Zwei wichtige Voraussetzungen brachte das heutige Depotgebäude im Kloster Veßra schon mit: ausreichend Fläche und die nötige Stabilität. Denn erbaut wurde es einmal als Porzellanfabrik. Die Geschossdecken mussten schon damals größere Lasten tragen können und Platz für die zahlreichen Arbeitsschritte bei der Serienproduktion von Gebrauchsgeschirr bieten. Nach dem Ende der Porzellanherstellung in den 1920er Jahren durchlief das Gebäude einige andere Nutzungen, zuletzt stand es leer.

Drei Partner, ein gemeinsames Ziel
2021 konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) es erwerben und mit der Planung beginnen. Das Hennebergische Museum Kloster Veßra und das Naturhistorische Museum Schloss Bertholdsburg Schleusingen waren von Anfang an mit von der Partie, denn Anlass für das Projekt waren prekäre Depotsituationen in den beiden Museen. Beide sind Nutzer in Kulturdenkmalen, die in der Obhut der STSG stehen. Die bisherigen Lagerräume für das nicht in den Rundgängen gezeigte Sammlungsgut boten keine passablen Bedingungen, auf Schloss Bertholdsburg liegen sie zudem im Bereich eines Sanierungsvorhabens im Sonderinvestitionsprogramm I der STSG.
Auf Schloss Bertholdsburg werden im SIP I zwei Projekte umgesetzt: Die Schlossbrücke samt Umfeld wird saniert und es werden Innenräume im Süd- und Westflügel für das NaturHistorische Museum Schloss Bertholdsburg saniert. Während die Maßnahmen an der Schlossbrücke bereits abgeschlossen werden konnten und auch die Arbeiten im Umfeld im Endspurt sind, wird für den Start der Sanierung der Innenräume im Süd- und Westflügel mit dem Umzug von Museumsstücken und Depotgut in das neue Sammlungszentrum dringend notwendige Baufreiheit geschaffen.
Foto: STSG, Jan KobelVom Industriebau zum modernen Depot
Die Statik des historischen Fabrikgebäudes stimmte die Baufachleute von der STSG zufrieden, die Werte entsprachen ziemlich genau denen, die man auch beim Neubau eines Depots hätte herstellen müssen. Also ging es vor allem um den Ausbau und die Ausstattung mit Klima- und Sicherheitstechnik – maßgeschneidert für die neue Nutzung und die Natur- und Kulturschätze, die es dort zu lagern und zu erforschen gilt. Wie fast immer bei Bestandsgebäuden blieben aber auch hier beim Bauen die Überraschungen nicht aus. Die kurioseste unter ihnen war der Boden im Erdgeschoss. Anders als erwartet, handelte es sich hier nicht um eine fest gegründete Fläche, sondern unter der alten Betonschicht fanden sich tonnenweise Scherben von missratenem Porzellan und Gussformen aus Gips. All das bot keine ausreichend feste Unterlage für die großen Lasten, also musste zunächst ein kleiner Bagger den Industrieschutt abtragen, bevor ein stabiler Boden eingebaut werden konnte.
Während der Sanierung wurden mehrere Tonnen Porzellanschutt unter dem alten Fabrikgebäude entdeckt.
Foto: STSG, Uta KolanoNachhaltig in mehrfacher Hinsicht
Schon die sinnvolle Weiterverwendung eines Altbaus ist in besonderer Weise nachhaltig, denn hier wird Graue Energie genutzt – also Baumaterialien und der energetische Aufwand, die beim Bau vor Jahrzehnten aufgewendet worden sind. Hinzu kommt, dass die Stromversorgung weitgehend durch Photovoltaik geleistet wird und eine Luft-Wärme-Pumpe für Klimatisierung sorgt. Denn natürlich werden die Depots temperiert, ein konstantes Klima ist entscheidend für die dauerhafte Sicherung von Sammlungen.

Foto: STSG, Steven Neukirch
Rund 2.500 Quadratmeter Fläche bietet das neue Depot an Platz. Im Zuge der Sanierung wurden auch eine Wandtemperierung, eine Klimaanlage, Sicherheitstechnik und eine neue Beleuchtung im neuen Sammlungszentrum eingebaut.
Foto: STSG, Steven NeukirchNeben den klimatisierten und lichtgeschützten Lageretagen für die beiden Museen und die STSG gibt es nun auch Arbeitsräume und Bereiche, die jedes moderne Museumsdepot braucht. Zu ihnen gehören zum Beispiel eine Klimaschleusen und Quarantäneräume für angekommene Objekte. Sie sollen beispielsweise verhindern, dass Insekten sich im Depot verbreiten.
Im August 2025 wurde das neue Sammlungszentrum Henneberger Land an die Partner übergeben und der symbolische Einzug des ersten Depotguts begangen.
Foto: Schlüsselübergabe am Sammlungszentrum Henneberger Land, Dr. Frank Scholze, Dr. Doris Fischer, Ingo Weidig (v.l.n.r.), Foto: STSG, Uta KolanoPilotprojekt mit Vorbildcharakter
Das Sammlungszentrum Henneberger Land ist ein echtes Vorzeigeprojekt. Nicht nur deshalb, weil es in enger Zusammenarbeit von Bauherrin und Nutzern entstanden ist und baulichen Bestand intelligent weiter nutzt. Es erfüllt auch eine zentrale Forderung des Museumsverbands Thüringen e.V. nach regionalen Gemeinschaftsdepots, in denen mehrere Museen kooperativ die notwendige spezielle Infrastruktur effizient nutzen können. So kann gemeinsam gelingen, was für einzelne Institutionen kaum machbar wäre.
Franz Nagel
„Die Einrichtung weiterer regionaler Gemeinschaftsdepots ist eine unserer zentralen Forderungen an die Landespolitik – denn die Depotsituation der Thüringer Museen ist häufig mehr als kritisch. Das neue Sammlungszentrum Henneberger Land beweist eindrucksvoll, dass mit überschaubaren Mitteln und kreativen Ansätzen Lösungen möglich sind. Besonders wegweisend ist dabei die passgenaue Umnutzung leerstehender Gebäude.“ Dr. Roland Krischke, Präsident des Museumsverbandes Thüringen e. V.
Foto: STSG, Anke Pennekamp