Das Renaissanceschloss Dornburg wird zur Baustelle

Goethe zieht aus

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Weiße Handschuhe, blaue Kisten, spezielles Verpackungsmaterial für Kunstgegenstände – im Renaissanceschloss, dem südlichen der drei Dornburger Schlösser, geht es im November geschäftig zu. Stück für Stück verpacken Mitarbeiter der Klassik Stiftung Weimar Gemälde, Vasen, Möbel und Leuchter und bringen sie in ihr Depot. Grund für den Spezialumzug sind anstehende Bauarbeiten.

In den nächsten Jahren sollen im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms I (SIP I) der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Dach und Fassaden saniert und das Gebäude zeitgemäß erschlossen werden.

Zu den Stücken, die nun im Depot auf ihre Rückkehr warten, gehört auch ein Goldklumpen, genauer gesagt die Gipsnachbildung eines kapitalen Nuggets. Johann Wolfgang Goethe hatte sich den vergoldeten Abguss eines sibirischen Fundes im Spätsommer 1828 schicken lassen, und weil er sich zu dieser Zeit gerade für mehrere Wochen im Renaissanceschloss einquartiert hatte, wurde er ihm dort zugestellt. Deshalb gehört das Zeugnis seiner naturwissenschaftlichen Interessen zur Präsentation in der Bergstube, die in Erinnerung an Goethes Aufenthalt als Wohn- und Arbeitsraum eingerichtet war – und nach der Sanierung wieder wird. Mit dem Goldklumpen verlassen auch der Sekretär und sogar ein Ofen den Raum – einzig zwei Bleistiftkritzeleien des Dichters an den Fensterrahmen bleiben vor Ort und werden von den Argusaugen der baubegleitenden Restauratoren gehütet.

Verlässt das Renaissanceschloss: der Gipsabguss eines Goldnuggets, Foto: STSG, Christian Hill

Schwere Schäden an Dach und Konstruktion

Man sieht es erst auf den zweiten Blick – das Schloss hat eine Sanierung bitter nötig. Schon im Sommer 2023, noch vor der vorübergehenden Schließung, haben Experten begonnen, das Schloss genau zu untersuchen. Der Zustand des Daches hatte schon länger Sorgen bereitet. Durch Reparaturen war es nicht mehr dicht zu bekommen, bei Regen mussten immer mehr Eimer aufgestellt werden. Holzexperten und Statiker haben nun auch das Ausmaß der Schäden am maroden Dachstuhl festgestellt. Einzelne Balken zerbröseln bei bloßer Berührung, Verbindungen halten nicht mehr, ein Nebendach ist seit langer Zeit nur an die Fassade gelehnt. Die Probleme setzen sich nach unten bis in die Decke über dem Erdgeschoss fort, auch weil nachträgliche Umbauten die Grundkonstruktion des Bauwerks aus dem 16. Jahrhundert nicht ausreichend berücksichtigt haben.

Sanierung im SIP I

Im Mittelpunkt der Bauarbeiten stehen deshalb Arbeiten, deren Ergebnisse die Gäste hinterher kaum bemerken werden. Der Dachstuhl wird unter Erhaltung von möglichst viel Originalsubstanz saniert, die Decken werden wieder langfristig tragfähig gemacht und fehlerhafte Lastableitungen korrigiert. Das Dach wird neu gedeckt und die Fassade restauriert. Verbesserungen für den Besucherverkehr wird es aber auch geben. In einem jüngeren Anbau wird eine neue Treppe eingebaut, und wer möchte, kann dann auch mit einem Aufzug ins Obergeschoss zur Bergstube fahren. Rund sechs Millionen Euro stehen für die Arbeiten bereit – Mittel aus dem insgesamt 200 Millionen Euro schweren SIP I, das Bund und Land je zur Hälfte finanzieren.

Bergstube im Renaissanceschloss, Foto: STSG, Philipp Hort

Ziel: das Jubiläumsjahr

2028, so der Plan, soll der Baulärm verklungen sein und das Renaissanceschloss wieder öffnen. Dann jährt sich der Aufenthalt Goethes zum 200. Mal. Der Dichter hatte hier Ruhe gesucht, nach dem sein Freund und Förderer Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach gestorben war. Mit Dornburg verbanden sich Erinnerungen an gemeinsame Aufenthalte, und Carl August hatte erst 1824 durch den Zukauf und behutsamen Umbau des Renaissanceschlosses das Dreigestirn der Dornburger Schlösser komplettiert.

