Schloss Schwarzburg

Schlossgeschichte neu erschlossen

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm IVermittlung
Kein Olymp mit auf Wolken gebetteten Göttern, keine vergoldeten Putti Hand in Hand und auch keine ornamentreichen Seidenbespannungen an den Wänden. Schloss Schwarzburg ist die Stammburg der Grafen und Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt und wurde im 18. Jahrhundert umfangreich ausgebaut. Beim Besuch des Hauptgebäudes wird jedoch schnell klar: das Sommerschloss im Schwarzatal ist kein gewöhnliches Barockschloss.

 

In den 1940er Jahren wurde unter den Nationalsozialisten mit dem Umbau von Schloss Schwarzburg zum Reichsgästehaus begonnen. Das Hauptgebäude wurde entkernt, Wandmalereien und Stuckdecken wurden zerstört, Wände herausgerissen und ganze Schlossflügel abgetragen. Kleine Teile der ehemaligen Pracht sind noch erhalten, denn die Umbauarbeiten wurden 1942 eingestellt. Das Schloss blieb als Bauruine zurück.

Schloss Schwarzburg, Hauptgebäude, Foto: STSG, André Kranert

Die Nationalsozialisten wollten eigentlich weiterbauen, dazu kam es allerdings nie. Die Spuren der bewegten Schlossgeschichte blieben erhalten. Nach knapp 80 Jahren als Bauruine ist das Hauptgebäude heute teilsaniert. Im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen konnten zwischen 2019 und 2021 die ersten beiden Räume im Inneren wieder nutzbar und zugänglich gemacht werden.

Im Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) stehen jetzt zwei weitere wichtige Ausbauschritte im Hauptgebäude an. Im 2019 neu errichteten nördlichen Gebäudeabschluss mit Treppenhaus wird ein Fahrstuhl eingebaut, damit die Schlossgeschichte für alle erschlossen werden kann. Im Erdgeschoss entsteht zudem ein neuer Empfangsbereich mit Garderobe und Sanitäranlagen.

Wenn sie auch auf den ersten Blick unscheinbar wirken, werden mit den Baumaßnahmen im SIP I zwei wichtige Schritte für die Nutzung von Schloss Schwarzburg getan. Denn auch in Sachen Vermittlung tut sich dort einiges. 2024 gaben sich im Hauptgebäude rund 350 Schülerinnen und Schüler die Klinke in die Hand und konnten im Rahmen von Führungen, Workshops, Ferienfreizeiten und mit einer digitalen Schnitzeljagd, einem Actionbound, die Geschichte des  Schlosses entdecken oder an Demokratiebildungsangeboten teilnehmen.

Im Kontext des Vermittlungs- und Digitalisierungsprojekts SchlösserWelt Digital&Original wird das Hauptgebäude seit 2022 durch die STSG zum außerschulischen Lernort entwickelt. Durch das Testen und Evaluieren der Lernangebote können die Schülerinnen und Schüler auch selbst an der Weiterentwicklung des Lernortes mitwirken. Darüber hinaus organsiert der Lernort Weiterbildungen für Lehrkräfte durch ausgewiesene Expertinnen und Experten, in denen Themen der deutschen Geschichte in ihren regionalgeschichtlichen Auswirkungen dargestellt und diskutiert werden.

Die neuen Vermittlungs- und baulichen Erschließungsprojekte werden durch Mittel von Bund und Land ermöglicht. Die große Resonanz bereits in den vergangenen Jahren zeigt beispielhaft, dass Bauwerke vielschichtige und anregende Zeitzeugnisse und besondere historische Quellen für den außerschulischen Unterricht sein können.

Anke Pennekamp

Der außerschulische Lernort Schloss Schwarzburg bleibt auch 2025 zugänglich, trotz Bauarbeiten

Kontakt für Schulen und Interessierte: lernort@thueringeschloesser.de

Musterachsen für die Sanierung der Säulensäle auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt

Per Feinschliff zum Seidenglanz

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Der Restaurator hält ein kleines Polierpad in der Hand. Das besonders feinkörnige Polierpapier reibt sanft über den roten Stuckmarmor in der Fensterlaibung. Schnell werden Schmutz und der Schleier vieler Jahrzehnte abgetragen, die marmorierte Oberfläche mit ihren Adern und Farbeinschlüssen erscheint wieder im sanften Glanz vergangener Zeiten.

In den Säulensälen von Schloss Heidecksburg ballt sich dieser Tage restauratorische Expertise, es werden Material, Technik, Oberflächenbeschaffenheit und Farbnuancierung diskutiert und Varianten erprobt. Musterachsen werden angelegt, die für die Planung der Restaurierungsmaßnahmen zur Konservierung der wertvollen Oberflächen wichtige Tests sind.

In den Säulensälen im Südflügel von Schloss Heidecksburg werden Musterachsen für die Sanierung angelegt,
Foto: STSG, Carolin Schart

Bei der Ausstattung der neuen Wohn- und Festsäle im Erdgeschoss des Südflügels von Schloss Heidecksburg sparte die fürstliche Familie Anfang des 19. Jahrhunderts nicht an Stuckmarmor und Wandvertäfelungen, auch Tapete gehörte zum hohen Anspruch. Rund 200 Jahre später wollen Gips, Holz und Papier von fachkundiger Hand restauriert werden. In einer Fensterlaibung an der Südseite des östlichen Saals und an einigen weiteren Stellen werden dafür Musterflächen angelegt. Reinigungs- und Konservierungsvarianten werden daran erprobt.

Die Wandverkleidungen in den Säulensälen von Schloss Heidecksburg imitieren Marmor mit Hilfe spezieller Gipsrezepturen. Die Marmorierung entsteht durch unterschiedliche Konsistenzen, wodurch sich beim Kneten der Masse Adern und Farbeinschlüsse ausbilden. Für den Stuckmarmor der Säulensäle wurde der Gips mit Alabaster aus dem nahe der Rudolstädter Residenz gelegenen Steinbruch bei Allendorf vermischt. Risse im Stuckmarmor können die Restauratoren durch Gips retuschieren, dabei kommt es allerdings unter anderem auf die richtige Farbnuancierung und auch Konsistenz des Materials an. Ein herausforderndes Unterfangen, das Geduld, Feingefühl und Tests bedarf.

Auch die Wandvertäfelungen, Lambris, im mittleren Säulensaal werden untersucht. Die Sonne hat sie auf der Südseite des Saals ausgeblichen, die Lackierung ist geschwunden. Auf der Nordseite ist der Schellack zu großen Teilen auf dem Holz noch intakt. Der Holzrestaurator erprobt auch für die Lambris verschiedene Restaurierungsvarianten.

