110-Millionen-Euro-Sanierungsprogramm

Mammutprojekt Schloss Friedenstein

AllgemeinBaugeschehenDenkmalpflege
110 Millionen Euro stehen für die Sanierung von Schloss Friedenstein in Gotha mit einem Förder- und Finanzierungszeitraum bis 2031 zur Verfügung. Die Mittel werden je zur Hälfte von Bund und Land bereitgestellt.

Mit dem Millionenprogramm kann die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) große Sanierungsschritte an einem der bedeutendsten Kulturdenkmale Thüringens erreichen. Das Residenzschloss in Gotha ist das größte Barockschloss in Thüringen, allein 21.000 Quadratmeter Geschossfläche und rund 1.000 Fenster umfasst die Dreiflügelanlage. Erbaut wurde das Schloss im 17. Jahrhundert unter Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha.

Die Sanierung von Schloss Friedenstein umfasst mehrere Schwerpunktbereiche: den Westflügel mit Teilen des Westturms, den Ostturm und Teile des Ostflügels, statische Notsicherungen im Nordflügel und die Erneuerung von Haus- und Sicherheitstechnik. Im Zusammenhang mit den Planungen wurden bereits 700 Räume inventarisiert und untersucht, davon rund 90 hochkarätige Raumkunstwerke. Bereits saniert sind auch die 2.100 Quadratmeter des Westflügeldachs zu dem allein 2.000 laufende Meter Dachbalken gehören.

Aktuell stehen besonders der Westflügel und der Westturm im Fokus der Sanierungsexperten. Er bildet einen besonderen Schwerpunkt im umfangreichen Sanierungsvorhaben. Die Dachsanierung konnte bereits 2021 abgeschlossen werden, aktuell wird das neue Treppenhaus mit Aufzug, Toiletten und Betriebsräumen ausgebaut.

Neues Treppenhaus im Westflügel im Juli 2024,
Foto: STSG, Uta Kolano
Rückbauarbeiten in der Hirschgalerie im Westflügel von Schloss Friedenstein, Zustand im April 2024, Foto: STSG, Sabine Jeschke

In Vorbereitung ist die Sanierung und Restaurierung der Innenräume des Westflügels. Dort sollen künftig das erste Obergeschoss und Teile des Erdgeschosses zusätzlich für die museale Nutzung durch die Friedenstein Stiftung Gotha zur Verfügung stehen. Zuvor sind nicht nur Arbeiten an den Raumschalen notwendig, sondern vor allem tiefe Eingriffe in die Statik. Eine wichtige Voraussetzung dafür hat die STSG seit Herbst 2023 mit dem Entfernen jüngerer Einbauten und dem Einlagern wertvoller Ausstattungen geschaffen. Die Freilegungen ermöglichen nun die detaillierte Untersuchung und Planung an Decken und Wänden.

Neue Baustellen-Ausstellung in der Alten Münze, Foto: STSG, Franz Nagel

Baustellen-Ausstellung

Die komplexen Zusammenhänge macht die neue Baustellen-Ausstellung „Elefant Friedenstein“ anschaulich erlebbar. Den Rahmen bietet die Alte Münze im Erdgeschoss des Westflügels. Mittendrin im Baugeschehen erfahren die Besucherinnen und Besucher dort vieles zur Baugeschichte des Schlosses, zur Sanierung und zu den wichtigen Akteuren rund um Schloss Friedenstein. Auch der virtuelle Rundgang der Friedenstein Stiftung Gotha durch die Prunkräume des Westflügels kann hier genutzt werden. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 17 Uhr ohne Eintritt zugänglich (Änderungen aufgrund des Baustellen- und Veranstaltungsbetriebs vorbehalten).

Kachelkamin von Schloss Altenstein

Dem Herzog wird eingeheizt

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Leuchtende Farben lassen den mineralischen Ton erstrahlen. Nach und nach taucht der Pinsel Köpfe und Flügel kleiner Putti, Voluten, Bandornamente und Figuren in Grün-, Braun- und Rotnuancen.

In der Werkstatt einer auf besondere keramische Erzeugnisse spezialisierten Firma in Velten wird angemischt, experimentiert und ausprobiert. Die Glasuren und Farbmischungen sollen perfekt sitzen, um die Kaminkacheln später wieder wie im 19. Jahrhundert zum Strahlen zu bringen. Dafür sind Feingefühl und die richtige Rezeptur gefragt. Der Kamin, dessen Kacheln in der Werkstatt neu entstehen sollen, wurde ursprünglich 1888/89 im Schloss Altenstein errichtet. Wie das Schloss war er dem Historismus, genauer gesagt der Neo-Renaissance verpflichtet. Im Vestibül der Sommerresidenz auf dem Altenstein in Bad Liebenstein empfing er die Gäste der Herzöge von Sachsen-Meiningen. Vermutlich in den 1940er Jahren wurde er abgerissen und als Bauschutt unter anderem zur Verfüllung der Zisterne hinter dem Schloss verwendet.

