Während 2024 auf den Burgruinen Ehrenstein und Bad Liebenstein unermüdlich auch im zweiten Bauabschnitt dutzende Quadratmeter historischen Mauerwerks vom Naturstein bis zur Fuge in die Kur genommen wurde, starteten in Schleusingen auf Schloss Bertholdsburg an einem zentralen Nadelöhr die Grob- und Feinarbeiten. Denn die historische Zugangsbrücke der ehemaligen Residenz der Grafen von Henneberg, die zugleich auch einzige Zufahrt zur Burg ist, wird saniert. Auch auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden begann nach sorgfältiger Planung das Bautreiben. Hier wird das Natursteinmauerwerk der Stützmauern saniert. Da baumeln auch mal die Beine vom Gerüst, wenn an den flächendeckenden Mauerwerksfugen im Sitzen und Stehen alter Mörtel entfernt und neu verfugt wird. Unscheinbar, aber mit großer Bedeutung, halten die historischen Mauern das Schlossplateau seit Jahrhunderten optisch und wortwörtlich zusammen.
Jeder Stein wird sorgfältig markiert. Wohlsortiert schreitet die Sanierung der Stützmauern auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden voran – manchmal auch sitzend auf dem Gerüst. Steine und Lücken werden durchnummeriert, damit Mauer- und Fugenbild bei den steinrestauratorischen Arbeiten erhalten bleiben.
Foto: STSG, Thomas MüllerSowohl ums Mauerwerk als auch um die historische Turmhaubenkonstruktion ging es 2024 auf der Burg Weißensee – und das gleich parallel. Während in knapp 30 Metern Höhe die über 400 Jahre alte Turmhaubenkonstruktion mit ihren besonderen Kniffen zimmermannsmäßig repariert wurde, begann nur ein paar Meter weiter auch die Sanierung von rund 50 Metern der Umfassungsmauern um die Burg. Die einst schützende und stützende Mauer driftet und baucht sich aus. Durch Ankervernadelungen bekommt sie neuen Halt. Gleichzeitig wird an der Ringmauer auch ein neuer zweiter Rettungsweg geschaffen, für den die Bagger behutsam und unter dem strengen Auge der Archäologen den Weg ebneten. Denn im SIP I geht es nicht nur um dringend notwendige statische Sicherungen für den Denkmalerhalt, sondern auch um neue und verbesserte Nutzungsmöglichkeiten und wichtige Themen wie Brandschutz und barrierearme Erschließung, damit Kulturgut für alle erschlossen werden kann. Auf Schloss Sondershausen wurden mit den ersten beiden abgeschlossenen SIP-Projekten dafür bereits zwei Meilensteine im Programm erreicht. Am Westflügel sind 73 Fenster saniert – nicht nur ästhetisch, sondern auch energetisch ein großer Gewinn. Die nun wieder dichten Fenster geben den Blick auf das zweite abgeschlossene SIP-Projekt frei, wenn es die neuen Wegedecken und Oberflächen im Lustgarten des Schlosses auch nicht mehr erahnen lassen. Um den Westflügel wurde das unterirdische Entwässerungsnetz saniert, über ein Kilometer Leitungen, Kabel und Rohre wurden dafür saniert und neu verlegt. Nicht weit entfernt schlummert im Boden verborgen nun auch eine moderne Löschwasserzisterne, die rund 200 Kubikmeter Wasser fasst und ihren ersten Einsatz im Rahmen einer Feuerwehrübung bereits erfolgreich absolviert hat.
Mit der Schlossbrücke von Schloss Bertholdsburg wird im SIP I auch ein technisches Bauwerk mit tragender Bedeutung in vielerlei Sinn saniert. Die Brückensanierung ist nicht nur wichtig für den Denkmalerhalt, sie ermöglicht auch die folgende Sanierung von Innenräumen im Süd- und Westflügel, dem zweiten SIP-Projekt auf Schloss Bertholdsburg.
Foto: STSG, Jan KobelSchwungvolle Sparren, gehören zu den Kniffen der Turmhaubenkonstruktion auf der Burg Weißensee, die noch aus dem 16. Jahrhundert stammt. Bei der Sanierung wird behutsam im Bestand saniert, dabei bleibt auch der Sparrenschwung mit Fernwirkung erhalten, der aus sich in wechselnden Winkeln aneinandergesetzten und kurvig gesägten Bohlen resultiert.