Bei der Sanierung der drei Säle geht es vorranging um die Tragkonstruktion. Durch die statischen Schäden wurden aber auch die wertvollen Oberflächen in Mitleidenschaft gezogen. Zur Untersuchung, wie tief die Schäden reichen, waren schon im vergangenen Jahr Bauteilöffnungen vorgenommen worden. So können die Experten einen unerlässlichen Blick unter Wandschmuck und Parkett werfen. Auch die namensgebenden Säulen mit tragender Bedeutung wurden dabei vom Kapitell bis zum Postament bis unter die Schale untersucht. Im Planungsteam für die Sanierung arbeiten Architekten, Restauratoren, Statiker, Bauforscher und viele weitere Experten dabei Hand in Hand. In Zusammenhang mit der Stabilisierung werden auch die Oberflächen restauriert.

Möglich macht die Sanierung der Säulensäle von Schloss Heidecksburg das von Bund und Land geförderte Sonderinvestitionsprogramm I. 2026 sollen die Bauarbeiten in den Sälen starten.

Anke Pennekamp

Bauarbeiten im SIP I auf Schloss Altenstein

Richtfest für den Küchenbau

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
„Mit Gunst und Verlaub!
Meister, Gesellen und ehrbare Leut´
nach Wochen schwerer Arbeit ist Richtfest heut´.
Zum Rohbau gefügt mit kundiger Hand
steht stolz dieses Haus von Meisterhand.“
(Richtspruch für den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein)

Wo früher für die Herzöge von Sachsen-Meinigen und ihre kulturschaffenden Freunde und Bekannten gebrutzelt, gekocht und angerichtet wurde, sind Mitte Dezember 2024 Handwerker, Architekten, Planer, Projektverantwortliche, Förderer und Freunde von Schloss Altenstein zusammengekommen. Anlass für das gesellige Zusammensein auf der Küchenterrasse hinter dem Schloss ist die Sanierung des herzoglichen Küchenbaus. Ein Meilenstein ist erreicht und die Freude groß, das Fachwerk des herzoglichen Küchenhauses aus dem 19. Jahrhundert ist saniert.

Historischer Küchenbau während der Sanierung im Januar 2025,
Foto: STSG, Toni Kepper

Auf dem breiten Dachüberstand des neuen alten Dachs steht an diesem Dezembertag, an dem Schnee in der Luft liegt, der Zimmermeister in seiner schwarzen Kluft bereit. Die roten, grünen, weißen und gelben Bänder des Richtbaumes wehen im kalten Wind, während er den Richtspruch verliest. Der Segen endet traditionsgemäß schmetternd: „Der alten Väter Sitte gleich ein volles Glas man mir nun reicht. Das – um dem Richtbrauch zu genügen – ich leeren will in drei Zügen… Den letzten Schluck und dies Glas fürwahr bring ich dem Hause selber dar. Glück und Segen bis unter das Dach so wahr es zerschellt mit klirrendem Krach!“. Nachdem der Segen gesprochen, das Glas geleert und das glücksbringende Klirren ertönt ist, wird noch der symbolische letzte Nagel eingeschlagen, nach altem Brauch übernimmt dies der Hausherr oder die Hausherrin. Seit 1995 gehört Schloss Altenstein zum Eigentum der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Unter den wachen Augen des Zimmermeisters schlägt deshalb Stiftungsdirektorin Dr. Doris Fischer den letzten Nagel ein. 

STSG-Direktorin Dr. Doris Fischer schlägt den symbolischen letzten Nagel am herzoglichen Küchenbau ein, Foto: STSG, Franz Nagel
Das Küchenhaus mit neuem Dachstuhl nach historischer Gestaltung,
Foto: STSG, Franz Nagel

Kleinod der Fachwerkkunst

Der historische Küchenbau ist ein kleiner Fachwerkschatz, was auch seine Sanierung selbst für erfahrene Zimmermänner zu keinem alltäglichen Projekt macht. Die steile Dachkonstruktion mit charakteristischem breiten Dachüberstand erinnert an Pagoden. Für einen schwungvollen Übergang sorgen von der Dachkonstruktion bis zur Fachwerkwand unter anderem Aufschieblinge und gerundete Knaggen. Über die Zeit hatten die Witterung und der Hausschwamm am Küchenbau stark gezehrt und große Schäden an der Holzkonstruktion hinterlassen. Bei der Sanierung finden historische Bauteile wie Balken und Bretterverschalungen Wiederverwendung.

Saniertes Fachwerk am historischen Küchenbau von Schloss Altenstein,
Foto: STSG, Toni Kepper

Mit herzoglichem Auge fürs schmucke Detail

Der Küchenbau von Schloss Altenstein entstand im Zuge eines historistischen Schlossumbaus Ende des 19. Jahrhunderts unter Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen. Über einen Verbindungsgang konnte die Dienerschaft trockenen Fußes mit Speis und Trank vom Küchenbau ins Schloss gelangen. Im Inneren nahm die Küche den größten Raum des Gebäudes ein. Sie hatte keine Decke, sodass der Blick direkt in den bretterverschalten und in weiß-blauer Farbe gefassten Dachstuhl fiel. Die Wände waren von tausenden Fliesen geschmückt, die der Herzog schon damals nach Katalog ordern ließ. Die historischen Wandfliesen sind in großer Zahl noch heute erhalten und zeigen Blütenmotive in Blau auf weißem Grund. Sie wurden für die Sanierung behutsam abgenommen und werden derzeit in der Werkstatt restauriert.

Vor Sanierungsbeginn – Blick in den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein, Foto: STSG, Constantin Beyer

Ein besonderes Stück Handwerkskunst wird zukünftig auch das markante Dach des Küchenbaus wieder schmücken. Glasierte Ziegel in changierendem Grün schimmerten dort einst in der Sonne. Als Überraschung zum Richtfest konnte STSG-Direktorin Fischer verkünden, dass die nur noch in geringen Teilen erhaltene historische Dachdeckung dank einer Förderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) in ihrer besonderen Qualität vollständig wiederhergestellt werden kann.

STSG-Direktorin Dr. Doris Fischer, STSG-Restauratorin Gydha Metzner und Guido Siebert von der DSD (v.l.n.r.) zeigen die Musterziegel nach historischem Vorbild,
Foto: STSG, Franz Nagel

Sanierung von Schloss Altenstein im Sonderinvestitionsprogramm I

Im SIP I wird auf Schloss Altenstein die Sanierung des in den 1980er Jahren ausgebrannten Schlosses abgeschlossen. Dazu gehören auch die Sanierung des historischen Küchenbaus samt zugehöriger Terrasse hinter dem Schloss sowie die Sicherung des daran anschließenden Turmstumpfs der Vorgängerburg. Während im Schloss derzeit haustechnische Installationen und Rohbauarbeiten voranschreiten, ist die Fachwerkkonstruktion des Küchenhauses bereits saniert. Im Spätsommer 2025 soll die Sanierung des Küchenbaus abgeschlossen werden.

