Das neue Sammlungszentrum Henneberger Land

Saurier in der Porzellanfabrik

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Millionen Jahre halten seit Sommer 2025 in einem unscheinbaren Gebäude in Kloster Veßra Einzug. Zeugen der Erdgeschichte, der Naturgeschichte und der Kulturgeschichte bis in die jüngste Vergangenheit werden künftig im neuen Sammlungszentrum Henneberger Land in Kloster Veßra vereint sein. Neu ist dabei nur die Nutzung als Museumsdepot mit Arbeitsbereichen – das Gebäude selbst ist mehr als 100 Jahre alt und hat schon einige Nutzungen erlebt. Mit Augenmaß wurde der Bestand geschickt genutzt und für die neue Nutzung ausgebaut.

Zwei wichtige Voraussetzungen brachte das heutige Depotgebäude im Kloster Veßra schon mit: ausreichend Fläche und die nötige Stabilität. Denn erbaut wurde es einmal als Porzellanfabrik. Die Geschossdecken mussten schon damals größere Lasten tragen können und Platz für die zahlreichen Arbeitsschritte bei der Serienproduktion von Gebrauchsgeschirr bieten. Nach dem Ende der Porzellanherstellung in den 1920er Jahren durchlief das Gebäude einige andere Nutzungen, zuletzt stand es leer.

Neues Sammlungstentrum Hennerberger Land im Kloster Veßra, Foto: STSG, Steven Neukirch

Drei Partner, ein gemeinsames Ziel

2021 konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) es erwerben und mit der Planung beginnen. Das Hennebergische Museum Kloster Veßra und das Naturhistorische Museum Schloss Bertholdsburg Schleusingen waren von Anfang an mit von der Partie, denn Anlass für das Projekt waren prekäre Depotsituationen in den beiden Museen. Beide sind Nutzer in Kulturdenkmalen, die in der Obhut der STSG stehen. Die bisherigen Lagerräume für das nicht in den Rundgängen gezeigte Sammlungsgut boten keine passablen Bedingungen, auf Schloss Bertholdsburg liegen sie zudem im Bereich eines Sanierungsvorhabens im Sonderinvestitionsprogramm I der STSG.

Vom Industriebau zum modernen Depot

Die Statik des historischen Fabrikgebäudes stimmte die Baufachleute von der STSG zufrieden, die Werte entsprachen ziemlich genau denen, die man auch beim Neubau eines Depots hätte herstellen müssen. Also ging es vor allem um den Ausbau und die Ausstattung mit Klima- und Sicherheitstechnik – maßgeschneidert für die neue Nutzung und die Natur- und Kulturschätze, die es dort zu lagern und zu erforschen gilt. Wie fast immer bei Bestandsgebäuden blieben aber auch hier beim Bauen die Überraschungen nicht aus. Die kurioseste unter ihnen war der Boden im Erdgeschoss. Anders als erwartet, handelte es sich hier nicht um eine fest gegründete Fläche, sondern unter der alten Betonschicht fanden sich tonnenweise Scherben von missratenem Porzellan und Gussformen aus Gips. All das bot keine ausreichend feste Unterlage für die großen Lasten, also musste zunächst ein kleiner Bagger den Industrieschutt abtragen, bevor ein stabiler Boden eingebaut werden konnte.

Nachhaltig in mehrfacher Hinsicht

Schon die sinnvolle Weiterverwendung eines Altbaus ist in besonderer Weise nachhaltig, denn hier wird Graue Energie genutzt – also Baumaterialien und der energetische Aufwand, die beim Bau vor Jahrzehnten aufgewendet worden sind. Hinzu kommt, dass die Stromversorgung weitgehend durch Photovoltaik geleistet wird und eine Luft-Wärme-Pumpe für Klimatisierung sorgt. Denn natürlich werden die Depots temperiert, ein konstantes Klima ist entscheidend für die dauerhafte Sicherung von Sammlungen.

Neues Sammlungszentrum Henneberger Land,
Foto: STSG, Steven Neukirch

Neben den klimatisierten und lichtgeschützten Lageretagen für die beiden Museen und die STSG gibt es nun auch Arbeitsräume und Bereiche, die jedes moderne Museumsdepot braucht. Zu ihnen gehören zum Beispiel eine Klimaschleusen und Quarantäneräume für angekommene Objekte. Sie sollen beispielsweise verhindern, dass Insekten sich im Depot verbreiten.

Pilotprojekt mit Vorbildcharakter

Das Sammlungszentrum Henneberger Land ist ein echtes Vorzeigeprojekt. Nicht nur deshalb, weil es in enger Zusammenarbeit von Bauherrin und Nutzern entstanden ist und baulichen Bestand intelligent weiter nutzt. Es erfüllt auch eine zentrale Forderung des Museumsverbands Thüringen e.V. nach regionalen Gemeinschaftsdepots, in denen mehrere Museen kooperativ die notwendige spezielle Infrastruktur effizient nutzen können. So kann gemeinsam gelingen, was für einzelne Institutionen kaum machbar wäre.

Franz Nagel


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