Turmhaubensanierung auf der Burg Weißensee

Landmarke mit venezianischem Flair

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Hoch hinaus geht es im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIP I) auf der Burg Weißensee. Hier wird die Haube des Palasturms saniert. Der nach einer umfangreichen statischen Hangsicherung zwischen 2013 und 2016 bereits sanierte Turmschaft wird seit Jahrzehnten durch eine Notdeckung geschützt.

Um das sanierte Mauerwerk des Palasturms dauerhaft vor Wind und Regen zu schützen und der Burganlage ihren alten (Dach)Schwung wiederzugeben, soll die markante Haube, deren Konstruktion an venezianische Vorläufer erinnert, durch die Sanierung von Tragwerk und Dachdeckung wiederhergestellt werden.

Mittelalterliche Ursprünge

Die Anfänge der Burg Weißensee reichen bis in die Romanik zurück. Wo sich heute die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten um den Erhalt der Burg und ihrer Folgebauten kümmert, legte im 12. Jahrhundert die Landgräfin Jutta den Grundstein für die mittelalterliche Burganlage. Errichten ließ die Bauherrin ihre wehrhafte Burg auf halber Strecke zwischen den Landgrafensitzen Wartburg und der Neuenburg bei Freyburg. Im Palas mit großem Saal wurde im Mittelalter gewohnt und gefeiert, ganz sicher auch den noch heute berühmten Minnesängern gelauscht. So anspruchsvoll die Landgrafen beim Fördern von Dichtern waren, setzten sie auch beim Bauen Maßstäbe – der erhaltene Bauschmuck zeugt davon.

Zum Bauwerk gehört auch ein fünfgeschossiger Turm. Als Einheit geschaffen, stammt der Palas samt Turm noch aus der Erbauungszeit der Burg. In Notlagen war der Turm sicherer Rückzugsort, der nur über einen Hocheingang im ersten Obergeschoss zu erreichen war. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg zum Schloss und zum Verwaltungssitz ausgebaut, in dieser Zeit kam es auch an Palas und Turm zu baulichen Veränderungen.

Turmhaube der Burg Weißensee mit Noteindeckung, Foto: STSG, K. Leipold

Haubenkonstruktion mit Kniff

Wie das Holz des Tragwerks den Bauforschern bei der Untersuchung offenbarte, stammt die Haube des Palasturms aus dem 16. Jahrhundert. Ihre Dachflächen sind geschweift, in wechselnden Winkeln aneinandergefügte Bohlensparren sorgen für den Schwung. Damit gehörte die Burg Weißensee zu den Trendsettern in der Gegend. Geschweifte und bogenförmige Dachformen sind bereits ein Jahrhundert zuvor in Italien zu finden, genauer gesagt in Venedig. Später tauchten sie auch in Prag und Böhmen auf, bevor sie sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland verbreiteten. Die Bauforscher stellten bei der Untersuchung der Haube den Kontext zur europäischen Architekturgeschichte her.

Im Rahmen des SIP I kann auf der Burg Weißensee, wie in 22 weiteren Projekten des Programms, ein wertvolles Stück Denkmalgeschichte und -substanz gerettet und wieder erlebbar werden. Nicht oft ist noch so viel romanische Bausubstanz wie auf der Burg Weißensee erhalten. Mit der Haubensanierung wird ein Stück der buchstäblich darauf aufbauenden jüngeren Bau- und Nutzungsgeschichte bewahrt, und damit auch ein wenig venezianisches Flair in Nordthüringen. Ganz wesentlich ist sie aber auch für den Schutz des vor wenigen Jahren mit großem Aufwand sanierten mittelalterlichen Turms. Die fertige Haube wird der Burgansicht wieder ihren alten Schwung verleihen und ihr damit die enorme Fernwirkung im Thüringer Becken zurückgeben.  

Anke Pennekamp


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