Für Schloss Altenstein stehen im Rahmen des SIP I rund 13 Millionen Euro zur Verfügung. Das SIP I der STSG hat ein Volumen von insgesamt 200 Millionen Euro, mit dem insgesamt 23 Sanierungsprojekte an Kulturdenkmalen in ganz Thüringen umgesetzt werden. Finanziert wird das Programm jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Thüringen.

Mit der Sanierung des historischen Küchenbaus von Schloss Altenstein rettet das Programm auch einen besonderen Leckerbissen der Denkmal- und Schlossgeschichte auf dem Altenstein. In den Genuss der Köstlichkeiten aus der herzoglichen Küche kamen früher auch die Gäste des Herzogspaares zu denen unter anderem der Komponist Johannes Brahms gehörte. In einem Brief an Clara Schumann schwärmt er vom Altenstein: „Hier vergeht ein Tag nach dem andern so leicht und schön, daß man schwer zum Abfahren kommt. Dazu geht die […] Schlemmerei so fort! Jeden Tag Champagner und was sonst für Herrlichkeiten.“

Anke Pennekamp

Die kalte Jahreszeit in Burgen und Schlössern

Pracht mit kalten Füßen

AllgemeinKulturgeschichte
Eindruck machen – das spielte eine erhebliche Rolle beim Bau von Burgen und Schlössern. Im Winter konnte es in den prachtvollen Bauten aber auch mal kalt werden.

Exponierte Lage, hohe Mauern, viele Fenster, große Räume waren wichtige Träger einer Botschaft. Repräsentative Architektur war Ausdruck eines Anspruchs auf Herrschaft, sie sollte das Anrecht ihrer Bewohner auf Vormacht belegen. Natürlich ging es nicht nur um die Signalwirkung. Eine Burg des Mittelalters bot die Möglichkeit zu Sicherung und Verteidigung und erlaubte so die praktische Ausübung von Herrschaftsrechten wie dem Eintreiben von Abgaben oder dem Sichern territorialer Ansprüche. Später wandelten sich die Funktionen. Ein Schloss der Frühen Neuzeit diente weniger militärischen Zwecken, es beherbergte den wachsenden Hofstaat und bot mit Appartements und Sälen die Bühne für das immer ausgefeilter werdende Zeremoniell, die Kommunikationsgrundlage des europäischen Netzwerks der Höfe.

Burgruine Henneberg, Foto: Viktor Schmidt

Jenseits von Macht und Herrschaft waren Burgen und Schlösser Orte des Alltagslebens. Dafür boten die auf Repräsentation angelegten Eigenschaften von Herrschaftsbauten nicht immer den idealen Rahmen. Nicht selten lebten fürstliche Familien nicht alltäglich in den prachtvollen großen Räumen, sondern verfügten über private Bereiche in bescheideneren Dimensionen. Vor allem in der kalten Jahreszeit waren besondere Vorkehrungen und einiger Aufwand nötig, um für etwas Komfort zu sorgen.

Veste Heldburg, Foto: Deutsches Burgenmuseum, Björn Chilian

Die Mauern mittelalterlicher Burgen boten zwar Schutz vor Angreifern und Eindringlingen, aber kaum vor winterlicher Kälte. Die häufig in repräsentativen Räumen eingebauten Kamine entfalteten nur lokale Wärme, selten waren Heißluftkanäle unter Fußböden nach dem Vorbild der römischen Antike, die vor allem in Klöstern verbreitet waren. In Burgen musste man sich meist mit offenen Feuerstellen begnügen. Wandteppiche, Vorhänge und Holzvertäfelungen halfen, die Abgabe der Wärme an die steinernen Wände zu verlangsamen. In den Häusern wohlhabender Bürger, aber auch gelegentlich in Burgen, waren Bohlenstuben eine beliebte Lösung. Aus dicken Brettern wie autarke Räume in größere Bauwerke eingesetzt, hielten sie auf begrenztem Raum die Wärme besser. Oft waren sie die einzigen gut beheizbaren Räume in einem Gebäude.

 
Die Entwicklung von Kachelöfen im Spätmittelalter brachte entscheidende Verbesserungen für das winterliche Leben auf Burgen mit sich. Sie speicherten die Wärme länger und gaben sie kontrollierter ab, mit ihnen konnte man mehrere Räume parallel heizen, sie waren energieeffizienter als Kamine und gaben ihren Rauch vollständig über Schornsteine nach außen ab.

Prunkkamin auf der Veste Heldburg, Foto: STSG, Constantin Beyer

Öfen begleiteten die Entwicklung von der Burg zum Schloss, vom trutzigen Wehrbau zum repräsentativen Herrschersitz. Kamine dienten in Schlössern kaum mehr als Wärmequellen, sondern wurden zu Gestaltungselementen vor allem in Sälen. Öfen hingegen wurden nun in zahlreichen Wohnräumen eingebaut. Nicht nur die Öfen selbst waren aufwendig herzustellen, auch ihre Beheizung erforderte ausreichend Brennstoff und Arbeitskraft. Die Beheizung eines Schlosses war also auch eine Ressourcenfrage im Hinblick auf Material und Personal. Selbstbewusst zeigte deshalb die Zahl der oft kunstvoll gestalteten Schornsteine am Dachfirst an, wie reich ein Schloss mit Heizquellen ausgestattet war.

Säulensäle von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt, Foto: STSG, Thomas Müller

So traditionsbewusst Schlösser über die Jahrhunderte bewahrt wurden, so sehr war man dennoch an zeitgemäßem Komfort interessiert. Vor allem im späten 19. Jahrhundert führte das zu kleinen technischen Revolutionen in vielen Schlössern. Elektrischer Strom hielt Einzug in barocke Prachträume, Badezimmer und Wasserklosetts wurden an unauffälligen Stellen integriert, und nicht zuletzt ersetzten oder ergänzten auch moderne Heiztechnologien die zahlreichen Kamine und Öfen. Auch von diesen Veränderungen hat sich noch vieles in Schlössern erhalten, man sieht es oft erst auf den zweiten Blick.