Historische Fotografie mit dem Kachelkamin im Schloss Altenstein, Foto: Archiv Schloss- und Parkverwaltung Altenstein

Jetzt wird er unterstützt durch bürgerschaftliches Engagement und Spenden wiederhergestellt. Denn mit der Innensanierung des Schlosses, die derzeit im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIP I) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) vorbereitet wird, soll der über zwei Meter hohe Kamin an seinen angestammten Platz zurückkehren. Unser heutiges Wissen über den Prunkkamin verdanken wir dem Engagement und der Recherche der Professoren Renate und Kurt Hoffmann. Die beiden spürten seit den 1990er Jahren über 450 Bruchstücke der Kaminkacheln in Schutthaufen um die Zisterne und auf der oberen Terrasse auf und setzten sie wieder zusammen. Und auch der Geschichte des Kamins spürten sie nach. Dessen ursprüngliches Aussehen kann gut nachvollzogen werden, wie die Recherchen zeigten, denn schon Herzog Georg II. bestellte gern auch mal im Katalog, wie zur damaligen Zeit auch in Herzogshäusern üblich. Ein Musterblatt der Kunsttöpferei & Ofenfabrik  Hausleiter & Eisenbeis aus Frankfurt am Main zeigt den Kamin. Seine Kacheln werden von Reliefs mit floralen und ornamentalen Motiven geziert: Karyatiden und Atlanten flankieren die Feuerstelle. Unter dem Kamintisch halten Putti Muschelnornamente. Weitere Putti, Karyatiden, Ornamentbänder und Porträts zieren den Aufsatz.

Glasurprobe, Foto: STSG, Susanne Rakowski

Die Rückgewinnung des Kamins hat vor dem Hintergrund des Schlossbrandes auf Schloss Altenstein besondere Bedeutung. 1982 brannte das Schloss aus, nur wenige Stücke der Innenausstattung konnten damals geborgen werden. In den letzten Jahren konnten bereits die Restaurierung der Fassaden und die Instandsetzung der Schlossterrassen abgeschlossen werden. Dank des von Bund und Land geförderten SIP I ist es der STSG nun möglich, auch die Innensanierung des Schlosses abzuschließen und zudem den historischen Küchenbau hinter dem Schloss zu sanieren. Nach Abschluss der Sanierung soll der Kachelkamin den Besuchern des Altensteins wieder einheizen, wie es einst auch Herzog Georg II. genoss.

Anke Pennekamp

Das NaturHistorische Museum Schloss Bertholdsburg feiert Geburtstag

Naturkunde und Geschichte seit 90 Jahren

AllgemeinKulturgeschichteVermittlung
Mitten im Herzen Schleusingens, am Südrand des Thüringer Waldes, liegt ein malerisches Residenzschloss. Das Schloss beherbergt ein Museum mit bemerkenswertem Profil: Das NaturHistorische Museum besitzt sowohl historische als auch naturkundliche Sammlungen. In den letzten drei Jahrzehnten ist es dem Museum gelungen, sich durch innovative Ausstellungen und vielseitige Veranstaltungen als beliebte Destination zu etablieren. Nun wird es 90 Jahre alt.

Dabei fing die Museumsgeschichte denkbar bescheiden an. 1932 starb Prof. Dr. Hermann Franke (1847–1932), ein ehemaliger Schleusinger Gymnasiallehrer und Sammler von mineralogischen und geologischen Funden. Einem guten Bekannten Frankes, Paul Georgi (1891–1979), gelang das ambitionierte Projekt einer Museumsgründung. Am 25. März 1934 wurde das „Franke-Museum“ feierlich eröffnet. Die preußische Regierung in Erfurt hatte dazu zwei Räume auf Schloss Bertholdsburg herrichten lassen. Durch Spenden wuchsen die Sammlungen und damit das Museum stetig.

Schloss Bertholdsburg in Schleusingen,
Foto: STSG, Robert Fehringer (keineckMedia)

Die Ursprünge

Noch früher als das Franke-Museum stellte der Schleusinger Geschichtsverein in einem alten Stadtmauerturm Sachzeugnisse aus der Geschichte der Region aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Sammlungen in ein Heimatmuseum auf Schloss Bertholdsburg überführt. Dank ehrenamtlicher Tätigkeit konnte 1953 das aus vier Räumen bestehende „Hennebergische Heimatmuseum“ seine Pforten öffnen. Der Schwerpunkt des Museums lag auf der örtlichen Handwerks- und Schulgeschichte.

Bis in die frühen 1980er Jahre hinein teilte sich das Heimatmuseum die Bertholdsburg mit verschiedenen Behörden und dem „Franke-Museum“. Die Schließung des geologischen Museums des Hermann Franke und der Auszug zahlreicher Ämter aus dem Schleusinger Schloss machte den Weg frei, die regionalgeschichtliche Dauerausstellung zum 350-jährigen Stadtjubiläum 1982 wesentlich zu erweitern. Ein Teil der freien Fläche war bereits elf Jahre zuvor mit Spielzeug aus dem Sonneberger Spielzeugmuseum belegt. Aufgrund der Grenznähe Sonnebergs wurden 1971 Bereiche der Spielzeugausstellung auf Schloss Bertholdsburg umgesetzt. Bis 1991 besaß das Spielzeugmuseum Sonneberg in Schleusingen ein Ausstellungszentrum.

Transport eines Haimodells für die Sonderausstellung zum 90. Museumsjubiläum, Foto: Janis Witowski

Gründung des Naturhistorischen Museums

Im Hinblick auf die Schleusinger Museumsgeschichte läutete der 29. Februar 1984 die Moderne ein: Auf Beschluss des Kreises Suhl-Land wurde das Naturhistorische Museum ins Leben gerufen. Seine Kernaufgabe bestand in der Zusammenführung sowie in der konservatorischen und wissenschaftlichen Betreuung aller naturkundlichen Sammlungen Südthüringens. Über drei Jahre hinweg wurden die im Bezirk Suhl vorhandenen biologischen, mineralogischen und geologischen Sammlungen nach Schleusingen überführt.

