zum Nachdenken animieren – seit 2022 läuft bei der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) ein großes Digitalisierungs- und Vermittlungsprojekt, das SchlösserWelt Digital&Original (SWDO) heißt und genau das möchte. Ermöglicht haben es die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Thüringer Staatskanzlei mit einer Förderung von 3,9 Millionen Euro.

Besucherzentrum Schlosspark Altenstein, Foto: STSG, Susanne Rakowski

Im Rahmen des Programms kann die STSG in vielen ihrer Liegenschaften neue analoge und digitale Vermittlungsformate entwickeln, alles möglichst zeitgemäß, modern und nachhaltig. Zwei neue Dauerausstellungen, mehrere Mediaguides, Filmprojekte und digitale Lagepläne stehen in der Pipeline. Eine Rätselspiel-App für den Terrassengarten von Schloss Wilhelmsburg, ein neues Besucherzentrum im Schlosspark Altenstein und ein Entdeckerrucksack für den Altenstein sind schon fertig.

Einer der SWDO-Schwerpunkte liegt auch auf familien- und jugendfreundlichen Angeboten. In den Schlössern und Burgen der STSG ist gelebte Geschichte zum Greifen nah, weiß Dr. Miriam Rieger, die das SWDO-Projekt leitet. Sie bieten großes Potential als außerschulische Lernorte – auf Schloss Schwarzburg, das in den 1940er Jahren zum Reichsgästehaus umgebaut werden sollte, wird dazu ein Projekt mit vielen Partnern entwickelt. Entdeckerrucksäcke sollen Schülerinnen und Schüler für das Klassenzimmer Schlosspark begeistern, können aber auch einfach Familien einen schönen Tagesausflug bescheren.

Es gilt einen reichen Schatz an Geschichte und Geschichten zu erzählen. Dabei sollen aber nicht nur die Gebäude sprechen, Lernorte und zwei neue Dauerausstellungen in Kranichfeld und Kloster Göllingen wollen zum Erleben und den Blick weiten anregen. Auch persönliche Erinnerungen sollen dabei zum Tragen kommen, zusammen mit der Hochschule Erfurt arbeitet das SchlösserWelt Digital&Original Team an einem Zeitzeugenprojekt, das einen Blick über die fürstliche und klösterliche Zeit der Anlagen hinauswirft und Schlaglichter auf den Alltag und die weitere Nutzungsgeschichte der Denkmäler im 20. Jahrhundert wirft. Vom Arbeitsalltag in der ehemaligen Konservenfabrik im Kloster Göllingen über die Bauarbeiten auf dem Oberschloss Kranichfeld, das unter den Nationalsozialisten zeitweise Außenlager des KZ-Buchenwald war, bis hin zum beeindruckenden ehrenamtlichen Engagement in der DDR und heute.

Viel steht an im Programm SchlösserWelt Digital&Original. Bis 2025 sollen alle Projekte abgeschlossen sein. Auch die beiden neuen Dauerausstellungen in Kranichfeld und Göllingen sollen im kommenden Jahr eröffnen.

Anke Pennekamp

Klosterkirche und Forstamtshaus in Paulinzella begehen ein Doppeljubiläum

Zeitzeugen aus Holz und Stein

DenkmalpflegeKulturgeschichteVermittlung
In diesem Jahr gibt es in Kloster Paulinzella gleich zweifach Grund zum Feiern. Die Weihe der ehemaligen Klosterkirche jährt sich zum neunhundertsten Mal und das Forstamthaus kann auf stolze 550 Jahre zurückblicken. Das nehmen der ThüringenForst, das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg und die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zum Anlass, in Paulinzella über das gesamte Jahr verteilt mit einem bunten Potpourri an Veranstaltungen und Angeboten aufzuwarten.

Im Jahr 1102 kam ein kleines Grüppchen Frauen ins Rottenbachtal. Die sächsische Adelige Paulina war im Alter von etwa 40 Jahren zum zweiten Mal verwitwet und wollte sich nun ganz dem religiösen Leben widmen. Am Nordrand des Thüringer Waldes ließ sie sich mit Gleichgesinnten nieder, vier Jahre später, im Jahr 1106, genehmigte der Papst die Gründung eines Klosters. Auch der Bau einer Klosterkirche begann schnell. Viel sah Paulina allerdings nicht mehr von dem später imposanten Gebäude – schon 1107 starb sie nach einem Sturz vom Pferd. Trotzdem lebt ihr Name fort. Als ihre Gebeine später in die neu errichtete Klosterkirche umgebettet wurden, verdrängte der Name „Paulinzella“ den ursprünglichen Klosternamen Marienzelle. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Klostergründerin am Plan der Klosterkirche Anteil hatte.