Pflanzen im Lorbeerhaus in der Herzoglichen Orangerie in Gotha,
Foto: STSG, Constantin Beyer

Nicht nur für das Wohlbefinden von Schlossbewohnern wurde im Winter baulicher und organisatorischer Aufwand betrieben. Auch für die exotischen Pflanzensammlungen war keine Mühe zu groß. Kübel mit Zitrusbäumchen und Lorbeer gehörten im Barock zu den wertvollsten Schätzen, über die ein Fürst verfügen konnte. Später kamen Palmen, Ananas, Oleander und viele andere aus südlicheren Klimazonen stammende Gewächse hinzu. In repräsentativen Orangeriebauten erhielten sie ihre Winterquartiere. Für Frostfreiheit sorgten ausgeklügelte Heizungsanlagen, oft mit Warmluftkanälen im Boden. Zu warm durfte es aber auch nicht werden. Damit konstante Temperaturen herrschten, taten in den Wintermonaten eigens beauftragte Heizer ihren Dienst, die auch nachts das Feuer im Ofen in regelmäßigen Abständen am Laufen halten mussten. Das Erfrieren der versammelten Pflanzenraritäten hätte einen großen materiellen Verlust bedeutet, im 18. Jahrhundert kostete ein Zitrusbaum mehrere Monatseinkommen eines einfachen Hofangestellten. Es wäre zudem ein Rückschlag im Hinblick auf die Reputation gewesen – die mythologisch bedeutsamen Pflanzen im mitteleuropäischen Klima zu Blüte und Frucht zu bringen, galt auch als Statussymbol und unterstrich den Herrschaftsanspruch eines Fürsten.

Franz Nagel

Entschlammung im Schlosspark Molsdorf

Gewässer in der Kur

BaugeschehenDenkmalpflegeGartenkultur
Die reinste Schlammschlacht steht in den nächsten Monaten im Schlosspark Molsdorf an. Der Hintergrund ist friedlich, es geht um das ökologische Gleichgewicht der Gewässer. Ablagerungen haben die Schlossteiche und den Kanal verschlammt, das Wasservolumen ist stark abgesunken, um die Gewässer – die Biotope und zugleich wichtige Merkmale der historischen Parkanlage sind – zu erhalten, muss saniert werden.

Schon lange war klar, die Entschlammung ist unumgänglich, doch das notwendige Geld für die rund 900.000 Euro teure Maßnahme fehlte. Ende November 2024 konnte nun das Ablassen des Wassers aus den Teichen und dem Kanal beginnen. Wenig spektakulär, aber mit großer Wirkung wurden die ersten Staubretter aus dem Regulierungsschacht gezogen.

Wasserspiele mit System

Die Staubretter sind Teil eines ausgeklügelten Wassersystems, das durch den Park verläuft und noch aus Barockzeiten stammt. Im 18. Jahrhundert erwarb der Jurist Graf Gustav Adolf von Gotter, dem bis heute der Ruf eines Lebemanns nachhängt, Schloss Molsdorf – eine frühere Wasserburg bei Erfurt – und ließ das Schloss nach damaligen barockem Zeitgeschmack ausbauen. En vogue waren in der Gartenkunst damals auch Wasserspiele, die im gleich mit angelegten Schlossgarten natürlich nicht fehlen durften. Neben einem Bassin, einem Wasserbecken am Schloss, flankierten zwei Wasserkanäle die geordneten geometrischen Rasenflächen und schnurgeraden Wege, die alle auf das Schloss ausgerichtet waren. Die Kanäle wurden von einem Zulauf am südlichen Hirschgraben gespeist, der nach einer dort aufgestellten Hirschskulptur benannt war. Über den Graben und die Kanäle wurde das Wasser zu den Wasserspielen geleitet zu denen unter anderem eine Kaskade, eine Wassertreppe, und Brunnen gehörten.

Historischer Plan des Schlossgartens Molsdorf, Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha

Im 19. Jahrhundert zog auch in den barocken Schlossgarten Molsdorf die neue Mode des Landschaftsgartens ein. Von England ausgehend, sollten die Parkanlagen einem neuen „natürlicheren“ Gartenideal entsprechen, wenn die Parkbilder auch weiterhin durchkomponiert blieben. Auch im Schlosspark Molsdorf wurden neue Gehölzpflanzungen angelegt und die geometrischen Rasenflächen aufgelöst. Das Wasser spielte weiterhin eine wichtige Rolle. Zu dieser Zeit entstand auch der große sichelförmige Parkteich. Eine Besonderheit in Molsdorf ist, dass bei der Umgestaltung der Gartenanlage, einige Elemente des Barockgartens mit seinen Wasserspielen erhalten blieben. Die Kaskade blieb in ihren Strukturen ablesbar, auch der Hirschgraben und der westliche Kanal sind erhalten. Überdauert hat mit Umgestaltungen auch der Teich am Schloss. Auch die geraden Wegeachsen wurden teilweise in den Landschaftspark integriert und mussten nicht wie sonst oft einem schwungvolleren Verlauf weichen.

Gewässersanierung

Im Zuge der Gewässersanierung wird erst das Wasser aus den beiden Teichen, dem verbindenden Kanal und dem Hirschgraben abgelassen. Das passiert langsam, damit der abgelagerte Schlamm nicht aufgewühlt und fortgespült wird. Ab Februar 2025 wird der abgelagerte Schlamm dann ausgebaggert und auf einer Fläche neben dem Park zwischengelagert, damit er vor dem Abtransport austrocknen kann.

In den entschlammten Bereichen wird anschließend die Uferbefestigung erneuert. Sie besteht traditionell aus Holzpfählen und quergelegten Bohlen, die nach Jahrzehnten marode geworden sind. Parallel zum Kanal wird in diesem Zusammenhang zudem ein historischer Weg mit Rondell zurückgewonnen. „Dort gab es im 19. Jahrhundert einen geschwungenen Weg“ erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. „Wir brauchen an dieser Stelle ohnehin eine Baustraße bis zum Schlossteich für die Entschlammung, damit haben wir schon einmal den festen Unterbau und können dann zum Schloss die wassergebundene Decke auftragen. Wir erreichen also zwei wichtige gartendenkmalpflegerische Ziele auf einmal.“

Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Vom Nadelöhr bis zu sich biegenden Sparren

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Ein Kulturgutrettungsprogramm mit einem Volumen von 200 Millionen Euro, finanziert durch Bund und Land. 23 Sanierungsprojekte über ganz Thüringen verteilt von der Burgruinensicherung bis zur statisch-konstruktiven Schlossflügelsanierung – das ist das Sonderinvestitionsprogamm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Ein kleiner Rückblick auf Laufendes, Geschafftes und 2025 Anstehendes.

Während 2024 auf den Burgruinen Ehrenstein und Bad Liebenstein unermüdlich auch im zweiten Bauabschnitt dutzende Quadratmeter historischen Mauerwerks vom Naturstein bis zur Fuge in die Kur genommen wurde, starteten in Schleusingen auf Schloss Bertholdsburg an einem zentralen Nadelöhr die Grob- und Feinarbeiten. Denn die historische Zugangsbrücke der ehemaligen Residenz der Grafen von Henneberg, die zugleich auch einzige Zufahrt zur Burg ist, wird saniert. Auch auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden begann nach sorgfältiger Planung das Bautreiben. Hier wird das Natursteinmauerwerk der Stützmauern saniert. Da baumeln auch mal die Beine vom Gerüst, wenn an den flächendeckenden Mauerwerksfugen im Sitzen und Stehen alter Mörtel entfernt und neu verfugt wird. Unscheinbar, aber mit großer Bedeutung, halten die historischen Mauern das Schlossplateau seit Jahrhunderten optisch und wortwörtlich zusammen.