Mit der Gründung des Naturhistorischen Museums 1984 verschob sich der Schwerpunkt weg von der Geschichte hin zur Naturkunde. Es galt, im Wesentlichen den Naturraum des Bezirkes Suhl zu untersuchen und für die Öffentlichkeit abzubilden. Die Erforschung und Ausstellung der Regionalgeschichte blieb dennoch ein fester Bestandteil des Museumsbetriebes. Wegen seiner großzügigen personellen Ausstattung und auch dank des Amphibien-Vivariums (1988–1993) im heutigen Sonderausstellungsbereich avancierte das Schleusinger Naturkundemuseum zum Forschungszentrum und Publikumsmagneten.

Kinderfest 2022 auf Schloss Bertholdsburg in Schleusingen, Foto: Janis Witowski

Die Ausstattung des Naturhistorischen Museums ist in den 1990er Jahren drastisch reduziert worden; zeitweilig stand sogar die Weiterexistenz in Frage. Auch diese Zeiten gingen vorüber. Das Museum auf Schloss Bertholdsburg ist im Landkreis Hildburghausen fest etabliert und bereichert mit Ausstellungen, Vorträgen, Konzerten und Festen für Jung und Alt das kulturelle Angebot in der Region. Im Bewusstsein seiner Rolle als Mehrspartenhaus hat das Naturhistorische Museum im November 2023 eine Namensänderung vollzogen: Es heißt nun „NaturHistorisches Museum“ und vereint damit das Naturhistorische und das Historische Museum Schleusingen unter einem Dach. Gemeinsam mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten wird das NaturHistorische Museum in den kommenden Jahren weitere Schritte zu seiner Modernisierung unternehmen: Die Realisierung eines zeitgemäßen Museumsdepots in Kloster Veßra und die Neugestaltung der regionalgeschichtlichen Dauerausstellung.

Gastbeitrag von Dr. Janis Witowski, stellv. Direktor des NaturHistorischen Museums Schloss Bertholdsburg Schleusingen

Neue Fenster für Schloss Friedenstein

Erhellende Handwerkskunst

AllgemeinBaugeschehenDenkmalpflege
Über 60 Stunden Handwerksarbeit stecken in jedem Fenster.

Wohnen im repräsentativen Stil und Arbeiten mitsamt einem ganzen Verwaltungsapparat – Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha hatte große Ambitionen und wollte eine Menge unterbringen in seinem neuen Residenzschloss in Gotha. Dementsprechend groß fiel der Neubau aus, den er mit Schloss Friedenstein vor rund 350 Jahren in Gotha errichten ließ. Allein der Westflügel misst stolze 100 Meter. Damit die großzügigen Raumfolgen, ausgestattet mit prachtvollem Stuck, die langen Korridore und repräsentativen Säle auch im rechten Licht erschienen, wurde dem Schloss natürlich eine nicht minder imposante Zahl an Fenstern beigegeben. Bis heute erhellen über 1000 Fenster das Schloss. Aber auch Schlossfenster müssen mal in die Kur. Eine ebenso imposante Aufgabe bei einem Schloss dieser Dimensionen für die heutige Schlossherrin. Seit 2004 gehört Schloss Friedenstein samt Herzoglichem Park zum Bestand der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, die sich nicht nur um große Sanierungsprojekte – wie die laufende 110-Millionen-Euro-Sanierung der Schlossanlage – sondern auch um den tagtäglichen Bauunterhalt kümmert.

Schloss Friedenstein in Gotha,
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Zur Instandhaltung der Schlossanlage gehört, wenn nötig, auch die Erneuerung von Fenstern, wie sie im Juni 2024 gerade auf Schloss Friedenstein anstand. 18 Fenster mussten getauscht werden. Im Erbprinzengemach im Nordflügel mit der Kunstkammer-Ausstellung der Friedenstein-Stiftung Gotha wurden die ersten sechs neu gefertigten Fenster eingebaut und auch im Spiegelsaal zwölf Fenster ersetzt. Festgeschnallt in einem Kleintransporter, fuhren die neuen Fenster aus Eichenholz vor dem herzoglichen Barockschloss vor. 60 Stunden Handwerksarbeit stecken in jedem einzelnen Fenster. Für alle 18 Fenster zusammen haben die Tischler in der Werkstatt rund acht Kubikmeter Holz verbaut.

Bei den 18 neuen Fenstern auf Schloss Friedenstein handelt es sich um sechsflügelige Kreuzstockfenster, die sich an historischen Befunden orientieren. Gleichzeitig müssen sie aber auch einer modernen Museumsnutzung entsprechen und hohe Sicherheits- und Dämmungsansprüche erfüllen. Die Fenster sind traditionelle Verbundfenster mit einer leicht unebenen Verglasung für das historische Erscheinungsbild.

Anke Pennekamp

Neun SIP-Baustellen 2024

Von der Haube bis zur Schlossbrücke

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Im Sonderinvestitionsprogramm I rüsten sich die Baustellen. 2024 soll in neun SIP-Projekten parallel gebaut werden: auf Schloss Altenstein, an den Stützmauern von Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, an der Turmhaube und der Umfassungsmauer der Burg Weißensee, den Burgruinen Bad Liebenstein und Ehrenstein, am Entwässerungsnetz von Schloss Sondershausen, am Torhaus der Burg Ranis und der Zugangsbrücke von Schloss Bertholdsburg in Schleusingen.

