So geschehen im Westturm von Schloss Friedenstein. Bei Freilegungen haben die von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) beauftragten Fachleute die anstehenden Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des 110-Millionen-Euro-Projekts für Schloss Friedenstein im Sinn. Neben dem baufachlichen Erkenntnisgewinn begegnetet ihnen jedoch auch noch etwas Kurioses – eine Flaschenpost. Sie lag in einer kleinen Kammer unter dem Bodenbelag beim Sockel einer Sandsteinsäule. Zwar war die Glasflasche stark beschädigt. Kaum in Mitleidenschaft gezogen waren aber der Porzellanverschluss und der Inhalt – zwei handgeschriebene Zettel.
Die Säule selbst stammt aus der Bauzeit des Schlosses im 17. Jahrhundert. Die Nachricht ist wesentlich jünger. Bei einer Umgestaltung der fünf an das Kämmerchen angrenzenden Räume hatte man 1891 die Flaschenpost mit Informationen zum zur Baumaßnahme hinterlegt, die auch Hinweise zu aktuellen Geschehnissen und aktuellen Lebensmittelpreisen enthält.
Gotha im Jahre des Unheils 1891
Nachdem die Gemäldegallerie in das neue Museum verbracht war, fand in diesen 5 Zimmern die Herzogl gothaische Geldlotterie jedes Jahr 4 Ziehungen statt. Im Jahre 1891 im September wurden diese Zimmer für das Herzogl. Staatsministerium neu hergerichtet.
Und zwar durch.
1.) Herrn Geh. Reg. u. Baurat B. Eberhard
2.) Hofbaudire E. Wönne
3.) „ Maurermeister Merten
„ Voigt u. Meister (Gesellen)
4.) „ Tünchermeister B. Däbenhäuser
Wilhelm Stötzer Hugo Ritter L. Eckarius u. Robert Nahr (Gesellen)
5. „ Schreinermeister L. Zink
1 Geselle u. 1 Stift
Das Pfund Brod kostet 15 bis 18 Pfennige
„ „ Rindfleisch 64 bis 68 Pfennige
„ „ Schöpsenfleisch 64 bis 68 Pfennige
Nachricht aus dem „Jahre des Unheils“
Die betreffenden Räume seien „im Jahre des Unheils 1891“ für die Nutzung durch das Staatsministerium „neu hergerichtet“ worden, unterrichtet die anonyme Nachricht. Zuvor habe hier die „gothaische Geldlotterie“ mit „jedes Jahr 4 Ziehungen“ stattgefunden. Zudem werden beispielhaft einige Lebensmittelpreise aufgeführt: „Das Pfund Brod kostet 15 bis 18 Pfennige“, „der Centner Kartoffeln 4 Mark und drüber“. Berichtenswert schien dem Schreiber der Notiz offenbar auch eine Militärübung: „Im August dieses Jahrs fand großes Kaisermanöver zwischen Erfurt u. Gotha statt bei welchem das 4. Armeekorp gegen das 11. bei Langensalza u. Mühlhausen ging.“ Nebenbei wird mit dem 1. Oktober noch das exakte Datum der Inbetriebnahme des neu errichteten Gothaer Schlachthofs benannt.
Der Centner Kartoffeln 4 Mark. u. drüber.
Im August dieses Jahres fand großes Kaisermanöver zwischen Erfurt u. Gotha statt bei welchem das 4. Armeekorp gegen das 11. bei Langensalza u. Mühlhausen ging.
Das neue Schlachthaus soll am 1 October in Betrieb gesetzt werden. Zeichnungen und Bauleitung hat Herr Hofbaurat Schaller geliefert.
Die Reinigungscommision bestehen aus den beiden Herren Hoftagelöhner Eckardt u. Reinhardt sowie den so genannten Hof=
damen der Frau Luzi als General und dessen Tochter verehelichte Frau Platz (Schuhmacher) als Adjudant
Kuriose Dienstränge
Nicht vergessen wird auf dem Zettel auch etwas Wesentliches, das in Bauberichten bis heute meist zu kurz kommt – die Reinigung als Abschluss der Arbeiten. Auch hier werden – mit Bleistift nachträglich ergänzt – die Akteure namentlich benannt. Aus heutiger Sicht kurios sind dabei die zum Teil an das Militärische angelehnten Funktionsbezeichnungen: „Die Reinigungscommission bestehen[d] aus den beiden Herren Hoftagelöhner Eckardt u. Reinhardt sowie den so genannten Hofdamen der Frau Luzi als General und dessen Tochter verehelichte Frau Platz (Schuhmacher) als Adjutant.“
Franz Nagel