Stützmauersanierung auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden,
Foto: STSG, Thomas Müller

Sowohl ums Mauerwerk als auch um die historische Turmhaubenkonstruktion ging es 2024 auf der Burg Weißensee – und das gleich parallel. Während in knapp 30 Metern Höhe die über 400 Jahre alte Turmhaubenkonstruktion mit ihren besonderen Kniffen zimmermannsmäßig repariert wurde, begann nur ein paar Meter weiter auch die Sanierung von rund 50 Metern der Umfassungsmauern um die Burg. Die einst schützende und stützende Mauer driftet und baucht sich aus. Durch Ankervernadelungen bekommt sie neuen Halt. Gleichzeitig wird an der Ringmauer auch ein neuer zweiter Rettungsweg geschaffen, für den die Bagger behutsam und unter dem strengen Auge der Archäologen den Weg ebneten. Denn im SIP I geht es nicht nur um dringend notwendige statische Sicherungen für den Denkmalerhalt, sondern auch um neue und verbesserte Nutzungsmöglichkeiten und wichtige Themen wie Brandschutz und barrierearme Erschließung, damit Kulturgut für alle erschlossen werden kann. Auf Schloss Sondershausen wurden mit den ersten beiden abgeschlossenen SIP-Projekten dafür bereits zwei Meilensteine im Programm erreicht. Am Westflügel sind 73 Fenster saniert – nicht nur ästhetisch, sondern auch energetisch ein großer Gewinn. Die nun wieder dichten Fenster geben den Blick auf das zweite abgeschlossene SIP-Projekt frei, wenn es die neuen Wegedecken und Oberflächen im Lustgarten des Schlosses auch nicht mehr erahnen lassen. Um den Westflügel wurde das unterirdische Entwässerungsnetz saniert, über ein Kilometer Leitungen, Kabel und Rohre wurden dafür saniert und neu verlegt. Nicht weit entfernt schlummert im Boden verborgen nun auch eine moderne Löschwasserzisterne, die rund 200 Kubikmeter Wasser fasst und ihren ersten Einsatz im Rahmen einer Feuerwehrübung bereits erfolgreich absolviert hat.

Seit November wächst auch am Torhaus von Burg Ranis, in dem sich vom Keller bis zum Dach 800 Jahre Burggeschichte ballen, ein Gerüst empor. Die Sanierung hat begonnen. Aber nicht nur die anstehende konstruktive Sicherung des Torhauses – schon der Gerüstbau am abfallenden Hang, an dessen Fuß in einer Höhle rund 45.000 Jahre alte Menschheitsgeschichte verborgen liegen, wird dabei zum statisch anspruchsvollen Unterfangen. Und auch am Parkpavillon von Schloss Molsdorf ging Ende des Jahres das Bauen los, im ersten Schritt wird die barocke Außentreppe zum Schloss im Umfeld instandgesetzt. Ein Fachwerkkleinod ist wiederum mit dem historischen Küchenbau von Schloss Altenstein seit diesem Jahr in der Kur. Im zugehörigen Schloss ist parallel der Innenausbau in Gang, hier laufen Rohbauarbeiten und haustechnische Installationen.

Die Bauarbeiten im Sonderinvestitionsprogramm I der STSG laufen auf Hochtouren. 2024 wurde auf neun Baustellen parallel gebaut. Die ersten zwei von 23 Einzelprojekten sind bereits abgeschlossen.

Im Hintergrund schreiten in allen weiteren Projekten die Untersuchungen und Planungen für die Sanierungskonzepte mit großen Schritten voran. Jedes SIP-Projekt durchläuft die gängigen Planungsphasen von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung. Über 200 Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten von der Restaurierung und Bauforschung über Haustechnik bis zum Architekten arbeiten dabei in den Planungsteams Hand in Hand zusammen. 

Abgeschlossen die Fenstersanierung am Westflügel von Schloss Sondershausen wurde als erstes SIP-Projekt fertiggestellt, Foto: STSG, Sibylle Mania
Fertig – auf Schloss Sondershausen ist eine neue Löschwasserzisterne verbaut und das Entwässerungsnetz im Lustgarten saniert und damit das zweite SIP-Projekte abgeschlossen, Foto: STSG, Thomas Höfer
Planungsberatung für die Sanierung der Säulensäle auf Schloss Heidecksburg im SIP I, Foto: STSG, Anke Pennekamp

Und auch für 2025 steht Großes an. In sechs weiteren SIP-Projekten sollen die Bauarbeiten losgehen. So startet am Prinzessinnenbau der Wasserburg Kapellendorf die Sanierung von Dach und Fassaden. Auf Schloss Schwarzburg wird das Hauptgebäude durch einen Aufzug und einen Servicebereich für die Veranstaltungsnutzung fit gemacht. Auf Schloss Bertholdsburg soll nach Abschluss der Brückenbauarbeiten die Sanierung von Räumen im Süd- und Westflügel anlaufen. Im Spätsommer sollen dann auch am Westflügel von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt und am Renaissanceschloss in Dornburg die ersten Bauarbeiten beginnen.

Anke Pennekamp

Zeichnerischer Nachlass von Prof. Hermann Wirth

Kulturerbe zu Papier gebracht

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Von Rudolstadt bis nach Jordanien, von Sondershausen bis nach London – Professor Hermann Wirth ist weit gereist. Dabei hat der Denkmalpflege- und Architekturprofessor in Zeichnungen Kulturerbe auf der ganzen Welt mit Graphit, Aquarell und Tusche auf Papier festgehalten. Sein Erbe von über 5.000 Architekturzeichnungen hat seine Tochter Runhild Wirth jetzt in die Obhut der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten übergeben.

Neben den Säulen der ehemaligen Klosterkirche Paulinzella liegt die Wartburg, der Hausmannsturm der Weimarer Bastille wird von den Arkaden von Schloss Friedenstein in Gotha und der Wasserburg Kapellendorf flankiert – die Tische in der Reithalle von Schloss Heidecksburg sind prall gefüllt, in Mappen feinsäuberlich sortiert ruht der reiche Zeichenschatz. Residenzschlösser, Burgen, Ruinen, Wohnhäuser, Stuckdetails und Stadtansichten, um nur einige zu nennen, umfasst die Motivauswahl der Zeichnungen, die internationale Baugeschichte von der Antike bis zum Bauhaus einfangen. Runhild Wirth und Doris Fischer beugen sich über die leicht vergilbten Blätter und vertiefen sich in die Details. Nicht selten sind die Zeichnungen auch mit kurzen Kommentaren oder tagebuchartigen Kurzkommentaren versehen. Der Zeichenstil variiert von Bleistiftzeichnungen mit wenigen Strichen zackig zu Papier gebracht über stimmungsvolle Aquarelle bis zur detailreichen New Yorker Skyline.