Foto: STSG, Thomas MüllerSeit November wächst auch am Torhaus von Burg Ranis, in dem sich vom Keller bis zum Dach 800 Jahre Burggeschichte ballen, ein Gerüst empor. Die Sanierung hat begonnen. Aber nicht nur die anstehende konstruktive Sicherung des Torhauses – schon der Gerüstbau am abfallenden Hang, an dessen Fuß in einer Höhle rund 45.000 Jahre alte Menschheitsgeschichte verborgen liegen, wird dabei zum statisch anspruchsvollen Unterfangen. Und auch am Parkpavillon von Schloss Molsdorf ging Ende des Jahres das Bauen los, im ersten Schritt wird die barocke Außentreppe zum Schloss im Umfeld instandgesetzt. Ein Fachwerkkleinod ist wiederum mit dem historischen Küchenbau von Schloss Altenstein seit diesem Jahr in der Kur. Im zugehörigen Schloss ist parallel der Innenausbau in Gang, hier laufen Rohbauarbeiten und haustechnische Installationen.
Statische Herausforderung – Am Torhaus der Burg Ranis wächst ein ausgeklügeltes und statisch fein durchdachtes Baugerüst bei pfeifendem Wind und Wetter von der Ilsenhöhle bis zum Schutzdach empor.
Foto: STSG, Franz NagelFuge um Fuge sind auch die Ruinensicherungen auf den beiden Burgruinen Bad Liebenstein und Ehrenstein im jeweils zweiten Bauabschnitt weitergegangen.
Foto: STSG, Philipp HortDie Bauarbeiten im Sonderinvestitionsprogramm I der STSG laufen auf Hochtouren. 2024 wurde auf neun Baustellen parallel gebaut. Die ersten zwei von 23 Einzelprojekten sind bereits abgeschlossen.
Im Hintergrund schreiten in allen weiteren Projekten die Untersuchungen und Planungen für die Sanierungskonzepte mit großen Schritten voran. Jedes SIP-Projekt durchläuft die gängigen Planungsphasen von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung. Über 200 Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten von der Restaurierung und Bauforschung über Haustechnik bis zum Architekten arbeiten dabei in den Planungsteams Hand in Hand zusammen.
Und auch für 2025 steht Großes an. In sechs weiteren SIP-Projekten sollen die Bauarbeiten losgehen. So startet am Prinzessinnenbau der Wasserburg Kapellendorf die Sanierung von Dach und Fassaden. Auf Schloss Schwarzburg wird das Hauptgebäude durch einen Aufzug und einen Servicebereich für die Veranstaltungsnutzung fit gemacht. Auf Schloss Bertholdsburg soll nach Abschluss der Brückenbauarbeiten die Sanierung von Räumen im Süd- und Westflügel anlaufen. Im Spätsommer sollen dann auch am Westflügel von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt und am Renaissanceschloss in Dornburg die ersten Bauarbeiten beginnen.
Anke Pennekamp
Im SIP I werden rund 40.000 Quadratmeter Geschossfläche in 13 Kulturdenkmalen saniert. Die Dachsanierungen summieren sich auf knapp 12.000 Quadratmeter. Außerdem kommen 5.500 Quadratmeter Natursteinmauerwerk in die Kur. Rund 200 Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen sind als beauftragte Planer und Forscher mit den dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen befasst, die in 23 Einzelprojekte aufgeteilt sind. Koordiniert werden die Maßnahmen von Projektteams innerhalb der STSG. Oftmals handelt es sich dabei um die erste konstruktive Gesamtbetrachtung der Baudenkmale seit ihrer Errichtung. Durch die SIP-Einzelprojekte werden vielerorts die Nutzungsbedingungen für Schlossmuseen, Musikschulen, Archive und andere Institutionen verbessert.
Eine wichtige Rolle bei der Planung und der Ausführung der Maßnahmen im SIP I spielt der Aspekt der Nachhaltigkeit. Zwar ist denkmalpflegerisches Handeln schon per se nachhaltig, nicht zuletzt durch den häufigen Einsatz naturnaher Materialien und traditioneller Handwerkstechniken. Aber auch im Hinblick auf Energie gibt es Handlungsmöglichkeiten. Notwendige Haustechnik wird strikt auf Energieeffizienz geprüft, vielfach wird wohl der Umstieg auf alternative Heiztechnologien mit den Maßnahmen verbunden sein. In denkmalverträglichen Einzelfällen wird auch die Einsatzmöglichkeit von Solartechnik untersucht.