Goethe war hier. Auch.

BaugeschehenKulturgeschichte
Schritt für Schritt erwacht Schloss Wilhelmsthal aus dem Dornröschenschlaf. Das Kulturdenkmal hat das Zeug zu einem zauberhaften Kulturort mit See, angrenzenden Wäldern und einem von Pückler mitgeprägten Landschaftspark. Und mit einem einzigartigen Festsaal für rauschende Ballnächte und imposante Konzerte. Zum Beispiel mit Kompositionen von Georg Philipp Telemann.

Umfangreich sind allerdings die baulichen Herausforderungen, die vor allem seit dem Leerfallen des Objektes Anfang der 1990er Jahre entstanden sind. Bis dahin gab es eine turbulente Nutzung, nämlich als Kinderheim. Die hat zwar der Denkmalsubstanz durchaus zugesetzt, aber immerhin für den Erhalt der Anlage gesorgt. Und auch wenn es nicht immer direkt sichtbar ist: Einiges wurde seit 2009, seit der Übernahme der Liegenschaft durch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, geschafft.

Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Zuerst mussten das Alte Schloss, Prinzen- und Prinzessinnenhaus, der Marstall und das Neue Schloss statisch gesichert werden. Der Südflügel des Neuen Schlosses, in dem sich der Telemannsaal befindet, wurde komplex vom Schwamm befreit und nach der vollständigen Dachsanierung mit neuem Anstrich und Sockel versehen.

Außerdem wurde der Uhrturm des Marstalls saniert und hat eine neue Haube bekommen. Der Park wurde von Wildwuchs befreit, Parkwege entstanden wieder und der Staudamm des Sees musste erneuert und verstärkt werden. Als erster Parkbereich ist die Blumeninsel denkmalpflegerisch wiederhergestellt. Der Nymphenbrunnen im Schlossareal ist restauriert.

Derzeit steht der Telemannsaal im Fokus. Auch er wird aus dem Dornröschenschlaf erweckt – bald auch durch Musik. Vor allem mit Kompositionen von Georg Philipp Telemann.

Telemann war hier

Der in Magdeburg geborene Komponist stand von 1708 bis 1712 im Dienst von Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach. Der Herzog hatte die nach ihm benannte Schlossanlage Wilhelmsthal ab 1700 als Sommer- und Jagdsitz errichten lassen, im sogenannten Marly-Stil. Das bedeutet, entlang einer Wegachse wurden pavillonartig Gebäude symmetrisch angelegt. Den Höhepunkt der Anlage bildete der freistehende Festsaal. Hier kamen denn auch einige von Georg Philipp Telemanns Serenaden zur Uraufführung, weshalb er heute Telemannsaal genannt wird.

Nach dem Tod des Herzogs erlosch die Eisenacher Linie und das Herzogtum ging über an das Haus Sachsen-Weimar. Wilhelmsthal erfuhr zahlreiche Umbauten. So wurde unter dem Goethe-Mäzen Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757 – 1828) der Saalbau im Stil des Klassizismus verändert. Das barocke Mansarddach wurde durch ein Satteldach ersetzt. Als symmetrisches Pendant zum Konzertsaal entstand auf der Nordseite ein zweigeschossiger Pavillon. Beide Gebäude ließ Carl August durch eine Kolonnade verbinden. Als Goethe wiederholt in Wilhelmsthal weilte, genoss er es sicher, von der Schiffsgondel über den See auf dieses nun „Neues Schloss“ genannte Ensemble zu schauen. 

Die STSG arbeitet weiter an der Erhaltung dieses Kleinods in prächtiger Park- und Naturumgebung. Bis zum Sommer 2024 soll der Telemannsaal nutzbar werden. Die Wände und Stuckdecken sind dann zwar noch nicht restauriert, aber schon in diesem Jahr sollen Chöre in der Veranstaltungsreihe „Chorschätze“ der Schatzkammer Thüringen auftreten können. Und in naher Zukunft sollen hier wieder Telemann-Konzerte stattfinden und zahlreiche Besucher anlocken.

Uta Kolano

Bild ganz oben: Blick vom Schwalbennest auf Wilhelmsthal. Um 1806. Grafik von Georg Melchior Kraus (Quelle: Klassik Stiftung Weimar)


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