Schon als Jugendlicher fand der 1940 geborene Hermann Wirth durch einen Zeichenkurs zu eigenem Kunstschaffen. Nach einer Baulehre absolvierte er ein Ingenieursstudium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen (der heutigen Bauhaus-Universität) in Weimar und wirkte dort von 1992 bis 2005 als Professor für Bauaufnahme und Baudenkmalpflege. Zahlreiche in Thüringen und darüber hinaus tätige Architektinnen und Architekten haben von seinen Kenntnissen und Methoden profitiert. Auch das Freihand-Zeichnen spielte dabei eine entscheidende Rolle.

Das Konvolut mit rund 5.000 Zeichnungen aus dem Nachlass ihres 2019 verstorbenen Vaters übergab Runhild Wirth nun an die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Die Zeichnungen entstanden auf Reisen und Studienexkursionen und zeigen vorrangig Architekturmotive aus Thüringen, Deutschland und Europa. „Für meinen Vater war das Zeichnen ein Mittel zum genauen Beobachten“, erinnert sich Wirth. „Durch das Zeichnen hat er Bauwerke genau studiert und sich dabei ein enormes Bildgedächtnis geschaffen. Es ist eine besondere Art der Aneignung des Gesehenen. Die Zeugnisse dieser Arbeitsweise möchte ich gern in einer öffentlichen Institution für die Nachwelt zugänglich machen und freue mich, dass die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten die Sammlung im Ganzen übernimmt.“ 

STSG-Direktorin Dr. Doris Fischer ist begeistert: „Die Zeichnungen sind ein echter Schatz. Und das nicht nur, weil sie von einer anerkannten Koryphäe der Denkmalpflege stammen. Sie sind auch in ihrer Qualität bestechend. Wie Wirth mit leichter Hand Perspektive, Proportionen und Details sicher und genau zu Papier bringt, ist frappierend. Viele der Zeichnungen nehmen das kulturelle Erbe Thüringens in den Blick und sind deshalb für uns besonders interessant. Wir freuen uns sehr über die Sammlung und möchten in den nächsten Jahren Teile davon in Kabinettausstellungen der Öffentlichkeit präsentieren.“ 

Schloss Altenstein hielt Wirth nach dem Schlossbrand 1982 – bei dem die Innenausstattung des Neorenaissancebaus zerstört wurde – ohne Dach fest. Die ebenso stimmungsvolle wie detailreiche Schlossansicht zeigt die markanten geschwungenen Fenstererker – Bow Windows genannt – und Dutch Gables des historistischen Schlossbaus, der nach dem Vorbild englischer Herrenhäuser entstand.

Hermann Wirth, Schloss Altenstein, Bildarchiv STSG

Von weitem ist Kloster und Schloss Mildenfurth festgehalten. Die Bauten der ehemaligen Klosterkirche, die nach der Säkularisation in den Besitz von Matthes von Wallenrod überging und um 1556 zum Schloss aufgestockt und umgebaut wurden, sind gut zu erkennen. 

Hermann Wirth, Kloster und Schloss Mildenfurth, Bildarchiv STSG

Mit kräftigen Strichen ist auch das Hauptgebäude von Schloss Schwarzburg in einer Zeichnung zu Papier gebracht. Auf der Schlossansicht von 1959 ragt noch die Turmhaube des Schlossturms über dem Hauptgebäude hervor. In der Sylvesternacht von 1980 auf 1981 ging die Haube mit Fernwirkung bei einem Brand verloren. Auch die Spuren eines begonnen und später abgebrochenen Umbaus des Barockschlosses zum Reichsgästehaus unter den Nationalsozialisten in den 1940er Jahren sind an der Fassade ablesbar.

Hermann Wirth, Schloss Schwarzburg, Bildarchiv STSG

Weitere Zeichnungen halten auch schmuckvolle Ausstattungsdetails fest. Dazu gehören beispielsweise die prachtvollen gemalten Türrahmungen auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, wie auch schwungvolle Stuckdetails.

Weißer Saal im Schloss Ettersburg

Der künstlerisch wertvolle Zeichenschatz ist nicht nur ästhetisch ein Genuss, er erzählt auch Schlossgeschichte und Geschichten – für die Denkmalpflege ein ebenso wichtiges Pfund.    

Anke Pennekamp

Geschichten vom stillen Örtchen auf Burg und Schloss

Tief in die Schüssel geschaut

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Sanitäranlagen und Toiletten in Porzellanschüsselform mit Abflussrohr und Spülung – geschweige denn ein ganzes Badezimmer – waren auch in Schlössern lange keine Selbstverständlichkeit. Die Notdurft gehörte aber auch auf Burg und Residenz, bei Grafen, Herzögen und Fürsten schon immer zum Tagesgeschäft. So wurden, bevor die ersten Porzellanklosetts in den Schlössern zu finden waren, noch Leibstühle und Nachttöpfe dezent versteckt, das Plumpsklo im Aborterker platziert und später die Neuerung das Badezimmers auch mal mit baulicher Pracht zelebriert.

Schon die alten Römer bauten Wasserklosetts, die erste Porzellanschüssel mit wassergespültem Abort zog in Deutschland allerdings wohl erst in einen Schlossbau mit Landgräfin Elizabeth von Hessen-Homburg nach 1820 in Schloss Homburg vor der Höhe ein. Während sich solche neuen Apparate, die aus England kamen, bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert im Großbürgertum durchsetzen konnten, führte der große bauliche Aufwand, die Schüssel mit Abwasserrohren, einem Kanalsystem oder überhaupt fließendem Wasser zu verbinden, dazu, dass man dort noch bis ins 20. Jahrhundert auf den Leib- und Nachtstuhl zur Erleichterung setzte.

Wasserburg Kapellendorf, Foto: STSG, Philipp Hort

Schon im Mittelalter gehörte der Aborterker zur Burg und später auch zum Schloss. Der ummauerte Austritt mit Öffnung nach unten, teils auch mit Rohren, Rutschen oder Schächten versehen, ist heute noch an einigen mittelalterlichen Burgen ablesbar. Auch die Kemenate der Wasserburg Kapellendorf besaß einen Abort zum Zwinger – einem Verteidigungsbereich zwischen den Burgmauern – hin. Dem Wohnkomfort dienend, fanden sich schon auf der Burg die Aborte zumeist in Nähe der Wohnräume, insbesondere den Kammern oder einem Saal. Auch die Veste Heldburg besaß einst mehrere Aborte am Französischen Bau, deren Türen heute jedoch ins Leere führen und vermauert sind. Wo einst schon die Herzöge das stille Örtchen direkt neben ihrer Schlafkammer aufsuchen konnten, waren die Abortschächte vermutlich in das Gefüge der zum Hang liegenden Schaufassade arrangiert. Später wurden sie der Ästhetik wegen abgetragen.

