Dekorationsmotive auf Schloss Friedenstein

Außen nüchtern, innen blumig

AllgemeinDenkmalpflegeKulturgeschichte
Blumen, Früchte und Girlanden, Bouquets und reich gefüllte Füllhörner – das sind Assoziationen, die dem Besucher von Schloss Friedenstein beim Anblick des eher nüchternen Gebäudes nicht als Erstes einfallen. Doch der äußere Eindruck der Strenge trügt.

Steigt man tiefer in die Schlossgeschichte ein, schaut in die Räume, in alte Inventare und Beschreibungen oder in die heutigen Depots, dann spiegelt sich über alle Jahrhunderte hinweg der Wunsch der jeweiligen Schlossbewohner, sich die Schönheiten der Natur auf die eine oder andere Weise ins Schloss zu holen. Dabei ändern sich natürlich ganz nach Zeitgeschmack und persönlichen Vorlieben die Formen, verfeinern und vervielfältigen sich.

Schloss Friedenstein in Gotha, Foto: STSG, Philipp Hort

Girlanden mit vielfältigen Blumen und Zweigen, verbunden mit Füllhörnern, reich gefüllt mit Früchten und Weintrauben sind die frühesten blumigen Zeugnisse, die wir im Friedenstein an den Stuckdecken im Nordflügel finden. Sie dienten nicht nur als Folie für die allegorischen Themen der Decke, sondern veranschaulichten auch symbolisch den Reichtum des Herzogstums. „Blumenwerck, Früchte und Guirlanden“ rahmten die Szenen der fast 40 Gobelins ein, die in den Haupträumen des Schlosses in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hingen.

Um 1712 kamen dann lunettenförmige Medaillons an der Decke des Schlafgemachs im ehemaligen Erbprinzenappartement, den heutigen Kunstkammer-Räumen im Nordflügel, hinzu. Die Medaillons, die das zentrale Deckenbild flankieren, füllte der italienische Maler Giovanni Francesco Marchini mit üppigen Blumenarrangements aus Astern, Rosen, Wicken und weiteren Sommerblumen in geflochtenen Körben, die von kleinen Putti präsentiert werden. Sehr phantasievoll wurde auch die Natur imitiert: Im Textildepot des Schlosses hat sich ein Paar „vergüldete holtzerne Eicheln“ erhalten, die um 1714/20 als Schmuck an der Bettstatt in eben diesem Schlafzimmer dienten.

Deckendetail im Geografiesaal von Schloss Friedenstein in Gotha,
Foto: Corpus Barocke Deckengemälde, Uwe Gaasch

Auch in den Räumen des Ostflügels, den ehemaligen Steingemächern, finden sich Blumenarrangements an der Decke des heute so genannten Geografiesaals, eine reiche Ausführung von sechs Lunetten mit Blumenstilleben, die sich hier mit Feldern kunstvoll verschlungener Initialen des Herzogs abwechseln.

Mitte des 17. Jahrhunderts, in der Zeit des übervollen Rokokos, lösten sich die floralen Stuckelemente aus dem Stuck heraus: In der Neufassung der vier Räume der Herzogin Luise Dorothea wächst jetzt der vegetabile Stuck über die Rahmen der Deckenbilder hinweg und überwuchert buchstäblich die Bildränder. Exotische kleine Bäumchen entwickeln sich und kleine geflügelte Drachen beleben die Decke.

Doch zurück zu den Blumen und Füllhörnern, die auch im 19. Jahrhundert immer wieder in den Räumen von Schloss Friedenstein ausgeführt wurden. Im Westflügel zog mit der Neugestaltung des Erbprinzenappartements der Klassizismus ein: Zarte, symmetrisch gestaltete Blumenarabesken wurden jetzt auf textile Tapeten gemalt, die sich gegenüber den Raumgestaltungen der vorangegangenen Jahrhunderte durch eine ungemeine Leichtigkeit auszeichnen. Man spiegelte die Natur buchstäblich ins Haus – ein ganzer Raum des Erbprinzen wurde als Laube gestaltet: Vielfältig rankende Zweige der blau-weiß blühenden Passionsblume prägen die Wände. Ursprünglich nur zurückhaltend entlang eines gemalten Gesimses ausgeführt, überdeckten sie später im üppigen Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts die gesamten Wände des Raumes.

Auch die gemalten Tapeten im Fliederzimmer im Westflügel wuchsen weiter zu: Aus den anfänglich zarten gelben und lachsfarbenen gefüllten Rosenbouquets, aus denen zarte Fliederranken emporstiegen, wurden Ende des 19. Jahrhunderts undurchdringliche Rosenbüsche – ein anderer Zeitgeschmack hatte Einzug gehalten, der auf Üppigkeit setzte und mit einem gewissen horror vacui leere Flächen zu füllen trachtete.

Tapetendetail im Fliederzimmer von Schloss Friedenstein in Gotha,
Foto: Irene Haberland

Blumenstillleben finden sich ebenfalls im Blauen Zimmer im Westflügel, wo sie als Aquarelle die 14 Bilderleisten bekrönen. Die weibliche Konnotation des Raumes spiegelt sich jetzt in den Arrangements der Stillleben: Frische Blumen bedecken einen Nähtisch oder fallen aus einem modischen blauen Schutenhut heraus, kleine Kästchen, eine Leier oder auch ein einfacher Spankorb dienen als Folie für zahlreiche Sommerblumen. In einem weiteren Raum findet sich ein rundes Regal mit drei Etagen, das um 1797 speziell für die Präsentation von Pflanzen entwickelt wurde – es stand in der Mitte des Raums oder in einer Fensternische und erlaubte eine reiche Präsentation von Zimmerpflanzen.

Auch die Möbel wurden mit Blumenmotiven geschmückt – im Depot von Schloss Friedenstein finden sich zahlreiche Beispiele von zierlich ausgeführten Stickereien, die die Natur ins Zimmer holten: Blumenmuster, Rosensträuße, Girlanden – es gab unendlich viele Motive, die hier als Vorbild dienten und in wundervoller Perfektion ausgeführt wurden.  

Irene Haberland

Neue Burgbrücke für das Oberschloss Kranichfeld

Brückenschlag mit Geschichte

AllgemeinBaugeschehenDenkmalpflege
Im Burggraben ragt ein Kran empor. Stück für Stück werden die tonnenschweren Teile der neuen Burgbrücke auf dem Oberschloss Kranichfeld an ihren Platz gehievt. Der Brückenbau ist Schwerstarbeit mit filigranen Seiten und wichtige Voraussetzung für das neue Burgerlebnis ab Sommer 2025 mit einer neuen Dauerausstellung.

