Der West- und Nordflügel von Schloss Heidecksburg wurde 1735 durch einen Brand zu großen Teilen zerstört. Bereits kurz darauf begann der Wiederaufbau, und da die Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt 1710 in den Fürstenstand aufgestiegen waren, wollte man das auch mit einer modernen und repräsentativen neuen Schlossausstattung zeigen. Im ersten Obergeschoss des Westflügels entstanden zwei Raumfolgen für Fürst und Fürstin, in der Mitte wurde der große Festsaal angelegt, der über zwei Geschosse bis ins Dach reicht. Licht war damals Luxusgut, neben Wandleuchtern und großen Fenstern wurden deshalb auch Kronleuchter für die Saalausstattung geordert.

Schwerwiegende Kristallpracht
Wenn auch von Anfang an gleich drei Kronleuchter zur Ausschmückung und Beleuchtung des Festsaals von Schloss Heidecksburg vorgesehen waren, wurde der Saal zunächst nur mit den beiden kleineren Kronleuchtern, die eigens in Paris geordert wurden, ausgestattet. Der große Kronleuchter in der Mitte wurde im 19. Jahrhundert ergänzt und in Augsburg angefertigt.

In einer Höhe von knapp drei Metern schweben die drei französischen Behangkronleuchter aus dem 18. und 19. Jahrhundert über dem Parkett. Die vielen kleinen geschliffenen Kristalltropfen, Zierketten, Glasperlen und -zapfen des Behangs brechen nicht nur auf tausendfache Weise das Licht, die Glaspracht hat auch ein stolzes Gewicht. Knapp 400 Kilogramm wiegt der mittlere und größte der drei Festleuchter, die beiden kleineren jeweils ungefähr 200 Kilogramm.
Zum Schutz vor Staub und Schmutz im Rahmen der anstehenden Dachsanierung am Westflügel wurden die Kronleuchter nun heruntergelassen. Am Boden werden sie im Saal während der Bauzeit durch eine Einhausung geschützt.

Beim Herunterlassen der Kronleuchter ist neben Muskelkraft, Fingerspitzengefühl und Maßarbeit gefragt.
Foto: STSG, Anke PennekampDas Herunterlassen der Kronleuchter hat dabei seine ganz eigene Geschichte, denn versteckt im Dach findet sich dazu ein Teil seltene Technikgeschichte. Dort wurde eine Windentechnik eingebaut, die das Aufziehen und Herablassen der Kronleuchter ermöglicht. Die historischen Winden sind bis heute erhalten und funktionstüchtig.
Während im Inneren die Kronleuchter gesichert werden, wächst außen am Westflügel das Baugerüst. Im Rahmen der Dachsanierung an West- und Nordflügel im SIP I wird auch der Schaft des Schlossturms mit saniert.
Foto: STSG, Carolin SchartHistorische Windentechnik
Technisch funktioniert das Aufziehen und Abrollen so: Die Kronleuchter hängen an Drahtseilen, die durch drei kleine Öffnungen in der Decke des Festsaals bis in den Dachraum geführt werden. Hier sind die Seile um runde Holztrommeln gewickelt, in die Rundhölzer eingesteckt sind. Über diese Holzarme können die Trommeln in Bewegung gesetzt und die Seile auf- und abgewickelt werden.

Um ein unkontrolliertes Abrollen des Seils zu verhindern, sind an den Holztrommeln mehrere Vorrichtungen zum Rückrollschutz angebracht, darunter ein großes Zahnrad, Rundstahlbügel, scharnierartige Eisenteile und Steckbolzen. Um die Aufzugswinden in Bewegung zu setzen, ist die Muskelkraft von drei bis vier kräftigen Personen nötig. Und damit niemand absichtlich oder ausversehen großen Schaden anrichtet, stehen die Winden in kleinen Häuschen mit verschlossenen Türen.
Die historischen Kronleuchterwinden von Schloss Heidecksburg sind eine besondere Rarität in der weiteren Umgebung. Zum Erhalt und zur Entlastung der historischen Aufzugstechnik ist geplant, zukünftig noch eine moderne Windenanlage im Dachraum zu ergänzen.
Kronleuchter waren bis ins 18. Jahrhundert besondere Luxus- und materialaufwendige Prunkgegenstände.
Foto: STSG, Anke PennekampNach Abschluss der Dachsanierung am Westflügel kehren die Kronleuchter in luftige Höhe zurück, die historische Windentechnik im Dachraum über dem Festsaal bleibt dann aber weiterhin selbst vor den Augen der Götter – die auf den Wolken im Deckenfresko sitzen – verborgen. Nur zur Wartung und Reinigung schweben die Kronleuchter dann wieder alle paar Jahre unter Zeus‘ wachen Blicken in alter Tradition im Saal hinab.
Anke Pennekamp
Drei Projekte werden im SIP I auf Schloss Heidecksburg umgesetzt. Neben der Dachsanierung am West- und Nordflügel stehen die Sanierung der Säulensäle im Südflügel und die Gesamtsanierung des Marstalls auf dem Plan. Ab 2027 wird in allen drei Projekten parallel gebaut.
Abbildung: Marstall auf Schloss Heidecksburg, Foto: STSG, André Kranert