Veste Heldburg mit der Südfassade des Französischen Baus (rechts),
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Gut erreichbar wurde auch die tragbare und teilweise sogar gepolsterte Sitztoilette, der Leib- und Nachtstuhl, in der frühen Neuzeit gerne hinter unscheinbaren Türen und in kleinen Kabinetten in Schlafkammernähe versteckt. So musste sich Graf Gotter – Jurist, Lebemann und Parvenu – im 18. Jahrhundert nur aus der Bettnische schwingen, um auf kurzem Weg sein Nachtgeschäft zu verrichten. Versteckt hinter einer Tür neben dem Alkoven im grüngemusterten Schlafraum, blieb die Intimsphäre des Leibstuhls gewahrt. Und auch die Besucher von Schloss Friedenstein in Gotha schlendern heute vermutlich nichtsahnend an der dezent in die Wand eingefügten Tür im Herzoglichen Treppenhaus vorbei, hinter der sich seit 1712 ebenfalls ein Abort verbarg.

Weniger schick, aber praktikabel ging es im Marstall von Schloss Heidecksburg zu. Im Obergeschoss des fürstlichen Pferdestalls aus dem 19. Jahrhundert sind noch heute die früheren Knechtstuben und -kammern aus der Erbauungszeit in ihren Strukturen erhalten. Zwischen den Kammern durfte natürlich auch das Plumpsklo nicht fehlen. Dessen Schacht führte direkt auf den Misthaufen, der hinter zinnenbekrönten Mauern an der Rückseite des Marstalls versteckt lag.

Blick in das Dachgeschoss des Marstalls von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt, Foto: STSG, André Kranert

Platz für gleich zwei Personen direkt nebeneinander bot das Plumpsklo im Obergeschoss des Kirms-Krackow-Hauses in Weimar. Im 19. Jahrhundert konnte man nicht nur im Garten des Ackerbürgerhofs der Brüder Kirms gesellig zusammenkommen. Schon die Römer legten Latrinen mit mehreren Sitzplätzen nebeneinander an.

Einen modernen zweigeschossigen Klosettbau ließ Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen beim Umbau seiner Sommerresidenz auf dem Altenstein um 1888 anbauen. Gleich mehrere Spülklosets mit poliertem Sitz fanden in kleinen Kabinen an der Rückseite des Schlosses ihren Platz. Ausgestattet waren die „Waterclosets“ im Toilettenanbau sogar mit Jalousien an den Fenstern und Stuckmarmorverkleidungen an den Wänden. Schon 1889 wurde allerdings angeregt, bei den Jalousien im Obergeschoss noch nachzurüsten, da bei Licht nichts verborgen blieb. Ein eigenes herzogliches Bad wurde wiederum im Obergeschoss eingerichtet und mit einer eigens in London bestellten Ausstattung bestückt.

Schloss Altenstein in Bad Liebenstein, Foto: STSG, Tino Trautmann

Ein luxuriöses Badezimmer richtete die Gräfin von Gneisenau im Schloss Molsdorf um 1909 ein. Das Marmorbad mit Sofa, Marmorwanne, Waschnische und Toilette besaß seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur eine Heizung, sondern auch einen Wasseranschluss. Marmorverkleidungen, eine Kassettendecke und Golddetails schmücken das prachtvolle Jugendstilbad. Der Zugang zur Toilette liegt hinter einer Marmortür versteckt. Später verändert, baumelt heute noch hinter der Tür der Kettenzug eines Spülkastens von der Decke.

Marmorbad im Schloss Molsdorf, Foto: STSG, Constantin Beyer

Der Blick in die Geschichte soll auf das Anliegen des Welttoilettentages aufmerksam machen: Hygienische Toiletten stehen nach wie vor viel zu wenigen Menschen zur Verfügung.

Anke Pennekamp

Lesetipp zum kulturgeschichtlichen Thema Toilette und Hygiene im Schloss: „Das stille Örtchen. Tabu und Reinlichkeit bey Hofe“, Herausgegeben von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden Württemberg, Altenburg 2011.

Bauforschung im Jägerhaus von Schloss Sondershausen

Fährtensuche in der Geschichte

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Ein besonderes Fenster in die Geschichte haben die Bauforscher bei ihren Untersuchungen im Jägerhaus von Schloss Sondershausen entdeckt.

Heute baufällig, aber immer noch eine Fundgrube der Geschichte – das Jägerhaus von Schloss Sondershausen hat im Laufe der Jahrhunderte einiges erlebt. Stumm berichten Wände, Balken und Fugen von Umbauten, Modernisierungen und Erweiterungen. In den nächsten Jahren stehen große Baumaßnahmen an, denn ein neues Kapitel für das Gebäude soll aufgeschlagen werden. Im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I der STSG wird es vom Keller bis zum Dach plus Remise saniert. In Zukunft sollen hier Proben- und Beherbergungsräume der Thüringer Landesmusikakademie Sondershausen entstehen. Vor dem Sanieren steht allerdings in der Denkmalpflege erst einmal der Blick zurück in die Geschichte, die auch im Jägerhaus Unerwartetes bereithält. Über einige Monate haben Bauforscher Klaus-Peter Wittwar von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und andere Experten der Baugeschichte des Jägerhauses deshalb auf den Zahn gefühlt.

Fenster in die Geschichte

Wie alle Bauten der Schlossanlage hat auch das Jägerhaus bereits Jahrhunderte auf dem Buckel. Aufgestockt, umgenutzt, neue Wände eingezogen, sogar eine Treppe wurde mal versetzt. Besonders interessant wird es im Foyer des Gebäudes. Im Erdgeschoss zeigt Bauforscher Wittwar auf den östlichen Bereich der Südwand, die Fachwerkkonstruktion liegt hier frei, die Schäden an einem morschen Balken sind unverkennbar. Ein kleiner unscheinbarer Aufkleber deutet aber auf etwas Großes hin. „Befund“ steht darauf.