Auf dem Oberschloss Kranichfeld ist noch heute viel alte Bausubstanz zu finden, sie reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Im 16. Jahrhundert wandelte sich die Burg zum Schloss, wenn auch der erste Eindruck von Westen her anderes vermuten lässt. Dort empfängt das Torhaus die Besucherinnen und Besucher. Sein Bruchsteinmauerwerk ist unverputzt, der Tordurchgang rund. Er wird von Schießscharten flankiert, über dem Tor ragt eine Pechnase hervor – ein kleiner Erker mit Öffnungen nach unten, der an Burgen die Verteidigung von oben ermöglichte. Rundum mittelalterlich mutet der kleine Anbau an, allerdings entstand er erst im 20. Jahrhundert.   

Torhaus und Burgbrücke auf dem Oberschloss Kranichfeld, Historische Porstkarte, Bildarchiv STSG

Auch eine kleine Burgbrücke, die den Graben von der Vorburg zur Kernburg überspannt, trägt zur mittelalterlichen Anmutung des Torhauses bei. Wie der Bau selbst, entstand sie 1906 und geht auf die Feder des auf den Burgenhistorismus spezialisierten Architekten Bodo Ebhardt zurück. Er legte die Brücke zweiteilig an, der größere Teil war aus Holz und feststehend, der kleinere Teil war wie eine Zugbrücke mit Ketten und Fallgatter gestaltet. Ab den 1960er Jahren wurde die Brücke mehrfach erneuert. Seit dem vergangenen Jahr hält sie die Fachleute wieder auf Trab. Da die letzte Brückenkonstruktion marode war, muss sie ersetzt werden.

Einbau der neuen Burgbrücke nach historischem Vorbild 2025,
Foto: STSG, Anke Pennekamp

Die neue Brücke folgt in der Gestaltung der Brückenidee von Ebhardt, als technisches Bauwerk muss sie sich aber auch heutigen DIN-Normen stellen. „Das Vorbild von 1906 mit den modernen Anforderungen an eine Brücke, den heutigen Richtlinien und Vorschriften auf einen Nenner zu bringen, gehörte zu den Herausforderungen bei diesem Projekt“, erklärt STSG-Baureferentin Carolin Schart.

Zwei sieben Meter lange Holzträger geben der neuen Holzbrückenkonstruktion ihren Halt. Der kleinere an das Torhaus anschließende Zugbrückenteil wird in Stahl mit Schutzgittern und Stahlketten nachgebildet, bleibt aber feststehend. „An sich sieht die Brücke recht unspektakulär aus, aber der Teufel steckt im Detail. Wir haben vor allem die Zugbrücke so filigran wie möglich gestaltet, durften dabei aber natürlich auch die Tragfähigkeit nicht aus den Augen verlieren.“ erklärt Schart.

In Einzelteilen wurde die neue Brückenkonstruktion in der Werkstatt vorgefertigt. Um ein späteres Verwinden des Holzes zu verhindern, wurden die Eichenträger in der Trockenkammer gut durchgetrocknet.

Mitte Februar 2025 war es dann so weit, an einem kalten Wintertag rollten zehn Meter Brücke vor dem Tor des Oberschlosses an. Per Kran wurde die Brücke eingehoben. Zusätzliche Verstrebungen mit Auflagern an den Brückenpfeilern im Burggraben geben der Konstruktion zusätzlichen Halt. 

Das Oberschloss Kranichfeld besitzt eine bewegte Geschichte. Von der Burg zum Renaissanceschloss im Laufe der Zeit gewandelt, brannte das Schloss 1934 zu einer Ruine aus. In der Folge sollte unter den Nationalsozialisten eine SS-Führerschule dort eingerichtet werden, für die Bauarbeiten wurden Zwangsarbeiter aus dem nahe gelegenen Konzentrationslager Buchenwald eingesetzt. Später wurden die Umbauarbeiten eingestellt. In den 1980er Jahren gründete sich eine Interessengemeinschaft aus ehrenamtlich Engagierten, die sich für den Erhalt der Anlage einsetzte.

Eine neue Dauerausstellung ab Sommer 2025 nimmt die Burg- und Schlossgeschichte in den Blick. Dann können die Besucherinnen und Besucher auch über die neue Brücke schreiten, bis zur Ausstellungseröffnung bleibt das Oberschloss noch geschlossen.

Anke Pennekamp

Tapetenkunst auf Schloss Altenstein

Mit dem Stechbeitel zum Prägemodel

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Auf der Werkbank setzt der Bildschnitzer den Beitel an. Langsam schälen sich Blätter und Blüten aus dem Holz. Eine Reliefplatte entsteht. Sie bildet den Anfang für ein besonderes Restaurierungsprojekt, das seine Wirkung an den Wänden des Festsaals von Schloss Altenstein entfalten wird.

Im richtigen Maß, nicht zu hoch, nicht zu tief muss das Relief stehen. Das Holz wurde gut durchgetrocknet, nichts darf sich später verziehen. Was der Bildschnitzer hier schafft, kann kein Druck- oder Fräsverfahren ersetzen, die individuelle Formensprache würde fehlen, die Kanten wären zu weich. Die kunstvolle Schnitzarbeit wird dann, wie noch ein paar weitere Reliefs, auf eine Holzplatte aufgebracht und dient als Holzmodell zum Abguss einer Positiv- und Negativplatte. Prägemodel werden so geschaffen. Mit ihnen werden wiederum in einem mehrstufigen Verfahren in einer anderen Werkstatt Tapetenbahnen geprägt. Sie sollen später die Wände des Festsaals und des Treppenhauses von Schloss Altenstein wieder zieren.

Das Sommerschloss auf dem Altenstein war Nebenresidenz der Herzöge von Sachsen-Meiningen. Herzog Georg II. ließ es Ende des 19. Jahrhunderts umfangreich umbauen und neu ausstatten. Was die restaurierten Schlossfassaden von außen heute nicht erahnen lassen: das Innere des Schlosses befindet sich im Rohbau. 1982 brannte die Sommerresidenz aus, nur wenige Stücke der Innenausstattung konnten den Flammen trotzen. Dank des von Bund und Land geförderten Sonderinvestitionsprogramms I kann die Innensanierung des Schlosses jetzt abgeschlossen werden.

