In den 1940er Jahren wurde unter den Nationalsozialisten mit dem Umbau von Schloss Schwarzburg zum Reichsgästehaus begonnen. Das Hauptgebäude wurde entkernt, Wandmalereien und Stuckdecken wurden zerstört, Wände herausgerissen und ganze Schlossflügel abgetragen. Kleine Teile der ehemaligen Pracht sind noch erhalten, denn die Umbauarbeiten wurden 1942 eingestellt. Das Schloss blieb als Bauruine zurück.
Die Nationalsozialisten wollten eigentlich weiterbauen, dazu kam es allerdings nie. Die Spuren der bewegten Schlossgeschichte blieben erhalten. Nach knapp 80 Jahren als Bauruine ist das Hauptgebäude heute teilsaniert. Im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen konnten zwischen 2019 und 2021 die ersten beiden Räume im Inneren wieder nutzbar und zugänglich gemacht werden.
Der Emporensaal macht die Wucht der baulichen Eingriffe der 1940er Jahre unter den Nationalsozialisten auf Schloss Schwarzburg deutlich. Die Spuren der damals herausgebrochenen Zwischenwände und Decken sind noch ablesbar. Das Volumen des heutigen Saals, in dessen Bereich ehemals acht Schlossräume lagen, wurde zur Zeitspur. Auch die ehemaligen Notsicherungen von 1942 mit Holzträgern und ein Fragment des barocken Deckenstucks wurden als Zeitzeugnisse bei der Sanierung erhalten.
Foto: IBA Thüringen, Thomas MüllerIm Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) stehen jetzt zwei weitere wichtige Ausbauschritte im Hauptgebäude an. Im 2019 neu errichteten nördlichen Gebäudeabschluss mit Treppenhaus wird ein Fahrstuhl eingebaut, damit die Schlossgeschichte für alle erschlossen werden kann. Im Erdgeschoss entsteht zudem ein neuer Empfangsbereich mit Garderobe und Sanitäranlagen.
Der Fahrstuhlschacht wurde bei der Wiederherstellung des nördlichen Gebäudeabschlusses im neuen Treppenhaus bereits vorgerichtet. Das SIP I macht jetzt den Einbau des Fahrstuhls und damit die barrierearme Erschließung des Hauptgebäudes möglich.
Foto: STSG, André KranertIm Erdgeschoss entsteht ein neuer Empfangsbereich mit Sanitäranlagen. Damit kann ein weiterer Bereich des teilsanierten Hauptgebäudes in Nutzung gebracht werden und wichtige Infrastruktur wird geschaffen. Noch im Rohbau früherer Bauphasen eingefroren, wird dort 2025 intensiv gebaut. Im Sommer 2026 sollen die SIP-Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Foto: STSG, André KranertWenn sie auch auf den ersten Blick unscheinbar wirken, werden mit den Baumaßnahmen im SIP I zwei wichtige Schritte für die Nutzung von Schloss Schwarzburg getan. Denn auch in Sachen Vermittlung tut sich dort einiges. 2024 gaben sich im Hauptgebäude rund 350 Schülerinnen und Schüler die Klinke in die Hand und konnten im Rahmen von Führungen, Workshops, Ferienfreizeiten und mit einer digitalen Schnitzeljagd, einem Actionbound, die Geschichte des Schlosses entdecken oder an Demokratiebildungsangeboten teilnehmen.
Im Kontext des Vermittlungs- und Digitalisierungsprojekts SchlösserWelt Digital&Original wird das Hauptgebäude seit 2022 durch die STSG zum außerschulischen Lernort entwickelt. Durch das Testen und Evaluieren der Lernangebote können die Schülerinnen und Schüler auch selbst an der Weiterentwicklung des Lernortes mitwirken. Darüber hinaus organsiert der Lernort Weiterbildungen für Lehrkräfte durch ausgewiesene Expertinnen und Experten, in denen Themen der deutschen Geschichte in ihren regionalgeschichtlichen Auswirkungen dargestellt und diskutiert werden.
Auf Schloss Schwarzburg können Schülerinnen und Schüler der Schlossgeschichte nachspüren – von fürstlichen Zeiten bis zu den einschneidenden Umbauten unter den Nationalsozialisten, vom Aufbau von Stuckdecken bis zu den Anfängen der Demokratie. In Sichtweite zum Schloss wurde 1919 die Weimarer Verfassung unterzeichnet. Neben dem entdecken der Zeitspuren spielt auch das Reflektieren und Nachdenken über Geschichte und Gesellschaft für den Lernort eine wichtige Rolle.
Foto: IBA Thüringen, Thomas MüllerDie neuen Vermittlungs- und baulichen Erschließungsprojekte werden durch Mittel von Bund und Land ermöglicht. Die große Resonanz bereits in den vergangenen Jahren zeigt beispielhaft, dass Bauwerke vielschichtige und anregende Zeitzeugnisse und besondere historische Quellen für den außerschulischen Unterricht sein können.
Anke Pennekamp
Der außerschulische Lernort Schloss Schwarzburg bleibt auch 2025 zugänglich, trotz Bauarbeiten
Kontakt für Schulen und Interessierte: lernort@thueringeschloesser.de