Nach umfangreichen Untersuchungen und sorgfältigen Planungen kann in neun von insgesamt 23 SIP-Projekten in diesem Jahr bereits mit dem Bauen begonnen werden. Die 23 SIP-Projekte sind so angelegt, dass sie gestaffelt an den Start gehen können. Während in einigen Projekten schon gebaut wird, können in anderen Großprojekten die sehr komplexen Planungen mit der notwendigen Zeit weiter vorangetrieben werden. Jedes Projekt für sich hat unterschiedliche Anforderungen, denen man so gerecht werden kann.

Auf den Burgruinen Bad Liebenstein und Ehrenstein stehen 2024 die zweiten Bauabschnitte auf dem Plan. Die Restaurierungsarbeiten haben auf beiden Ruinen bereits 2023 begonnen. Im ersten Bauabschnitt wurde auf der Burgruine Bad Liebenstein die Zugangsbrücke zur Burg instandgesetzt, Voraussetzung für die Fortsetzung der Sicherung der Kernburg – nur die Brücke führt in die Burg. Auf der Burgruine Ehrenstein wurden 2023 die Mauerkronen und oberen Mauerwerksbereiche in der Kernburg saniert. 2024 geht es nun im unteren Mauerwerksbereich weiter.

Burgruine Bad Liebenstein mit Baustelle an der Zugangsbrücke,
Foto: STSG, Constantin Beyer

Und auch am Torhaus der Burg Ranis, in dem sich 800 Jahre Burggeschichte ballen, sollen 2024 die Bauarbeiten im Rahmen des SIP-Projekts, das die statische Sicherung und Sanierung von Dach und Fassaden des Torhauses zum Ziel hat, beginnen.

Torhaus der Burg Ranis, Foto: STSG, André Kranert

Das SIP I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten hat ein Volumen von insgesamt 200 Millionen Euro, mit dem Sanierungsprojekte an Kulturdenkmalen in ganz Thüringen umgesetzt werden. Finanziert wird das Programm jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Thüringen. Im Zentrum des SIP I stehen dringend notwendige Maßnahmen zur statischen Sicherung, Dachsanierungen, aber auch Brandschutz und Barrierefreiheit. Vielfach werden Nutzungsbedingungen für die in den Schloss- und Burganlagen sitzenden Partnerinstitutionen wie Museen, Archive und Musikschulen verbessert. Auch Nachhaltigkeit spielt im SIP I natürlich eine große Rolle – vom Einsatz naturnaher Materialien und traditioneller Handwerkstechniken bis zur Prüfung von Haustechnik auf Energieeffizienz oder vom Umstieg auf alternative Heiztechnologien. Und nebenbei ist das SIP I auch ein Forschungsprojekt, mit dem oft zuvor wortwörtlich verborgenen Teilen der Baugeschichte nachgespürt wird.

Juwelierskunst im Rokokoschloss Dornburg

Frisch ge(n)adelt

AllgemeinKulturgeschichteVermittlung
Sie sind Preziosen der Goldschmiedekunst, wertvolle Präsente europäischer Adelshäuser und als Sammelgebiet kaum wahrgenommen: fürstliche Geschenknadeln. Eine profilierte Privatsammlung der kleinen Objekte lädt zum großen Staunen ein. Seit dem 1. Juni ist die neue Sonderausstellung im Rokokoschloss Dornburg geöffnet.

Dornburg ist für seinen Dreiklang an Schlössern bekannt: das Alte Schloss, das Rokokoschloss und das Renaissanceschloss. Das letztgenannte ist für die Sanierung im Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten geschlossen. Somit rückt das Museum im Rokokoschloss mit seinem Sonderausstellungsraum in der Mansarde als Besuchsziel in den Fokus der Gäste. Wenn einst der Anblick des Dornburger Dreiklangs hoch über der Saale den Vergleich einer mit Perlen gefassten Krone hervorrief, dann ist das in rosa-gelb gefasste Rokokoschlösschen eine besonders funkelnde.

Dornburger Schlösser und Gärten, Rokokoschloss, Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Geschenkt

Gelegenheiten zum Schenken gibt es viele. Schenken hat Tradition, Schenken verbindet. Staats- und Gastpräsente sind schon lange ein Mittel, diplomatische Beziehungen zu festigen. Fürstenhäuser schenkten sich im 17. und 18. Jahrhundert gegenseitig Luxusgüter wie Pelze, Tuche, Porzellane oder Edelsteine, aber auch exotische Tiere, Rassehunde oder selbst Elefanten, bis hin zu ganzen Armeen. Dank- und Ehrengeschenke verlieh der Adel im Zeitalter des aufstrebenden Bürgertums zunehmend auch an verdiente Staatsdiener, engagierte Wissenschaftler, ergebene Künstler oder beflissene Bahnbeamte.

Genadelt

Im bürgerlichen 19. Jahrhundert kam es zu einer regelrechten Inflation von Militärorden, Gedenkmedaillen, Prämien- oder Preismünzen. Eng mit der Entwicklung der Krawattenmode sind die fürstlichen Geschenk- und Ehrennadeln verbunden. Die kleinen wertvollen Präsente (Nippes) vereinten Schmuck und Funktion zugleich. Gleichzeitig demonstrierten sie ganz nebenbei fürstliche Macht, die sich in der Verwendung wertvoller Materialien (Gold, Edelsteine, Perlen) oder der verwendeten Symbole (Krone, Wappen, Initialen) zeigte. Ähnlich kunstvoll, teils von den Hofjuwelieren gemarkt, kommen die Etuis daher: ganz in Samt und Seide.