Inspiriert wurde der historistische Schlossbau durch englische Einflüsse. Nicht nur die äußere Schlossgestalt mit den markanten bow windows und geschweiften Knickgiebeln ist von Landsitzen in der Nähe Londons wie Hatfield House und Knole beeinflusst. Auch die Innenausstattung lässt englische Bezüge erkennen. So wies das Treppenhaus mit detailreich geschmücktem Geländer, Balustern und musizierenden Figuren große Ähnlichkeit zu den Grand Staircase in Hatfield House auf. Belichtet wurde es durch ein mehrteiliges großes Bleiglasfenster. Die Wände wiederum waren von Tapeten mit filigranen floralen Motiven geschmückt. 

Auch der Festsaal des Schlosses, der über zwei Geschosse reichte, war von Tapeten geziert. Über den Wandvertäfelungen zogen sich die Bahnen mit großen goldenen floralen Motiven bis zur Kassettendecke hinauf. Wie restauratorische Untersuchungen zeigten, bestanden die Bahnen aus Leinwand und waren mit einer Papierlage hinterlegt. Zusammen wurden die beiden Schichten geprägt. Optisch imitierten sie Ledertapeten. Das Musterrelief entstand durch eine Walzenprägung. Die Blüten und Blätter wurden durch eine dünne Schicht Messing betont und hoben sich vor einem Grund in sattem Rot dadurch noch einmal mehr ab.  

Ein Fragment der Tapete des Festsaals hat sich auf dem Einband eines alten Fotoalbums erhalten, Foto: STSG, Gydha Metzner

Die Restauratoren gingen auch der Herkunft der Tapeten auf die Spur. Sie wurden einst in Schottland bei der Firma Scott Morton & Tynecastle Tapestries produziert. In den alten Musterbüchern des Unternehmens finden sich noch heute auch die Prägemuster vom Altenstein.

Im Zuge der Sanierung werden im Schloss Altenstein der Festsaal und Teile des Treppenhauses nach historischem Vorbild wiederhergestellt, dabei kehren auch die historischen Tapetenmuster an die Wände zurück. In der Restauratorenwerkstatt lebt dafür ein Stück alte Handwerkskunst wieder auf.  

Anke Pennekamp

Untersuchungen für die Sanierungsplanung auf Schloss Sondershausen

Vom Suchschnitt bis zum Georadar

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Schloss Sondershausen ist ein Schwergewicht und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Das macht sich auch beim Bauen bemerkbar. An über 100 Stellen mussten Experten nachschauen, um dem Bauwerk und seinen Schäden auf die Schliche zu kommen.

Rund 700 Jahre gewachsene Schlossgeschichte stecken im Sondershäuser Residenzbau. Allein der Ostflügel besitzt acht Stockwerke vom Keller bis zum Dach. Rund 7500 Quadratmeter Geschossfläche ballen sich allein in den alten Flügeln. Hinzu kommen hunderte Fenster und ein rund 40 Meter hoher Schlossturm, die das Schloss unter einem Dach vereint. 

Schloss Sondershausen, Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Groß ist auch das Vorhaben, das die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten auf Schloss Sondershausen vorbereitet, wie könnte es anders sein. Gemeint sind statische Sicherungsmaßnahmen an den ältesten Flügeln. Am Alten Nordflügel mit dem Schlossturm und dem Ost- und Südflügel muss die Konstruktion gesichert und verstärkt werden, außerdem ist ein erster Sanierungsabschnitt am Dach geplant. Ein nicht nur aufgrund der Schlossdimensionen großes Unterfangen – komplexe Schäden am ineinander verschachtelten Bau, die miteinander in Wechselwirkungen stehen, machen es schon in der Planung zu einem Großprojekt.

Umbauten über die Jahrhunderte, Aufstockungen, neue Nutzungen mit neuen Lasten und natürlich das Alter haben an konstruktiven Verbindungen, Balken, Sparren, Mauern und wertvollen Raumfassungen gezehrt. Hinzu kommen starke Setzungen im Boden durch den früheren Bergbau in der Region. Seit dem 19. Jahrhundert werden in Sondershausen Kalisalze abgebaut. Alles zusammen hat zu Verschiebungen im Baugefüge des Schlosses geführt. Mit den Sanierungsmaßnahmen im Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) sollen die Alten Flügel wieder auf feste Füße gestellt werden.

Vom Aufmaß bis zur Lastflussberechnung

Ein durch die STSG zusammengestelltes Planungsteam mit verschiedenen Experten von Architekten über Statiker bis zu Bauforschern und Restauratoren bereitet derzeit das Konzept für die Sanierung vor. Aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse sind auch Geologen mit von der Partie.

In den letzten zwei Jahren fanden dafür vom Keller bis zum Dach umfangreiche Untersuchungen statt – Aufmaße, dendrochronologische Holzuntersuchungen, Georadarmessungen und vieles mehr. Jeder Sparren im Sanierungsbereich wurde vermessen, die Schäden im statisch-konstruktiven System wurden analysiert und genau kartiert und Spezialisten vollzogen den Lastfluss vom First bis zum Kellergewölbe nach, spürten sogar Hohlräumen mit Radar im dicksten Pfeiler nach.

Das Planungsteam bei der Beratung in einem der Kellergewölbe und den alten Flügeln von Schloss Sondershausen, Foto: STSG, Jana Lorenz

Expertenblick durchs Schlüsselloch

Unerlässlich sind für die Experten auch Gucklöcher in die Baugeschichte – Bauteilöffnungen. Um Deckenaufbauten zu untersuchen und Zustände von konstruktiven Knotenpunkten stichprobenartig zu prüfen, ist der Blick unter Parkett und hinter Raumschmuck wichtiges Hilfsmittel. Über 100 Bauteilfreilegungen ermöglichten den Fachplanern auf Schloss Sondershausen, ein genaueres Bild über die komplexen Schäden und die vielschichtige Umnutzungs- und Baugeschichte zu gewinnen. Einige weitere Bauteilfreilegungen werden noch folgen. Denn auch für die Planung der statischen Sicherungen sind Sondierungen wichtig, um unter anderem Anbindepunkte und Auflager zu prüfen und auch nutzbare Hohlräume in der historischen Baukonstruktion aufzuspüren. Die Erkenntnisse sind für die Planung der zukünftigen Verstärkungen und vor den Augen verborgene Ertüchtigungen des Tragwerks unerlässlich.    

Bauteilöffnung im Sanierungsbereich auf Schloss Sondershausen, Foto: STSG, Anke Pennekamp

2026 sollen die Bauarbeiten im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen an den alten Flügeln des Residenzschlosses starten. Gerade arbeitet das Planungsteam an den Konstruktionsdetails.  

