Historische Kronleuchter auf Schloss Heidecksburg gesichert

Zartes Kristall auf der Baustelle

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Der Festsaal von Schloss Heidecksburg gehört zu den schönsten Rokokosälen in Deutschland. Im Deckengemälde thronen die Götter des Olymps auf Wolken, die geschwungenen Wände werden von Malereien, Marmorimitationen und vergoldetem Stuck geschmückt. Und mittendrin funkeln hunderte Kristalltropfen und -tränen an drei französischen Kronleuchtern über dem Parkett. Um den Festsaal und den Westflügel von Schloss Heidecksburg zu erhalten, wird jetzt das Dach saniert – das ist dringend notwendig, denn die eingedrungene Feuchtigkeit hat schon erste Schäden an der wertvollen Innenausstattung hinterlassen und gefährdet Exponate und Ausstellungen. Während das Gerüst am Westflügel wächst, wird innen alles für die im Frühjahr 2026 beginnenden Zimmermannsarbeiten im Dach vorbereitet. Zum Schutz wurden deshalb jetzt auch die Kronleuchter im Festsaal herabgelassen, die Bauzeit werden sie eingehaust in Bodennähe verbringen.

Der West- und Nordflügel von Schloss Heidecksburg wurde 1735 durch einen Brand zu großen Teilen zerstört. Bereits kurz darauf begann der Wiederaufbau, und da die Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt 1710 in den Fürstenstand aufgestiegen waren, wollte man das auch mit einer modernen und repräsentativen neuen Schlossausstattung zeigen. Im ersten Obergeschoss des Westflügels entstanden zwei Raumfolgen für Fürst und Fürstin, in der Mitte wurde der große Festsaal angelegt, der über zwei Geschosse bis ins Dach reicht. Licht war damals Luxusgut, neben Wandleuchtern und großen Fenstern wurden deshalb auch Kronleuchter für die Saalausstattung geordert.

Festsaal mit den drei Kronleuchtern vor Sanierungsbeginn, Foto: STSG, Philipp Hort

Schwerwiegende Kristallpracht

Wenn auch von Anfang an gleich drei Kronleuchter zur Ausschmückung und Beleuchtung des Festsaals von Schloss Heidecksburg vorgesehen waren, wurde der Saal zunächst nur mit den beiden kleineren Kronleuchtern, die eigens in Paris geordert wurden, ausgestattet. Der große Kronleuchter in der Mitte wurde im 19. Jahrhundert ergänzt und in Augsburg angefertigt.

Nahaufnahme des Behangs eines der Kronleuchter im Festsaal von Schloss Heidecksburg, Foto: STSG, Anke Pennekamp

In einer Höhe von knapp drei Metern schweben die drei französischen Behangkronleuchter aus dem 18. und 19. Jahrhundert über dem Parkett. Die vielen kleinen geschliffenen Kristalltropfen, Zierketten, Glasperlen und -zapfen des Behangs brechen nicht nur auf tausendfache Weise das Licht, die Glaspracht hat auch ein stolzes Gewicht. Knapp 400 Kilogramm wiegt der mittlere und größte der drei Festleuchter, die beiden kleineren jeweils ungefähr 200 Kilogramm.

Zum Schutz vor Staub und Schmutz im Rahmen der anstehenden Dachsanierung am Westflügel wurden die Kronleuchter nun heruntergelassen. Am Boden werden sie im Saal während der Bauzeit durch eine Einhausung geschützt.

Vorbereitungen für die Dachsanierung im Festsaal von Schloss Heidecksburg, Foto: STSG, Anke Pennekamp

Das Herunterlassen der Kronleuchter hat dabei seine ganz eigene Geschichte, denn versteckt im Dach findet sich dazu ein Teil seltene Technikgeschichte. Dort wurde eine Windentechnik eingebaut, die das Aufziehen und Herablassen der Kronleuchter ermöglicht. Die historischen Winden sind bis heute erhalten und funktionstüchtig.
 

Historische Windentechnik

Technisch funktioniert das Aufziehen und Abrollen so: Die Kronleuchter hängen an Drahtseilen, die durch drei kleine Öffnungen in der Decke des Festsaals bis in den Dachraum geführt werden. Hier sind die Seile um runde Holztrommeln gewickelt, in die Rundhölzer eingesteckt sind. Über diese Holzarme können die Trommeln in Bewegung gesetzt und die Seile auf- und abgewickelt werden.

Historische Kronleuchterwinde auf Schloss Heidecksburg, Foto: STSG, Franz Nagel

Um ein unkontrolliertes Abrollen des Seils zu verhindern, sind an den Holztrommeln mehrere Vorrichtungen zum Rückrollschutz angebracht, darunter ein großes Zahnrad,  Rundstahlbügel, scharnierartige Eisenteile und Steckbolzen. Um die Aufzugswinden in Bewegung zu setzen, ist die Muskelkraft von drei bis vier kräftigen Personen nötig. Und damit niemand absichtlich oder ausversehen großen Schaden anrichtet, stehen die Winden in kleinen Häuschen mit verschlossenen Türen.

Die historischen Kronleuchterwinden von Schloss Heidecksburg sind eine besondere Rarität in der weiteren Umgebung. Zum Erhalt und zur Entlastung der historischen Aufzugstechnik ist geplant, zukünftig noch eine moderne Windenanlage im Dachraum zu ergänzen.

Nach Abschluss der Dachsanierung am Westflügel kehren die Kronleuchter in luftige Höhe zurück, die historische Windentechnik im Dachraum über dem Festsaal bleibt dann aber weiterhin selbst vor den Augen der Götter – die auf den Wolken im Deckenfresko sitzen – verborgen. Nur zur Wartung und Reinigung schweben die Kronleuchter dann wieder alle paar Jahre unter Zeus‘ wachen Blicken in alter Tradition im Saal hinab.

Anke Pennekamp


Fragen oder Feedback? Schreiben Sie uns.


Verwandte Artikel