Warum ist Nippes nicht gleich Nippes?

Unter dem Begriff „Nippes“ werden kleine dekorative Kunstgegenstände zusammengefasst. Das französische Wort bezieht sich ursprünglich in der Bedeutung auf „Beiwerk, Zierrat“. Im 18./19. Jahrhundert bezeichnete der Begriff noch wertvolle Objekte wie die fürstlichen Geschenknadeln. Heute wird das Wort eher synonym für Kitsch, Ramsch oder Stehrümchen verwendet.

Geschenkbrosche von Wilhemina von Oranien-Nassau, Foto: A. Wilfing

Heiratspolitik und Königinnen

Ein besonders schönes Nippes-Stück ist die Geschenkbrosche von Wilhemina von Oranien-Nassau (1880-1962) die von 1890 bis 1948 Königin der Niederlande war. Aus Gold und Platin gefertigt und mit Diamanten besetzt, zeigt die Brosche ein bekröntes „W“. Wilhelminas Großtante war Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1824-1897) – eine geborene Prinzessin der Niederlande. Mit ihrem Mann Großherzog Carl Alexander (1818-1901) nutzte Sophie das Dornburger Rokokoschloss gern als Sommerresidenz und richtete es ganz individuell ein, wovon noch heute der als Porzellankabinett eingerichtete Speisesaal erzählt.

Christian Hill

Burgen in Thüringens Kulturlandschaft

Zeugen des Wandels

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Einen heute kaum mehr nachvollziehbaren Eindruck muss es gemacht haben, wenn im Mittelalter eine neue Burg emporwuchs. Der Großteil der Landbevölkerung lebte in niedrigen Holz- und Fachwerkbauten, und auch in Städten waren steinerne Gebäude eher die Ausnahme als die Regel. Neben Kirchen waren es die Burgen, die durch ihre Größe und ihr Material herausstachen. Eine Burg zu bauen, erforderte erhebliche Aufwendungen – und Macht. Denn es ging nicht nur um Geld und Baumaterial, sondern auch vor allem um Arbeitskräfte. Über all das konnte nur verfügen, wer Herrschaft ausübte, Anspruch auf Abgaben und Arbeitsdienste erheben konnte und Land besaß.

Eine Burg zu bauen, war ein Privileg der Herrschaft. Die Verfügbarkeit der Mittel allein genügte nicht. Eine Burg machte den Eigentümer wehrhaft und verlieh ihm praktische und symbolische Macht. Höherrangige Territorialherren achteten deswegen darauf, dass rangniedrigere Adelige ihnen in Sachen Burgenbau nicht zu nahe traten. Diese wiederum versuchten nicht selten, ihre Macht mithilfe von Burgen auszubauen und sich auf diese Weise Herrschaftsrechte zu sichern. Burgen manifestierten Macht, mit ihnen konnte man handfeste Politik machen. Und nicht zuletzt waren konkrete Herrschaftsrechte an sie geknüpft.

Wetteifernde Burgherren

Der noch heute die Thüringer Kulturlandschaft prägende enorme Burgenreichtum ist nicht zuletzt der Burgenpolitik mehrerer konkurrierender Adelsgeschlechter zu verdanken. In der Mitte des 13. Jahrhunderts beerbten die Wettiner, die als Markgrafen von Meißen an Macht gewonnen hatten, die ausgestorbenen Landgrafen von Thüringen. Sie übernahmen nicht nur deren Titel, sondern auch deren Burgen und Territorien. Zusätzlich bauten sie in den folgenden Jahrzehnten ihre Landesherrschaft aus. Damit gerieten sie in Konflikt zu den alteingesessenen Adelsgeschlechtern auf dem Gebiet des heutigen Freistaats, die den Expansionsbestrebungen zu trotzen suchten. Die Auseinandersetzungen gipfelten in einer mehrjährigen Auseinandersetzung, die als Thüringer Grafenkrieg in die Geschichte einging. Einige Dynastien hielte dem nicht stand. Klare Landgewinner waren die Wettiner. Behaupten konnten sich aber auch die Grafen von Schwarzburg und die Vögte von Weida mit ihren zahlreichen Linien, die späteren Grafen Reuß. Südlich des Thüringer Waldes blieben bis ins 16. Jahrhundert die Grafen von Henneberg bestimmend.

Ausgebaute Stammburg: Schloss Schwarzburg im Thüringer Wald,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Die Schwarzburger gingen sogar gestärkt aus dem langen Machtkampf hervor. Ihnen gelang es, untergehenden Dynastien Herrschaftsgebiete und zugehörige Burgen abzugewinnen. Ursprünglich auf die Gegend um Arnstadt und Schwarzburg beschränkt, verfügten sie nun über Territorien im Norden Thüringens und konnten sich im mittleren Saaletal ausbreiten. Ihren Erfolg zeigen nicht nur die aus anderer Hand übernommenen Burgen, sondern auch strategische Neubauten, die den Landesausbau stützten und die Herrschaft festigten. Die Heidecksburg in Rudolstadt, eine ihrer beiden späteren Residenzen, entwanden die Schwarzburger den Grafen von Orlamünde, das zweite künftige Herrschaftszentrum Sondershausen gewannen sie per Erbvertrag mit den Grafen von Hohnstein hinzu. Die Burgen Ehrenstein einige Kilometer nordwestlich davon und Liebenstein im heutigen Ilmkreis hingegen errichteten sie neu.