Anke Pennekamp

Schloss Schwarzburg

Schlossgeschichte neu erschlossen

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm IVermittlung
Kein Olymp mit auf Wolken gebetteten Göttern, keine vergoldeten Putti Hand in Hand und auch keine ornamentreichen Seidenbespannungen an den Wänden. Schloss Schwarzburg ist die Stammburg der Grafen und Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt und wurde im 18. Jahrhundert umfangreich ausgebaut. Beim Besuch des Hauptgebäudes wird jedoch schnell klar: das Sommerschloss im Schwarzatal ist kein gewöhnliches Barockschloss.

 

In den 1940er Jahren wurde unter den Nationalsozialisten mit dem Umbau von Schloss Schwarzburg zum Reichsgästehaus begonnen. Das Hauptgebäude wurde entkernt, Wandmalereien und Stuckdecken wurden zerstört, Wände herausgerissen und ganze Schlossflügel abgetragen. Kleine Teile der ehemaligen Pracht sind noch erhalten, denn die Umbauarbeiten wurden 1942 eingestellt. Das Schloss blieb als Bauruine zurück.

Schloss Schwarzburg, Hauptgebäude, Foto: STSG, André Kranert

Die Nationalsozialisten wollten eigentlich weiterbauen, dazu kam es allerdings nie. Die Spuren der bewegten Schlossgeschichte blieben erhalten. Nach knapp 80 Jahren als Bauruine ist das Hauptgebäude heute teilsaniert. Im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen konnten zwischen 2019 und 2021 die ersten beiden Räume im Inneren wieder nutzbar und zugänglich gemacht werden.

Im Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) stehen jetzt zwei weitere wichtige Ausbauschritte im Hauptgebäude an. Im 2019 neu errichteten nördlichen Gebäudeabschluss mit Treppenhaus wird ein Fahrstuhl eingebaut, damit die Schlossgeschichte für alle erschlossen werden kann. Im Erdgeschoss entsteht zudem ein neuer Empfangsbereich mit Garderobe und Sanitäranlagen.

Wenn sie auch auf den ersten Blick unscheinbar wirken, werden mit den Baumaßnahmen im SIP I zwei wichtige Schritte für die Nutzung von Schloss Schwarzburg getan. Denn auch in Sachen Vermittlung tut sich dort einiges. 2024 gaben sich im Hauptgebäude rund 350 Schülerinnen und Schüler die Klinke in die Hand und konnten im Rahmen von Führungen, Workshops, Ferienfreizeiten und mit einer digitalen Schnitzeljagd, einem Actionbound, die Geschichte des  Schlosses entdecken oder an Demokratiebildungsangeboten teilnehmen.

Im Kontext des Vermittlungs- und Digitalisierungsprojekts SchlösserWelt Digital&Original wird das Hauptgebäude seit 2022 durch die STSG zum außerschulischen Lernort entwickelt. Durch das Testen und Evaluieren der Lernangebote können die Schülerinnen und Schüler auch selbst an der Weiterentwicklung des Lernortes mitwirken. Darüber hinaus organisiert der Lernort Weiterbildungen für Lehrkräfte durch ausgewiesene Expertinnen und Experten, in denen Themen der deutschen Geschichte in ihren regionalgeschichtlichen Auswirkungen dargestellt und diskutiert werden.

Die neuen Vermittlungs- und baulichen Erschließungsprojekte werden durch Mittel von Bund und Land ermöglicht. Die große Resonanz bereits in den vergangenen Jahren zeigt beispielhaft, dass Bauwerke vielschichtige und anregende Zeitzeugnisse und besondere historische Quellen für den außerschulischen Unterricht sein können.

Anke Pennekamp

Der außerschulische Lernort Schloss Schwarzburg bleibt auch 2025 zugänglich, trotz Bauarbeiten

Kontakt für Schulen und Interessierte: lernort@thueringeschloesser.de

Musterachsen für die Sanierung der Säulensäle auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt

Per Feinschliff zum Seidenglanz

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Der Restaurator hält ein kleines Polierpad in der Hand. Das besonders feinkörnige Polierpapier reibt sanft über den roten Stuckmarmor in der Fensterlaibung. Schnell werden Schmutz und der Schleier vieler Jahrzehnte abgetragen, die marmorierte Oberfläche mit ihren Adern und Farbeinschlüssen erscheint wieder im sanften Glanz vergangener Zeiten.

In den Säulensälen von Schloss Heidecksburg ballt sich dieser Tage restauratorische Expertise, es werden Material, Technik, Oberflächenbeschaffenheit und Farbnuancierung diskutiert und Varianten erprobt. Musterachsen werden angelegt, die für die Planung der Restaurierungsmaßnahmen zur Konservierung der wertvollen Oberflächen wichtige Tests sind.

In den Säulensälen im Südflügel von Schloss Heidecksburg werden Musterachsen für die Sanierung angelegt,
Foto: STSG, Carolin Schart

Bei der Ausstattung der neuen Wohn- und Festsäle im Erdgeschoss des Südflügels von Schloss Heidecksburg sparte die fürstliche Familie Anfang des 19. Jahrhunderts nicht an Stuckmarmor und Wandvertäfelungen, auch Tapete gehörte zum hohen Anspruch. Rund 200 Jahre später wollen Gips, Holz und Papier von fachkundiger Hand restauriert werden. In einer Fensterlaibung an der Südseite des östlichen Saals und an einigen weiteren Stellen werden dafür Musterflächen angelegt. Reinigungs- und Konservierungsvarianten werden daran erprobt.

Die Wandverkleidungen in den Säulensälen von Schloss Heidecksburg imitieren Marmor mit Hilfe spezieller Gipsrezepturen. Die Marmorierung entsteht durch unterschiedliche Konsistenzen, wodurch sich beim Kneten der Masse Adern und Farbeinschlüsse ausbilden. Für den Stuckmarmor der Säulensäle wurde der Gips mit Alabaster aus dem nahe der Rudolstädter Residenz gelegenen Steinbruch bei Allendorf vermischt. Risse im Stuckmarmor können die Restauratoren durch Gips retuschieren, dabei kommt es allerdings unter anderem auf die richtige Farbnuancierung und auch Konsistenz des Materials an. Ein herausforderndes Unterfangen, das Geduld, Feingefühl und Tests bedarf.

Auch die Wandvertäfelungen, Lambris, im mittleren Säulensaal werden untersucht. Die Sonne hat sie auf der Südseite des Saals ausgeblichen, die Lackierung ist geschwunden. Auf der Nordseite ist der Schellack zu großen Teilen auf dem Holz noch intakt. Der Holzrestaurator erprobt auch für die Lambris verschiedene Restaurierungsvarianten.