Befundfenster mit Fensterfund im Jägerhaus von Schloss Sondershausen.,
Foto: STSG, Anke Pennekamp

„Die Nachforschungen haben Spannendes ergeben, das Jägerhaus ist nicht einfach aus dem Nichts entstanden. Es gab einen Vorgängerbau, der Ende des 18. Jahrhunderts praktisch überbaut wurde“, berichtet Wittwar. Es steckt also ein Haus im Haus, könnte man sagen. Der Befund im Erdgeschoss war ein wichtiger Anhaltspunkt für den Bauforscher: „Hier war ursprünglich die Außenwand. Als sie Innenwand wurde musste man ein Fenster zusetzen, von dem der ehemals grüne Rahmen noch zu erkennen ist. Das war für uns ein wichtiger Hinweis. Ein Fenster im Inneren eines Gebäudes macht stutzig. Weitere Befunde an der Nordfassade und die Analyse der Grundrisse kam hinzu und plötzlich fügte sich eines zum anderen. Beim Bau der Jägerhauses 1795 musste ein Vorgängerbau einbezogen worden sein“. Unterstützt wird der Fund durch eine dendrochronologische Probe, die auf die Mitte des 18. Jahrhunderts datiert werden konnte.

Jägerhaus Schloss Sondershausen, Foto: STSG, Manuel Mucha

Bauherr mit Leidenschaft

„Bauherr des Jägerhauses war Fürst Günther Friedrich Carl I. von Schwarzburg-Sondershausen. Er ist bekannt für seine Jagdleidenschaft. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude dann zum Hofgärtnerhaus umgenutzt“, erklärt Wittwar. Wo sich früher mal Jagdgehilfen, Büchsenspänner und später Hofgärtner und Gartenbaubeamte die Klinke in die Hand gaben, lässt heute der Bauforscher den Blick schweifen: „Mit dem Umbau zum Hofgärtnerhaus waren auch bauliche Veränderungen verbunden. Die Hauptfassade wurde von der West- an die Ostseite des Gebäudes verlegt und eine großzügige Diele geschaffen. Auch mehr Komfort durch die Zusammenlegung bestehender Einzelräume zu kleinen Wohnungen zog mit ein. Archivalien geben uns darüber noch heute Aufschluss.“

Blick ins Obergeschoss des Jägerhauses von Schloss Sondershausen,
Foto: STSG, Franz Nagel

Als eines von 23 Einzelprojekten wird das Jägerhaus von Schloss Sondershausen im Sonderinvestitionsprogramm I in den nächsten Jahren saniert. 2026 sollen die ersten Baumaßnahmen vor Ort starten, bis dahin wird die Sanierung vorbereitet und geplant. Intensive Nutzung, Umbauten und Feuchtigkeit haben zu starken Schäden an der Fachwerkkonstruktion und am Dach geführt. Die dauerhafte Sicherung ist dringend notwendig. Durch die Sanierung des Jägerhauses wird ein wertvolles Stück Schlossgeschichte erhalten, die Jagd nach der Baugeschichte ist wichtige Voraussetzung für das Sanierungskonzept, das derzeit erarbeitet wird.  

Anke Pennekamp

Burg Weißensee

Richtfest unter der Haube

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
„Nach manchem Hieb und manchem Schlag / und manchem heißen Arbeitstag; / sind heut verstummt des Beiles Schläge, / auch ist sie aus, die geschwätzige Säge...“ (Richtspruch für die Turmhaube auf der Burg Weißensee)

Im Wind flattern die bunten Bänder der Richtkrone über der Burg Weißensee. Es ist ein besonderer Tag Ende September 2024. Am Palasturm wird Richtfest gefeiert. Die Turmhaubenkonstruktion ist allerdings nicht neu, ganz im Gegenteil, sie ist rund 500 Jahre alt und wird seit einigen Monaten im Bestand saniert.

Burg Weißensee mit eingerüstetem Palasturm, Foto: STSG, Thomas Müller

Mit Säge und Segen

An diesem Dienstag steht der Zimmermeister oben in der Haube zwischen jahrhundertealten Balken und Sparren, neben ihm ein gefülltes Glas. In 20 Metern Höhe unter dem Schutzdach spricht er nach altem Brauch ein Segenswort: „…schütz diesen Turm mit Gnaden / vor Feuer und vor Wasserschaden / vor Stürmen und vor Gewittern / nichts soll sein Gebälk erschüttern. / Die Zeit wird vergehen / doch Du wirst noch stehen / hoch oben im Wind, /wenn wir längst nicht mehr sind. So trink ich jetzt mein Gläschen aus / und bring dabei ein Prosit aus: Hoch! Hoch! Hoch!“. Der Meister leert sein Glas und zerschlägt es. Dann wird der symbolische letzte Holznagel in das Tragwerk eingeschlagen.

Auf der Zielgeraden

Die Turmhaubensanierung ist ein lang ersehntes Ziel. Über viele Jahre musste die Haube mit einer Noteindeckung aus Plane und Dachpappe ausharren. Zwar konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten bis 2016 den Turmschaft aufwendig stabilisieren, jedoch fehlte damals das Geld für die Haubensanierung. Das Sonderinvestitionsprogramm I macht nun die Sanierung des historischen Dachstuhls und die Neueindeckung möglich.

Die Zimmermannsarbeiten gehen zügig voran. Im Sommer 2025 soll die Sanierung abgeschlossen werden und die Haube fortan wieder mit altem Schwung in die Ferne wirken. Aber nicht nur die Fernwirkung für die Burgsilhouette spielt bei der Sanierung eine Rolle. Durch die bald wieder dichte Deckung wird die historische Haubenkonstruktion vor der am Holz zehrenden Feuchtigkeit geschützt und auch das bereits sanierte Turmmauerwerk des Palas vor Schaden bewahrt. Bei den Zimmermannsarbeiten wird im Bestand unter Erhalt möglichst großer Teile der Substanz gearbeitet.

Die kleine Schwester der Wartburg

Die Anfänge der Burg Weißensee reichen bis in die Romanik zurück. Im 12. Jahrhundert legte die Landgräfin Jutta den Grundstein für die mittelalterliche Burganlage. Errichten ließ die Bauherrin ihre wehrhafte Burg auf halber Strecke zwischen den Landgrafensitzen Wartburg und der Neuenburg bei Freyburg. Im Palas mit großem Saal wurde im Mittelalter gewohnt und gefeiert, ganz sicher auch den noch heute berühmten Minnesängern gelauscht.

Zur Burganlage gehört auch ein fünfgeschossiger Turm. Als Einheit geschaffen, stammt der Palas samt Turm noch aus der Erbauungszeit der Burg. In Notlagen war der Turm sicherer Rückzugsort. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg zum Schloss und zum Verwaltungssitz ausgebaut, in dieser Zeit kam es auch an Palas und Turm zu baulichen Veränderungen. Wie dendrochronologische Untersuchungen durch die Bauforscher zeigten, stammt auch die Turmhaubenkonstruktion noch aus dem 16. Jahrhundert.

Anke Pennekamp