Burgenbau mit Bedeutung

Maßstäbe für den Burgenbau setzten allerdings schon 200 Jahre vorher die Landgrafen von Thüringen. Die Wartburg mit ihrem Palas aus dem 12. Jahrhundert war nicht nur ein Ort der Landesherrschaft, sondern demonstrierte mit ihrer baukünstlerischen Qualität den Anspruch, in der ersten Liga zu spielen. Und damit war die Wartburg nur die wichtigste von mehreren Burgen der Landgrafen, an die sie ähnliche Maßstäbe anlegten. Auch die Neuenburg bei Freyburg an der Unstrut und – auf halber Strecke dorthin – die Burg Weißensee im Thüringer Becken suchten sie regelmäßig auf.

Thüringen ist reich an Burgen.
Burg Weißensee, Foto: STSG, Tino Trautmann

Mit dem Übergang an die Wettiner verloren die Burgen der Landgrafen von Thüringen ihre herausgehobene Residenzfunktion. Die Wartburg blieb vor allem als Garantin des Landgrafentitels von Bedeutung, der den Wettinern einen Sprung im Ranking der Dynastien verschaffte. Die Burg Weißensee war nun mehr ein Standort der regionalen Herrschaftsausübung und diente später lange als Zentrum des gleichnamigen Amtes.

Diese Funktionsbestimmung teilt die Burg Weißensee mit vielen anderen Burgen, die in der Frühen Neuzeit weiter genutzt wurden. Ihre mittelalterlichen Erbauer hatten aber selten bloße Verwaltungszwecke im Sinn. Neben dem Symbolwert und dem militärischen Nutzen konnte es sehr unterschiedliche Motivationen geben, eine Burg zu errichten – nach heutigen Maßstäben immerhin eine Millioneninvestition. Wer beispielsweise das Privileg hatte, an großen Handelswegen Zölle zu erheben, dem konnte eine Burg mit imposantem Aussehen und guter Übersicht sehr nützlich sein. Überhaupt konnten wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle spielen. Die Stadt Erfurt etwa unterhielt im Spätmittelalter mehrere Burgen im weiteren Umland, um die Grundlagen ihrer auf dem Waidanbau basierenden wirtschaftlichen Blüte zu sichern. Zu ihnen gehörte zeitweise die Wasserburg Kapellendorf, die aber – befristet an ein niederadeliges Bruderpaar übergeben – zwischendurch auch einmal zu einem recht gegenteiligen Zweck als Raubritter- und Erpressernest benutzt wurde. Weitere Gründe für den Burgenbau konnten das Sichern von Grenzlinien oder das Bedürfnis nach Unterkünften für die kaiserliche Reiseherrschaft sein. Selten war nur ein Grund ausschlaggebend.

Wirtschaftsburg und Räubernest: Wasserburg Kapellendorf,
Foto: STSG, Philipp Hort

Wandelnde Funktionen

Änderte sich die Situation, die für den Bau und die Platzwahl entscheidend war, wurden Burgen nicht selten aufgegeben. Die Fortschritte in der Militärtechnik machten manche Burgen für die Verteidigung unbrauchbar, andere wurden immer wieder angepasst und aufgerüstet. Steigende Ansprüche an verfeinerte Repräsentation und höheren Wohnkomfort konnten zur Aufgabe von Burgen und deren Verfall oder Abriss führen. So gingen auch in Thüringen nach dem Ende des Mittelalters nicht wenige der wohl einst etwa 800 Burgen verloren oder wurden zu Ruinen. Viele erwiesen sich aber auch als wandlungsfähig und konnten veränderten Aufgaben angepasst werden.

In Thüringen ist die Dichte zur dauerhaft genutzten Herrscherresidenz ausgebauten ursprünglichen Burgen so hoch wie nirgends sonst. Dennoch konnte natürlich nur ein kleiner Teil des Burgenbestandes auf diese Weise vom Wandel der Herrschaftsstrukturen profitieren. Für die meisten Burgen ergaben sich weniger hervorgehobene Nutzungen wie Amtszentren, Witwensitze, Jagdschlösser, und vieles mehr – oder sie blieben Wohnsitze des niederen Adels, wechselten oft mehrfach die Besitzer und wurden immer wieder den veränderten Bedürfnissen angepasst.

Eine Burg, die es auf solche Weise bis in die Zeit um 1800 geschafft hatte oder wenigstens noch als Ruine bestand, war meist gerettet. Denn allmählich hatte sich jenseits von Nutzungspragmatismus und dynastischer Repräsentation eine allgemeine Wertschätzung für die alten Gemäuer durchgesetzt. Den Romantikern zeugten sie von einem idealisierten Mittelalter, dessen Spuren sie in malerisch in die Landschaft eingebetteten Burgen und Ruinen erkannten. Burgen wurden zu Traum-Orten, sie regten die Phantasie an. Doch dabei blieb es nicht. Das europäische Phänomen der Burgenromantik brachte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine rege Bautätigkeit an vorgefundenen Burgen hervor. Sie wurden einem an Beobachtungen und Bildern geschulten Ideal angenähert, das sie als „Originale“ vielleicht nie erfüllt hatten.