Bei der Sanierung der drei Säle geht es vorranging um die Tragkonstruktion. Durch die statischen Schäden wurden aber auch die wertvollen Oberflächen in Mitleidenschaft gezogen. Zur Untersuchung, wie tief die Schäden reichen, waren schon im vergangenen Jahr Bauteilöffnungen vorgenommen worden. So können die Experten einen unerlässlichen Blick unter Wandschmuck und Parkett werfen. Auch die namensgebenden Säulen mit tragender Bedeutung wurden dabei vom Kapitell bis zum Postament bis unter die Schale untersucht. Im Planungsteam für die Sanierung arbeiten Architekten, Restauratoren, Statiker, Bauforscher und viele weitere Experten dabei Hand in Hand. In Zusammenhang mit der Stabilisierung werden auch die Oberflächen restauriert.

Möglich macht die Sanierung der Säulensäle von Schloss Heidecksburg das von Bund und Land geförderte Sonderinvestitionsprogramm I. 2026 sollen die Bauarbeiten in den Sälen starten.

Anke Pennekamp

Bauarbeiten im SIP I auf Schloss Altenstein

Richtfest für den Küchenbau

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
„Mit Gunst und Verlaub!
Meister, Gesellen und ehrbare Leut´
nach Wochen schwerer Arbeit ist Richtfest heut´.
Zum Rohbau gefügt mit kundiger Hand
steht stolz dieses Haus von Meisterhand.“
(Richtspruch für den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein)

Wo früher für die Herzöge von Sachsen-Meinigen und ihre kulturschaffenden Freunde und Bekannten gebrutzelt, gekocht und angerichtet wurde, sind Mitte Dezember 2024 Handwerker, Architekten, Planer, Projektverantwortliche, Förderer und Freunde von Schloss Altenstein zusammengekommen. Anlass für das gesellige Zusammensein auf der Küchenterrasse hinter dem Schloss ist die Sanierung des herzoglichen Küchenbaus. Ein Meilenstein ist erreicht und die Freude groß, das Fachwerk des herzoglichen Küchenhauses aus dem 19. Jahrhundert ist saniert.

Historischer Küchenbau während der Sanierung im Januar 2025,
Foto: STSG, Toni Kepper

Auf dem breiten Dachüberstand des neuen alten Dachs steht an diesem Dezembertag, an dem Schnee in der Luft liegt, der Zimmermeister in seiner schwarzen Kluft bereit. Die roten, grünen, weißen und gelben Bänder des Richtbaumes wehen im kalten Wind, während er den Richtspruch verliest. Der Segen endet traditionsgemäß schmetternd: „Der alten Väter Sitte gleich ein volles Glas man mir nun reicht. Das – um dem Richtbrauch zu genügen – ich leeren will in drei Zügen… Den letzten Schluck und dies Glas fürwahr bring ich dem Hause selber dar. Glück und Segen bis unter das Dach so wahr es zerschellt mit klirrendem Krach!“. Nachdem der Segen gesprochen, das Glas geleert und das glücksbringende Klirren ertönt ist, wird noch der symbolische letzte Nagel eingeschlagen, nach altem Brauch übernimmt dies der Hausherr oder die Hausherrin. Seit 1995 gehört Schloss Altenstein zum Eigentum der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Unter den wachen Augen des Zimmermeisters schlägt deshalb Stiftungsdirektorin Dr. Doris Fischer den letzten Nagel ein. 

STSG-Direktorin Dr. Doris Fischer schlägt den symbolischen letzten Nagel am herzoglichen Küchenbau ein, Foto: STSG, Franz Nagel
Das Küchenhaus mit neuem Dachstuhl nach historischer Gestaltung,
Foto: STSG, Franz Nagel

Kleinod der Fachwerkkunst

Der historische Küchenbau ist ein kleiner Fachwerkschatz, was auch seine Sanierung selbst für erfahrene Zimmermänner zu keinem alltäglichen Projekt macht. Die steile Dachkonstruktion mit charakteristischem breiten Dachüberstand erinnert an Pagoden. Für einen schwungvollen Übergang sorgen von der Dachkonstruktion bis zur Fachwerkwand unter anderem Aufschieblinge und gerundete Knaggen. Über die Zeit hatten die Witterung und der Hausschwamm am Küchenbau stark gezehrt und große Schäden an der Holzkonstruktion hinterlassen. Bei der Sanierung finden historische Bauteile wie Balken und Bretterverschalungen Wiederverwendung.

Saniertes Fachwerk am historischen Küchenbau von Schloss Altenstein,
Foto: STSG, Toni Kepper

Mit herzoglichem Auge fürs schmucke Detail

Der Küchenbau von Schloss Altenstein entstand im Zuge eines historistischen Schlossumbaus Ende des 19. Jahrhunderts unter Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen. Über einen Verbindungsgang konnte die Dienerschaft trockenen Fußes mit Speis und Trank vom Küchenbau ins Schloss gelangen. Im Inneren nahm die Küche den größten Raum des Gebäudes ein. Sie hatte keine Decke, sodass der Blick direkt in den bretterverschalten und in weiß-blauer Farbe gefassten Dachstuhl fiel. Die Wände waren von tausenden Fliesen geschmückt, die der Herzog schon damals nach Katalog ordern ließ. Die historischen Wandfliesen sind in großer Zahl noch heute erhalten und zeigen Blütenmotive in Blau auf weißem Grund. Sie wurden für die Sanierung behutsam abgenommen und werden derzeit in der Werkstatt restauriert.

Vor Sanierungsbeginn – Blick in den historischen Küchenbau von Schloss Altenstein, Foto: STSG, Constantin Beyer

Ein besonderes Stück Handwerkskunst wird zukünftig auch das markante Dach des Küchenbaus wieder schmücken. Glasierte Ziegel in changierendem Grün schimmerten dort einst in der Sonne. Als Überraschung zum Richtfest konnte STSG-Direktorin Fischer verkünden, dass die nur noch in geringen Teilen erhaltene historische Dachdeckung dank einer Förderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) in ihrer besonderen Qualität vollständig wiederhergestellt werden kann.

