Untersuchungen am Marstall von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt

Im Galopp durch die Baugeschichte

BaugeschehenDenkmalpflegeSonderinvestitionsprogramm I
Auf dem Dachboden knarzen die Bohlen, im Erdgeschoss lässt ein geheimnisvolles bläuliches Licht den abgedunkelten Raum, der bis vor wenigen Monaten Archivdepot war, noch geheimnisvoller erscheinen. Lange bevor sich Dokumente und Akten stapelten, standen hier früher mal Pferde Seite an Seite. Seit der Beräumung durch das Staatsarchiv Rudolstadt ist der große Saal in der Mitte des Marstalls von Schloss Heidecksburg leer. Und auch das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt hat eine Mammutaufgabe gestemmt und sein Depot im Erdgeschoss des Marstalls ausgelagert.

Die Beräumung des Marstalls war notwendig für die anstehende Sanierung des historischen Gebäudes im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Zum einen mussten die Räume mit allen Ecken, Balken und Biegungen vermessen werden, zum anderen stehen zahlreiche wichtige Untersuchungen an. Architekten, Statiker und Restauratoren nehmen die Dachkonstruktion, Wände, Decken, Schäden und alle Auffälligkeiten dabei genau unter die Lupe.

Schloss Heidecksburg mit Blick auf den Marstall an der Nordseite des Schlosshofs, Foto: STSG, C. Schart

Details in den Blick zu nehmen und die Verbindung zur Geschichte herzustellen, gehört auch zum Kern der Arbeit der Bauforscher. Die Detektive der Geschichte suchen Spuren am Gebäude, befragen Akten im Archiv und entschlüsseln durch die Verbindung ihrer Erkenntnisse und Beobachtungen Ungereimtheiten. Dabei kommt oftmals Erstaunliches zutage – auch im Marstall, der seinem Namen gemäß einst als herrschaftlicher Pferdestall errichtet worden war. So stellten die Bauforscher unter anderem fest, dass in den Bau des Marstalls Mauern und ein Turm der mittelalterlichen Burg aus der Zeit um 1400 integriert worden waren, womit noch Spuren aus der Anfangszeit erhalten sind. Der Dachstuhl war eigentlich als Provisorium nach einem Brand 1735 gedacht, das dann zur Dauerlösung wurde – bis zu einem teilweisen Umbau im 19. Jahrhundert. Geradezu greifbar wird die Geschichte auch auf dem Dachboden des Marstalls, hier sind noch die ehemaligen Kammern der Stallknechte, die größtenteils aus der Zeit um 1814 stammen, in der ursprünglichen Raumaufteilung samt Stillem Örtchen erhalten.

Die Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt waren große Pferdefans. Fürst Ludwig Günther II. füllte ganze Bücher mit handgemalten Aquarellen seiner Pferde. Auf dem nahe gelegenen Stammsitz, Schloss Schwarzburg, wurde sogar ein ganzer Raum mit den von fürstlicher Hand gemalten Pferdebildern ausgestattet. Die Pferdebegeisterung ist auch auf Schloss Heidecksburg noch heute baulich ablesbar: So wurde beim Anlegen der Stufen, die Schlosshof, Mittlere und Untere Terrasse verbinden, auch an die Schrittweite der edlen Rösser gedacht – Menschen müssen da schon weit ausschreiten. Auf der Mittleren Terrasse steht das Reithaus, vor dem sich einst eine Reitbahn befand. Im Schlosshof ist noch eine Pferdeschwemme zu finden, die Pferde wurden in der ehemals mit Wasser gefüllten Vertiefung im Hof ans Wasser gewöhnt oder, ganz praktisch, gewaschen. Und auch im Marstall sind die Spuren der Pferdehaltung in den früheren Depoträumen noch ablesbar. Gusseiserne weiße Stützen stechen in den leeren Räumen des Erdgeschosses hervor. Sie wurden im 19. Jahrhundert errichtet. In Halterungen konnten Bohlen befestigt und damit Pferdeboxen abgetrennt werden.

Die Schlossterrassen mit dem Reithaus auf der Mittleren Terrasse und dem Marstall im Schlosshof. Foto: STSG, Carolin Schart

Für die Sanierung des Marstalls im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I laufen derzeit die Voruntersuchungen und erste Planungsschritte. Das Planungsteam mit Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen untersucht dafür das Gemäuer in all seinen Facetten. Der Blick in die von Hippomanie geprägten Geschichte von Schloss Heidecksburg ist für die Zukunft dabei unerlässlich. Er bildet ein wichtiges Puzzlestück für die Sanierungsplanung und den Erhalt des Denkmals.

Anke Pennekamp


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