Malerisches Ideal: Veste Heldburg,
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Burgendenkmalpflege

Im 19. Jahrhundert setzte aber auch eine auf Substanzerhalt gerichtete Burgendenkmalpflege ein. Sie entsprach oft noch nicht heutigen Maßstäben, sicherte aber die Existenz vieler Burgen. Zugleich nahm die wissenschaftliche Erforschung von Burgen ihren Anfang. In Thüringen und anderswo sind mittelalterliche Burgen und der Umgang mit ihnen in den späteren Epochen zu einem Gesamtbild verschmolzen. Nicht selten bestimmen die gebauten Interpretationen des 19. und 20. Jahrhunderts unser Bild von der mittelalterlichen Burg mit.

Aber auch Sicherungen mit geringem Deutungsgehalt – heute ein entscheidender Maßstab – sind schon im 19. Jahrhundert zu verzeichnen. So kam die Burgruine oberhalb des Kurorts Bad Liebenstein früh in den Genuss von Konservierungsarbeiten, denn sie stand mitten im weiteren Umfeld des großen Schlossparks Altenstein und bot sich als historischer Blickpunkt in der ab 1800 nach künstlerischen Gesichtspunkten aufgewerteten Landschaft der Umgebung an.

Blickfang in der Ideallandschaft: Burgruine Bad Liebenstein, Foto: STSG, Kurt Frein

Burgen regen noch heute die Phantasie an. Die Verführung ist groß, sie einfach als Zeugen des Mittelalters zu betrachten. Erst genaues Hinsehen zeigt die ganze Vielfalt des Phänomens „Burg“, das in Thüringen zu einer Zeitreise in alle Epochen des vergangenen Jahrtausends einlädt.

Franz Nagel

Das „Burgenland Thüringen“ steht in diesem Jahr in Thüringen im Mittelpunkt vieler besonderer Angebote. Auch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist mit ihren Burgen dabei – und mit einer Tagung zum Thema: „Burgen im Wandel. Gestalt und Funktion wehrhafter Architektur in Thüringen“ am 18./19. Oktober 2024 auf der Veste Heldburg (www.thueringerschloesser.de)

Fachpolitischer Dialog im Thüringer Landtag zum Sonderinvestitionsprogramm I

Kulturelles Erbe retten – Nachhaltig handeln – Handwerk fördern

AllgemeinBaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Um die Chancen und Herausforderungen des laufenden Sonderinvestitionsprogramms I  der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ging es in einem Fachpolitischen Dialog im Thüringer Landtag.

In einer Podiumsdiskussion diskutierten Akteure aus Politik, Tourismus, Handwerk und Kultur. Themen wie Handwerksförderung, Nachhaltigkeit und das Potential für Nutzung und Tourismus kamen zur Sprache. Auch die Aussichten auf eine notwendige Anschlussförderung wurde thematisiert.

Fachpolitischer Dialog zum SIP I am 28. Mai 2024 im Thüringer Landtag,
Foto: ©TSK/Jacob Schröter
Fachpolitischer Dialog zum Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Schlösser und Gärten im Thüringer Landtag,
Foto: ©TSK/Jacob Schröter
Historischer Küchenbau von Schloss Altenstein wird saniert

Des Herzogs Küchenbau

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Während die Besucherinnen und Besucher auf dem Altenstein in Bad Liebenstein durch den Landschaftspark flanieren und die Aussicht auf das nach Vorbild englischer Herrenhäuser gestaltete Sommerschloss der Herzöge von Sachsen-Meiningen genießen, wird hinter den Schlossfassaden und auf der rückseitigen Küchenterrasse fleißig gewerkelt.

Am historischen Küchenbau hat die Sanierung begonnen – der Auftakt zu einem umfangreichen Projekt: In den nächsten Jahren werden auf Schloss Altenstein 13 Millionen Euro verbaut. Im Sonderinvestitionsprogramm I soll die Sanierung des Schlosses und des zugehörigen historischen Küchenbaus abgeschlossen werden. Dazu gehört neben dem Innenausbau des Schlosses auch die Küche des 19. Jahrhunderts. Auch der daran angrenzende Turmstumpf einer Vorgängerburg wird gesichert.

Küchenbau mit Fliesenschmuck

Der historische Küchenbau wurde im Zuge eines Schlossumbaus vom Barock- zum Neorenaissanceschloss zwischen 1888 und 1890 errichtet. Im Neubau waren, wie ein Grundriss von 1892 verzeichnet, eine Küche, eine Spülküche und eine Speisekammer untergebracht. Das Küchenhaus erhielt auch einen in den Felsen getriebenen Keller. Das Fachwerkgebäude war über einen Verbindungsgang mit dem Schloss verbunden und ermöglichte es, trockenen Fußes zwischen Schloss und Küche hin und her zu eilen. Heute ist dieser Gang verloren. Erhalten geblieben ist hingegen im Inneren des Küchenbaus – der vom Schlossbrand in den 1980er Jahren verschont blieb – eine große Zahl an historischen Fliesen, die der Herzog seinerzeit bei der Mosaikfabrik Villeroy&Boch hatte ordern lassen.

Blick in den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein,
Foto: STSG, Constantin Beyer

Im Rahmen der Sanierung des herzoglichen Küchenbaus wird die historische Kubatur des kleinen Fachwerkbaus mit steilem Dach und großem Dachüberstand wiederhergestellt. Dabei finden auch historische Bauteile wie Dachziegel, Balken und Bretterverschalungen Wiederverwendung.