STSG-Direktorin Dr. Doris Fischer, STSG-Restauratorin Gydha Metzner und Guido Siebert von der DSD (v.l.n.r.) zeigen die Musterziegel nach historischem Vorbild,
Foto: STSG, Franz Nagel

Sanierung von Schloss Altenstein im Sonderinvestitionsprogramm I

Im SIP I wird auf Schloss Altenstein die Sanierung des in den 1980er Jahren ausgebrannten Schlosses abgeschlossen. Dazu gehören auch die Sanierung des historischen Küchenbaus samt zugehöriger Terrasse hinter dem Schloss sowie die Sicherung des daran anschließenden Turmstumpfs der Vorgängerburg. Während im Schloss derzeit haustechnische Installationen und Rohbauarbeiten voranschreiten, ist die Fachwerkkonstruktion des Küchenhauses bereits saniert. Im Spätsommer 2025 soll die Sanierung des Küchenbaus abgeschlossen werden.

Für Schloss Altenstein stehen im Rahmen des SIP I rund 13 Millionen Euro zur Verfügung. Das SIP I der STSG hat ein Volumen von insgesamt 200 Millionen Euro, mit dem insgesamt 23 Sanierungsprojekte an Kulturdenkmalen in ganz Thüringen umgesetzt werden. Finanziert wird das Programm jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Thüringen.

Mit der Sanierung des historischen Küchenbaus von Schloss Altenstein rettet das Programm auch einen besonderen Leckerbissen der Denkmal- und Schlossgeschichte auf dem Altenstein. In den Genuss der Köstlichkeiten aus der herzoglichen Küche kamen früher auch die Gäste des Herzogspaares zu denen unter anderem der Komponist Johannes Brahms gehörte. In einem Brief an Clara Schumann schwärmt er vom Altenstein: „Hier vergeht ein Tag nach dem andern so leicht und schön, daß man schwer zum Abfahren kommt. Dazu geht die […] Schlemmerei so fort! Jeden Tag Champagner und was sonst für Herrlichkeiten.“

Anke Pennekamp

Die kalte Jahreszeit in Burgen und Schlössern

Pracht mit kalten Füßen

AllgemeinKulturgeschichte
Eindruck machen – das spielte eine erhebliche Rolle beim Bau von Burgen und Schlössern. Im Winter konnte es in den prachtvollen Bauten aber auch mal kalt werden.

Exponierte Lage, hohe Mauern, viele Fenster, große Räume waren wichtige Träger einer Botschaft. Repräsentative Architektur war Ausdruck eines Anspruchs auf Herrschaft, sie sollte das Anrecht ihrer Bewohner auf Vormacht belegen. Natürlich ging es nicht nur um die Signalwirkung. Eine Burg des Mittelalters bot die Möglichkeit zu Sicherung und Verteidigung und erlaubte so die praktische Ausübung von Herrschaftsrechten wie dem Eintreiben von Abgaben oder dem Sichern territorialer Ansprüche. Später wandelten sich die Funktionen. Ein Schloss der Frühen Neuzeit diente weniger militärischen Zwecken, es beherbergte den wachsenden Hofstaat und bot mit Appartements und Sälen die Bühne für das immer ausgefeilter werdende Zeremoniell, die Kommunikationsgrundlage des europäischen Netzwerks der Höfe.

Burgruine Henneberg, Foto: Viktor Schmidt

Jenseits von Macht und Herrschaft waren Burgen und Schlösser Orte des Alltagslebens. Dafür boten die auf Repräsentation angelegten Eigenschaften von Herrschaftsbauten nicht immer den idealen Rahmen. Nicht selten lebten fürstliche Familien nicht alltäglich in den prachtvollen großen Räumen, sondern verfügten über private Bereiche in bescheideneren Dimensionen. Vor allem in der kalten Jahreszeit waren besondere Vorkehrungen und einiger Aufwand nötig, um für etwas Komfort zu sorgen.

Veste Heldburg, Foto: Deutsches Burgenmuseum, Björn Chilian

Die Mauern mittelalterlicher Burgen boten zwar Schutz vor Angreifern und Eindringlingen, aber kaum vor winterlicher Kälte. Die häufig in repräsentativen Räumen eingebauten Kamine entfalteten nur lokale Wärme, selten waren Heißluftkanäle unter Fußböden nach dem Vorbild der römischen Antike, die vor allem in Klöstern verbreitet waren. In Burgen musste man sich meist mit offenen Feuerstellen begnügen. Wandteppiche, Vorhänge und Holzvertäfelungen halfen, die Abgabe der Wärme an die steinernen Wände zu verlangsamen. In den Häusern wohlhabender Bürger, aber auch gelegentlich in Burgen, waren Bohlenstuben eine beliebte Lösung. Aus dicken Brettern wie autarke Räume in größere Bauwerke eingesetzt, hielten sie auf begrenztem Raum die Wärme besser. Oft waren sie die einzigen gut beheizbaren Räume in einem Gebäude.

 
Die Entwicklung von Kachelöfen im Spätmittelalter brachte entscheidende Verbesserungen für das winterliche Leben auf Burgen mit sich. Sie speicherten die Wärme länger und gaben sie kontrollierter ab, mit ihnen konnte man mehrere Räume parallel heizen, sie waren energieeffizienter als Kamine und gaben ihren Rauch vollständig über Schornsteine nach außen ab.

Prunkkamin auf der Veste Heldburg, Foto: STSG, Constantin Beyer

Öfen begleiteten die Entwicklung von der Burg zum Schloss, vom trutzigen Wehrbau zum repräsentativen Herrschersitz. Kamine dienten in Schlössern kaum mehr als Wärmequellen, sondern wurden zu Gestaltungselementen vor allem in Sälen. Öfen hingegen wurden nun in zahlreichen Wohnräumen eingebaut. Nicht nur die Öfen selbst waren aufwendig herzustellen, auch ihre Beheizung erforderte ausreichend Brennstoff und Arbeitskraft. Die Beheizung eines Schlosses war also auch eine Ressourcenfrage im Hinblick auf Material und Personal. Selbstbewusst zeigte deshalb die Zahl der oft kunstvoll gestalteten Schornsteine am Dachfirst an, wie reich ein Schloss mit Heizquellen ausgestattet war.

Säulensäle von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt, Foto: STSG, Thomas Müller

So traditionsbewusst Schlösser über die Jahrhunderte bewahrt wurden, so sehr war man dennoch an zeitgemäßem Komfort interessiert. Vor allem im späten 19. Jahrhundert führte das zu kleinen technischen Revolutionen in vielen Schlössern. Elektrischer Strom hielt Einzug in barocke Prachträume, Badezimmer und Wasserklosetts wurden an unauffälligen Stellen integriert, und nicht zuletzt ersetzten oder ergänzten auch moderne Heiztechnologien die zahlreichen Kamine und Öfen. Auch von diesen Veränderungen hat sich noch vieles in Schlössern erhalten, man sieht es oft erst auf den zweiten Blick.