Ruine der Klosterkirche Paulinzella, Foto: STSG, Constantin Beyer

1124, vor genau 900 Jahren, konnte die Kirche geweiht werden, zu Ehren der Jungfrau Maria, Johannes des Täufers und Johannes des Evangelisten. Fertig war der von Baumeistern aus dem Schwarzwaldkloster Hirsau geleitete Bau da allerdings noch längst nicht, bis 1160 zog sich die Bauzeit hin. Traditionell von Osten mit dem Chor beginnend, wurde die Kirche binnen fast sechs Jahrzehnten aus dem umliegend vorhandenen Buntsandstein errichtet. Ganze Steinblöcke wurden zur Klosterkirche transportiert und erst vor Ort behauen. Architektonisch diente das Mutterkloster Hirsau als Vorbild, was an den Baudetails bis heute ablesbar ist.

Nach der Reformation wurde das Kloster aufgehoben und gelangte in den Besitz der Grafen von Schwarzburg. Sie machten aus dem Kloster eine Domäne, errichteten ein großes Amtshaus und bauten eines der alten Klostergebäude in ein Jagdschloss um. Die übrigen Klostergebäude, vor allem die Kirche, waren nun ohne ihre ursprüngliche Funktion und dienten lange Zeit als Steinbruch. Was heute unfassbar erscheint, war zur damaligen Zeit gängige Praxis, da behauener Stein nur mit viel Aufwand zu beschaffen war. Erst Fürst Johann Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt (1721 – 1767) stoppte 1756 den Raubbau und veranlasste an der Kirchenruine schon erste bauliche Sicherungen. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wurde die ehemalige Klosteranlage zu einem beliebten Ausflugsziel.

Das Amtshaus neben der Kirchenruine ist der zweite Jubilar in diesem Jahr

Der klösterliche Vorgängerbau des Amtshauses, ein Klausurgebäude, wurde durch einen Brand zerstört. Ersetzt wurde es durch den heute noch stehenden Bau. Dessen Fachwerkholz aus heimischer Weißtanne wurde im Winter 1474 geschlagen und verbaut, wie Untersuchungen bewiesen. Damit konnte das bereits vermutete Alter des Amtshauses von 550 Jahren bestätigt werden. ThüringenForst hat im Amtshaus einen seiner Verwaltungssitze. Es beherbergt neben Büroräumen einen Sonderausstellungsbereich, in dem eine ursprüngliche Bohlenstube mit Kachelofen, ein Modell des Forstamtshauses, Funde aus der Sanierungszeit und originale Schablonenmalereien aus der Renaissance an den Deckenbalken zu sehen sind. Gemeinsam mit dem Museum im Jagdschloss zur Kloster-, Forst- und Jagdgeschichte wird jährlich eine kleine Sonderausstellung zu aktuellen Themen konzipiert.

Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten widmet sich dem denkmalpflegerischen Erhalt der Klosteranlage und saniert seit mehreren Jahren die Klosterkirchenruine. Das durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Thüringer Staatskanzlei geförderte Projekt Schlösserwelt Digital&Original nimmt die seit 2018 gemeinsam gestaltete Vermittlungsarbeit der Akteure zur Klosteranlage auf. Das jüngste Ergebnis: Seit April können Kindergruppen und Familien das Areal mit einem Entdeckerrucksack erkunden. Er beinhaltet verschiedene Utensilien und eine Entdeckerkarte. Begleitfigur des Rundgangs ist die Geister-Eule Pauline. Sie erzählt vom Mittelalter, als in Paulinzella noch Mönche und Nonnen lebten. Außerdem soll es einen Mediaguide geben, der über das Klostergelände führt, die Geschichte der Anlage erklärt und die einstigen Dimensionen der ehemaligen Klosterkirche zeigt.

Auch wenn ein Großteil der Kirchenruine zum Jubiläum ihrer Weihe nicht begehbar ist, gibt es für Interessierte in diesem Jahr in Paulinzella einiges zu sehen und zu erleben. Neben den bereits genannten Angeboten haben die drei Hauptakteure ein abwechslungsreiches Jahresprogramm aufgelegt. Von Führungen, Kinderangeboten, Aktionstagen, Festen und Märkten bis zu Lesungen und Vorträgen reicht das Spektrum. Dabei bringen Forst, Museum und Stiftung jeweils ihre Kompetenzen ein. Der Thüringen Forst legt beispielsweise ein Augenmerk auf seine Arbeit in der Waldpädagogik, auf den Wald um Paulinzella, auf die Weißtanne, die auch Baustoff für das Forstamtsgebäude war, auf seine Forstarbeit und aktuelle Herausforderungen bedingt durch Klimawandel, Wasserknappheit und Monokulturen.

Maria Porske

Das ganze Jubiläumsprogramm
auf einen Blick.