Anke Pennekamp

Am historischen Küchenbau von Schloss Altenstein haben die Bauarbeiten begonnen, Foto: STSG, Philipp Brand

Neue Staudenbeete im Schlosspark Molsdorf

Schmuckbeete mit archäologischen Wurzeln

DenkmalpflegeGartenkulturKulturgeschichte
Über 2.000 Stauden, verteilt auf vier Schmuckbeete, lassen ab diesem Jahr wieder den Schlosspark Molsdorf erblühen. Lange verloren reichen die geschichtlichen Wurzeln der Zierbeete bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück, in die Zeit als der barocke Schlosspark sich zum Landschaftsgarten wandelte.

Auf einem Gartenplan von 1794 sind sie deutlich zu erkennen – drei „Blumen Stücken von Stauden Gewächsen“, wie sie im Plan bezeichnet werden, direkt am Übergang vom Schloss zum Park. Zwischen halbrundem Rasenparterre und der Gartenfassade des Barockschlosses sind zwei dreieckige Schmuckbeete eingezeichnet. Im Grün der Rasenfläche liegt das dritte Beet mit ovaler Form. Wie ein Gesamtplan des Schlossparks ein paar Jahrzehnte später zeigt, ist im südlichen Bereich des Parks noch ein zweites Ovalbeet zu finden, ebenfalls eingebettet in eine Rasenfläche. Im 20. Jahrhundert wurden die vier Beete schließlich eingeebnet.

Farblithografie von R. Weibezahl, in: Faust „Poligrafisch-illustrierte Zeitschrift“, Wien, A. Werl 1861
Neue Stauden im Schlosspark Molsdorf,
Foto: STSG, Jonathan Simon

Seit gut zehn Jahren sind die beiden Ovalpflanzungen bereits wieder erlebbar.  Eine großzügige private Einzelspende in Höhe von 18.000 Euro hat jetzt auch die Wiederherstellung der beiden Dreiecksbeete ermöglicht, die bisher nur durch Rasenflächen in ihren Formen nachgebildet waren. Und auch die Ovalbeete konnten dank der Spende neu bepflanzt werden. Da keine historischen Pflanzlisten überliefert sind, wurden die Beete mit vielfarbigen Stauden in unterschiedlichen Wuchshöhen neu interpretiert.

Geschichte unterm Rasen

Wichtige Anhaltspunkte für die Wiederherstellung der Zierbeete gaben historische Abbildungen und Parkpläne. Hinzu kamen gartenarchäologische Radaruntersuchungen, die den Blick in die im Boden verborgene Vergangenheit ermöglichten und die genaue Lokalisierung der eingeebneten Beete zuließen.

„Bei der Bepflanzung der Schmuckbeete im Pleasureground des Schlossparks haben wir uns an der für das 19. Jahrhundert typischen Gestaltung und Pflanzenauswahl orientiert. Da nicht mehr alle historische Sorten im heutigen Handel zu finden sind, mussten wir vereinzelt auch auf moderne Sorten umsteigen,“, erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. „Historisches Bildmaterial diente uns auch bei der Bepflanzung der Beete als wichtige Grundlage und ermöglichte uns Aussagen zur Struktur der Pflanzungen.“

Historische Beetmode

Gartenexperte Simon hat das Pflanz- und Farbkonzept für das farbenfrohe Wiederherstellungsprojekt und die Neubepflanzung der Ovalbeete erdacht, bei dem es Komposition, Farbpalette und vieles mehr zu bedenken galt: „Zum Gestaltungskonzept gehört die damals typische Höhenstaffelung der Pflanzen von hohen Stauden in der Mitte zu niedrigen Stauden am Rand. Wir haben die in der damaligen Zeit typischen mehrjährigen Stauden verwendet, auf deren Verwendung die historischen Quellen  schließen lassen. Entscheidend waren dabei Merkmale wie Blütenfarbe, Größe oder Blattschmuck.“

Die wiederhergestellten Beete gehören zur zweiten Gestaltungsphase des Gartendenkmals. Ursprünglich als Barockgarten angelegt, wurde der Schlossgarten in Molsdorf Ende des 18. Jahrhunderts zum Landschaftspark umgestaltet. Dabei wurden Elemente des Barockgartens in die neue Parkgestaltung einbezogen. Unter anderem blieb die Form des zentralen Barockparterres als große Rasenfläche erhalten. Die zwei ovalen Blumenbeete setzten farbenreiche Akzente. Die beiden dreieckigen Beete in den Zwickeln vermittelten zwischen Schloss und Rasen. Die Beete und der Reichtum an Schmuckpflanzen bildeten damit typische Elemente eines Pleasuregrounds in der landschaftlichen Parkgestaltung. Mit der Rückgewinnung der Schmuckbeete ist diese historische Gestaltung nun wieder komplett.

Schloss und Park Molsdorf, Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Die Schmuckbeete im Schlosspark Molsdorf sind jetzt wieder teil des lebendigen Gartenkunstwerks und geben dem Pleasureground ein Stück seiner alten Blütenpracht zurück. Und über noch etwas freut sich Simon: „Im Herbst kommen noch einmal knapp 4.000 Blumenzwiebeln verteilt auf die vier Beete hinzu. Im Frühjahr läuten sie dann künftig immer die Saison ein und bilden auch im Herbst den Abschluss der Saison.“  

Anke Pennekamp