Pflanzen im Lorbeerhaus in der Herzoglichen Orangerie in Gotha,
Foto: STSG, Constantin Beyer

Nicht nur für das Wohlbefinden von Schlossbewohnern wurde im Winter baulicher und organisatorischer Aufwand betrieben. Auch für die exotischen Pflanzensammlungen war keine Mühe zu groß. Kübel mit Zitrusbäumchen und Lorbeer gehörten im Barock zu den wertvollsten Schätzen, über die ein Fürst verfügen konnte. Später kamen Palmen, Ananas, Oleander und viele andere aus südlicheren Klimazonen stammende Gewächse hinzu. In repräsentativen Orangeriebauten erhielten sie ihre Winterquartiere. Für Frostfreiheit sorgten ausgeklügelte Heizungsanlagen, oft mit Warmluftkanälen im Boden. Zu warm durfte es aber auch nicht werden. Damit konstante Temperaturen herrschten, taten in den Wintermonaten eigens beauftragte Heizer ihren Dienst, die auch nachts das Feuer im Ofen in regelmäßigen Abständen am Laufen halten mussten. Das Erfrieren der versammelten Pflanzenraritäten hätte einen großen materiellen Verlust bedeutet, im 18. Jahrhundert kostete ein Zitrusbaum mehrere Monatseinkommen eines einfachen Hofangestellten. Es wäre zudem ein Rückschlag im Hinblick auf die Reputation gewesen – die mythologisch bedeutsamen Pflanzen im mitteleuropäischen Klima zu Blüte und Frucht zu bringen, galt auch als Statussymbol und unterstrich den Herrschaftsanspruch eines Fürsten.

Franz Nagel

Entschlammung im Schlosspark Molsdorf

Gewässer in der Kur

BaugeschehenDenkmalpflegeGartenkultur
Die reinste Schlammschlacht steht in den nächsten Monaten im Schlosspark Molsdorf an. Der Hintergrund ist friedlich, es geht um das ökologische Gleichgewicht der Gewässer. Ablagerungen haben die Schlossteiche und den Kanal verschlammt, das Wasservolumen ist stark abgesunken, um die Gewässer – die Biotope und zugleich wichtige Merkmale der historischen Parkanlage sind – zu erhalten, muss saniert werden.

Schon lange war klar, die Entschlammung ist unumgänglich, doch das notwendige Geld für die rund 900.000 Euro teure Maßnahme fehlte. Ende November 2024 konnte nun das Ablassen des Wassers aus den Teichen und dem Kanal beginnen. Wenig spektakulär, aber mit großer Wirkung wurden die ersten Staubretter aus dem Regulierungsschacht gezogen.

Wasserspiele mit System

Die Staubretter sind Teil eines ausgeklügelten Wassersystems, das durch den Park verläuft und noch aus Barockzeiten stammt. Im 18. Jahrhundert erwarb der Jurist Graf Gustav Adolf von Gotter, dem bis heute der Ruf eines Lebemanns nachhängt, Schloss Molsdorf – eine frühere Wasserburg bei Erfurt – und ließ das Schloss nach damaligen barockem Zeitgeschmack ausbauen. En vogue waren in der Gartenkunst damals auch Wasserspiele, die im gleich mit angelegten Schlossgarten natürlich nicht fehlen durften. Neben einem Bassin, einem Wasserbecken am Schloss, flankierten zwei Wasserkanäle die geordneten geometrischen Rasenflächen und schnurgeraden Wege, die alle auf das Schloss ausgerichtet waren. Die Kanäle wurden von einem Zulauf am südlichen Hirschgraben gespeist, der nach einer dort aufgestellten Hirschskulptur benannt war. Über den Graben und die Kanäle wurde das Wasser zu den Wasserspielen geleitet zu denen unter anderem eine Kaskade, eine Wassertreppe, und Brunnen gehörten.

Historischer Plan des Schlossgartens Molsdorf, Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha

Im 19. Jahrhundert zog auch in den barocken Schlossgarten Molsdorf die neue Mode des Landschaftsgartens ein. Von England ausgehend, sollten die Parkanlagen einem neuen „natürlicheren“ Gartenideal entsprechen, wenn die Parkbilder auch weiterhin durchkomponiert blieben. Auch im Schlosspark Molsdorf wurden neue Gehölzpflanzungen angelegt und die geometrischen Rasenflächen aufgelöst. Das Wasser spielte weiterhin eine wichtige Rolle. Zu dieser Zeit entstand auch der große sichelförmige Parkteich. Eine Besonderheit in Molsdorf ist, dass bei der Umgestaltung der Gartenanlage, einige Elemente des Barockgartens mit seinen Wasserspielen erhalten blieben. Die Kaskade blieb in ihren Strukturen ablesbar, auch der Hirschgraben und der westliche Kanal sind erhalten. Überdauert hat mit Umgestaltungen auch der Teich am Schloss. Auch die geraden Wegeachsen wurden teilweise in den Landschaftspark integriert und mussten nicht wie sonst oft einem schwungvolleren Verlauf weichen.

Gewässersanierung

Im Zuge der Gewässersanierung wird erst das Wasser aus den beiden Teichen, dem verbindenden Kanal und dem Hirschgraben abgelassen. Das passiert langsam, damit der abgelagerte Schlamm nicht aufgewühlt und fortgespült wird. Ab Februar 2025 wird der abgelagerte Schlamm dann ausgebaggert und auf einer Fläche neben dem Park zwischengelagert, damit er vor dem Abtransport austrocknen kann.

In den entschlammten Bereichen wird anschließend die Uferbefestigung erneuert. Sie besteht traditionell aus Holzpfählen und quergelegten Bohlen, die nach Jahrzehnten marode geworden sind. Parallel zum Kanal wird in diesem Zusammenhang zudem ein historischer Weg mit Rondell zurückgewonnen. „Dort gab es im 19. Jahrhundert einen geschwungenen Weg“ erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. „Wir brauchen an dieser Stelle ohnehin eine Baustraße bis zum Schlossteich für die Entschlammung, damit haben wir schon einmal den festen Unterbau und können dann zum Schloss die wassergebundene Decke auftragen. Wir erreichen also zwei wichtige gartendenkmalpflegerische Ziele auf einmal.“

Sonderinvestitionsprogramm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Vom Nadelöhr bis zu sich biegenden Sparren

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Ein Kulturgutrettungsprogramm mit einem Volumen von 200 Millionen Euro, finanziert durch Bund und Land. 23 Sanierungsprojekte über ganz Thüringen verteilt von der Burgruinensicherung bis zur statisch-konstruktiven Schlossflügelsanierung – das ist das Sonderinvestitionsprogamm I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Ein kleiner Rückblick auf Laufendes, Geschafftes und 2025 Anstehendes.

