Wird historisches Mauerwerk saniert, spielt der Mörtel eine wichtige Rolle. Dank ihm bleibt ein Stein auf dem anderen, können meterhohe Mauern aus dem Boden wachsen und Brücken, Burgen und Klöster in atemberaubender Lage hoch auf dem Berg oder tief im Wald errichtet werden. Unauffällig und dennoch mit tragender Rolle, hält der Mörtel die Mauer zusammen. Auf die richtige Mischung kommt es allerdings bei der Sanierung an. Möglichst nah am vorgefundenen Material soll die Rezeptur sein, damit sich Alt und Neu chemisch und optisch vertragen. Ist aber im 20. Jahrhundert mal Zement verwendet worden, gehen bei den Denkmalexperten die Alarmglocken an. Denn der moderne Baustoff verträgt sich mit Gips, Naturstein und anderen früher häufig eingesetzten Materialien nicht.
Fein, grob, mit oder ohne Kalk, mehr bräunlich oder doch eher grau – das richtige Mischverhältnis zu finden, ist eine Kunst für sich und eine Wissenschaft dazu. Wasser, Sand und Kalk, manchmal auch Gips oder Lehm, verbinden sich im Bottich zum alles entscheidenden Baustoff – dem Mörtel.
Foto: STSG, Philipp HortBaustoff mit tragender Rolle
Auch im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIPI) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist der Mörtel der heimliche Star. In zahlreichen der 23 Einzelprojekte des SIP I wird Mauerwerk saniert – so beispielsweise fast ein halber Kilometer Stützmauern auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, die Schlossbrücke auf Schloss Bertholdsburg in Schleusingen oder ein Abschnitt der Ringmauer auf der Burg Weißensee.
Im Mittelalter gab es keine DIN-Normen. Durch Restauratoren und in Laboren werden deshalb die historischen Mörtel vor der Sanierung genau unter die Lupe genommen – im wahrsten Sinne des Wortes. Unter dem Mikroskop und im Reagenzglas analysieren Experten Zusammensetzung, Körnungsgrad und Farbigkeit. Möglichst nah versucht man an die historische Beschaffenheit heranzukommen, dabei aber auch Probleme wie Salz- oder Feuchtigkeitsbelastung am Denkmal nicht außer Acht zu lassen.
Foto: STSG, Philipp HortRuinensicherungen im SIP I
Im Zentrum stehen steinrestauratorische Maßnahmen auch auf Ruinen, freiliegende Mauerkronen und die ungeschützt der Witterung ausgesetzten Mauern machen die Sanierung hier zur besonders anspruchsvollen Aufgabe. So auch auf den Burgruinen Bad Liebenstein und Ehrenstein, an denen 2023 die Baumaßnahmen im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I begonnen haben. Die über 700 Jahre alten Mauern boten einst Grafen und Edelmännern Zuflucht und Schutz, jetzt brauchen sie selbst Hilfe.
Foto: STSG, Philipp Hort
Auf der Burgruine Bad Liebenstein ging es mit der Zugangsbrücke los. Ein Teil der Pfeiler der Steinbogenbrücke stammt noch aus dem Mittelalter, die Bögen wurden vermutlich um 1800 erneuert. Im zweiten Schritt wird die Mauerwerkssanierung im bereits notgesicherten südlichen Bereich der Kernburg fortgesetzt.
Foto: STSG, Philipp BrandBei der Ruinensicherung und Mauerwerkssanierung im SIP I geht es ums große Ganze, aber auch um Details wie einen unscheinbaren Baustoff, den Mörtel, der seit Jahrhunderten gebaute Geschichte Stein für Stein zusammenhält und mitträgt.
Anke Pennekamp