Auf der kleinen Rasenfläche am Westflügel wird gleich eine junge Säuleneiche gepflanzt. Veredelt wurde der Sämling mit dem Trieb eines Altbaums, der früher an gleicher Stelle stand, vor zwei Jahren aber nach Trockenschäden abgestorben ist. „Bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gehören Säuleneichen zum Schloss“, erklärt Gartenreferent Jonathan Simon von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Auf einer historischen Fotografie um 1900 sind zwei schlank aufragende Bäume mit säulenartiger Wuchsform zu sehen, die den Zugang zum Westflügel flankieren. „Die Säuleneichen gehörten zu einem kleinen Landschaftsgarten mit Teehäuschen vor dem Westflügel, in dem Fürstin Caroline Luise von Schwarzburg-Rudolstadt früher kleine Teerunden veranstaltete.“
Mit Maßband und Schaufel
Wo einst Fürsten und Prinzessinnen flanierten, stehen heute Schlossgärtner und Gartenreferent mit Spaten und Maßband in der Hand. Das Pflanzloch ist bereits präpariert. Ein eingebrachtes Substrat soll dem Jungbaum einen guten Start ermöglichen. Vor dem Einsetzen der Jungpflanze wird aber erst noch einmal gemessen. Beim Verlust des Altbaums wurde dessen ehemaliger Standpunkt genau dokumentiert. „Der junge Setzling wird dort gepflanzt, wo zuvor der Stammmittelpunkt des Altbaums lag“, erklärt Simon, „Altbäume in historischen Gärten zu ersetzen, ist generell nicht einfach. Die Bäume wurden als Teil eines lebendigen Gartenkunstwerks gepflanzt und sind in dieses hineingewachsen, mal als Teil einer Gruppe, mal als markante Solitäre. Sie haben raumbildende Wirkung und lenken Blicke. Kronenform und Blattfarben wurden einst nach ihrer speziellen Wirkung für das geplante Gartenbild und dessen Komposition ausgewählt. Sie können nicht einfach durch andere Baumarten ersetzt werden. Deshalb greifen wir in der Gartendenkmalpflege bevorzugt auf vorhandenes Genmaterial vom gleichen Standort zurück.“ Für die Nachpflanzung am Westflügel wurde der Sämling der Gattung Quercus robur ‚Fastigiata‘ dazu mit einem Zweig des Originalbaums veredelt. Jungpflanzen können sich zudem von klein auf an die Gegebenheiten des Standorts gewöhnen. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie sich an Klimaveränderungen besser anpassen können.
Gartenreferent Jonathan Simon und Schlossgärtner Carsten Wilhelm beim Einmessen des Stammmittelpunkts für die Nachpflanzung.
Foto: STSG, Franz NagelZum Abschluss wird der junge Baum mit einer kleinen Umzäunung zum Schutz vor knabbernden Wildtieren umgeben. Die noch unscheinbare junge Säuleneiche ist nun Teil eines lebendigen Gartendenkmals, sie wird zunehmend die Ansicht des Schlosses komplettieren und sich von Jahr zu Jahr immer fester mit der Geschichte des Schlosses verwurzeln.
Anke Pennekamp