Während 2024 auf den Burgruinen Ehrenstein und Bad Liebenstein unermüdlich auch im zweiten Bauabschnitt dutzende Quadratmeter historischen Mauerwerks vom Naturstein bis zur Fuge in die Kur genommen wurde, starteten in Schleusingen auf Schloss Bertholdsburg an einem zentralen Nadelöhr die Grob- und Feinarbeiten. Denn die historische Zugangsbrücke der ehemaligen Residenz der Grafen von Henneberg, die zugleich auch einzige Zufahrt zur Burg ist, wird saniert. Auch auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden begann nach sorgfältiger Planung das Bautreiben. Hier wird das Natursteinmauerwerk der Stützmauern saniert. Da baumeln auch mal die Beine vom Gerüst, wenn an den flächendeckenden Mauerwerksfugen im Sitzen und Stehen alter Mörtel entfernt und neu verfugt wird. Unscheinbar, aber mit großer Bedeutung, halten die historischen Mauern das Schlossplateau seit Jahrhunderten optisch und wortwörtlich zusammen.

Stützmauersanierung auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden,
Foto: STSG, Thomas Müller

Sowohl ums Mauerwerk als auch um die historische Turmhaubenkonstruktion ging es 2024 auf der Burg Weißensee – und das gleich parallel. Während in knapp 30 Metern Höhe die über 400 Jahre alte Turmhaubenkonstruktion mit ihren besonderen Kniffen zimmermannsmäßig repariert wurde, begann nur ein paar Meter weiter auch die Sanierung von rund 50 Metern der Umfassungsmauern um die Burg. Die einst schützende und stützende Mauer driftet und baucht sich aus. Durch Ankervernadelungen bekommt sie neuen Halt. Gleichzeitig wird an der Ringmauer auch ein neuer zweiter Rettungsweg geschaffen, für den die Bagger behutsam und unter dem strengen Auge der Archäologen den Weg ebneten. Denn im SIP I geht es nicht nur um dringend notwendige statische Sicherungen für den Denkmalerhalt, sondern auch um neue und verbesserte Nutzungsmöglichkeiten und wichtige Themen wie Brandschutz und barrierearme Erschließung, damit Kulturgut für alle erschlossen werden kann. Auf Schloss Sondershausen wurden mit den ersten beiden abgeschlossenen SIP-Projekten dafür bereits zwei Meilensteine im Programm erreicht. Am Westflügel sind 73 Fenster saniert – nicht nur ästhetisch, sondern auch energetisch ein großer Gewinn. Die nun wieder dichten Fenster geben den Blick auf das zweite abgeschlossene SIP-Projekt frei, wenn es die neuen Wegedecken und Oberflächen im Lustgarten des Schlosses auch nicht mehr erahnen lassen. Um den Westflügel wurde das unterirdische Entwässerungsnetz saniert, über ein Kilometer Leitungen, Kabel und Rohre wurden dafür saniert und neu verlegt. Nicht weit entfernt schlummert im Boden verborgen nun auch eine moderne Löschwasserzisterne, die rund 200 Kubikmeter Wasser fasst und ihren ersten Einsatz im Rahmen einer Feuerwehrübung bereits erfolgreich absolviert hat.

Seit November wächst auch am Torhaus von Burg Ranis, in dem sich vom Keller bis zum Dach 800 Jahre Burggeschichte ballen, ein Gerüst empor. Die Sanierung hat begonnen. Aber nicht nur die anstehende konstruktive Sicherung des Torhauses – schon der Gerüstbau am abfallenden Hang, an dessen Fuß in einer Höhle rund 45.000 Jahre alte Menschheitsgeschichte verborgen liegen, wird dabei zum statisch anspruchsvollen Unterfangen. Und auch am Parkpavillon von Schloss Molsdorf ging Ende des Jahres das Bauen los, im ersten Schritt wird die barocke Außentreppe zum Schloss im Umfeld instandgesetzt. Ein Fachwerkkleinod ist wiederum mit dem historischen Küchenbau von Schloss Altenstein seit diesem Jahr in der Kur. Im zugehörigen Schloss ist parallel der Innenausbau in Gang, hier laufen Rohbauarbeiten und haustechnische Installationen.

Die Bauarbeiten im Sonderinvestitionsprogramm I der STSG laufen auf Hochtouren. 2024 wurde auf neun Baustellen parallel gebaut. Die ersten zwei von 23 Einzelprojekten sind bereits abgeschlossen.

Im Hintergrund schreiten in allen weiteren Projekten die Untersuchungen und Planungen für die Sanierungskonzepte mit großen Schritten voran. Jedes SIP-Projekt durchläuft die gängigen Planungsphasen von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung. Über 200 Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten von der Restaurierung und Bauforschung über Haustechnik bis zum Architekten arbeiten dabei in den Planungsteams Hand in Hand zusammen. 

Abgeschlossen die Fenstersanierung am Westflügel von Schloss Sondershausen wurde als erstes SIP-Projekt fertiggestellt, Foto: STSG, Sibylle Mania
Fertig – auf Schloss Sondershausen ist eine neue Löschwasserzisterne verbaut und das Entwässerungsnetz im Lustgarten saniert und damit das zweite SIP-Projekte abgeschlossen, Foto: STSG, Thomas Höfer
Planungsberatung für die Sanierung der Säulensäle auf Schloss Heidecksburg im SIP I, Foto: STSG, Anke Pennekamp

Und auch für 2025 steht Großes an. In sechs weiteren SIP-Projekten sollen die Bauarbeiten losgehen. So startet am Prinzessinnenbau der Wasserburg Kapellendorf die Sanierung von Dach und Fassaden. Auf Schloss Schwarzburg wird das Hauptgebäude durch einen Aufzug und einen Servicebereich für die Veranstaltungsnutzung fit gemacht. Auf Schloss Bertholdsburg soll nach Abschluss der Brückenbauarbeiten die Sanierung von Räumen im Süd- und Westflügel anlaufen. Im Spätsommer sollen dann auch am Westflügel von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt und am Renaissanceschloss in Dornburg die ersten Bauarbeiten beginnen.

Anke Pennekamp