Franz Nagel

Das Oberschloss Kranichfeld wird neu inszeniert

Faszination
Burg – Schloss – Ruine

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteVermittlung
Hoch oben über der Zwei-Burgen-Stadt Kranichfeld thront das Oberschloss. Egal ob aus Richtung Weimar oder Stadtilm kommend, die imposante Anlage mit ihren Renaissancegiebeln und dem mittelalterlichen Turm fällt ins Auge. Doch warum Zwei-Burgen-Stadt? Warum Oberschloss und nicht Oberburg analog zur Niederburg? Und wieso eigentlich Ruine? Es gibt viele spannende Fragen rund um die in weiten Teilen zugängliche Anlage, deren 900-jährige Geschichte untrennbar verwoben ist mit den historischen Ereignissen seiner Umgebung.

Und nicht nur das, auch die vielen Eigentümer und Bewohner haben das Bauwerk geprägt und ihre Spuren hinterlassen, die heute noch hier und da ablesbar sind. Doch da Gemäuer bekanntlich nicht von selbst reden, bringen wir sie künftig zum Sprechen. Mit dem Titel »Sehen lernen – auf Spurensuche im Oberschloss« erarbeitet die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) im Rahmen ihres Förderprogramms SchlösserWelt Digital&Original derzeit eine neue Dauerausstellung im Einklang mit einem informationsgespickten Rundgang sowie einem Mediaguide für die gesamte Anlage. Auch die Kinder sollen dabei nicht zu kurz kommen und mit einer Rallye eigene Entdeckungen machen und Aufgaben lösen können.

Ein Projekt mit ehrenamtlicher Vorgeschichte

Die STSG muss mit ihrem gesamtheitlichen Vermittlungsprojekt nicht bei Null anfangen, sondern kann inhaltlich auf die Vorgängerausstellung aufbauen. Auf Initiative der 1981 gegründeten Interessengemeinschaft Oberschloss, aus der 1990 der Förderkreis Oberschloss Kranichfeld e. V. entstand, wurde bereits vor knapp 30 Jahren eine Ausstellung eingerichtet. Da die Fülle der Themen und die Exponate mehr Platz benötigen, wird fortan der größte Raum, häufig als Palas bezeichnet, als Ausstellungsfläche hinzukommen. Hier findet sich künftig das zentrale Vermittlungselement mit einem raumgreifenden Zeitstrahl. Er wird die komplette Geschichte der Anlage abbilden: von der frühen Burganlage über den Umbau zum Schloss bis zum heutigen Erscheinungsbild mit Ruinenteil.

Reicher Fundus: Bildmaterial aus der Geschichte des Oberschlosses

Dazu gibt es angrenzende Vertiefungsebenen mit den Themen »Die romanische Burg«, »Die Geschichte der Stadt Kranichfeld«, »Das KZ-Außenlager Buchenwald« oder »Denkmalpflege früher und heute«. Angestrebt wir ein Wechsel zwischen Texten, Exponaten, haptischen Modellen, Mitmach-Stationen und medialen Elementen. Ergänzend werden zwei Hörstationen mit Zeitzeugeninterviews aus dem dunklen Kapitel der NS-Herrschaft und dem Beginn der Sicherungs- und Wiederaufbaumaßnahmen durch die Interessengemeinschaft bereitstehen.

Verbunden mit der Ausweitung der Präsentationfläche und dem zu erwartenden höheren Besucheraufkommen sind umfangreiche Bauarbeiten. Ein zeitgemäßes Ausstellungsdesign mit szenografischer Beleuchtung und einer dramaturgischen Besucherführung muss in Einklang gebracht werden mit den Anforderungen an ein öffentlich zugängliches Baudenkmal, bei dem die Besuchersicherheit immer Priorität hat. Eine interdisziplinäre Planung ist daher Voraussetzung für das Gelingen des Vorhabens.

SchlösserWelt Digital&Original

Mit ihrem Förderprogramm SchlösserWelt Digital&Original mit einem Volumen von gut 3,75 Millionen Euro hat die STSG erstmals die Möglichkeit, Schlaglichter auf ausgewählte Schlösser, Burgen, Parkanlagen und Klöster ihrer insgesamt 31 Kulturdenkmale zu richten. Ziel ist die lebendige und zeitgemäße Vermittlung von Bau- und Nutzungsgeschichten. Auf das Oberschloss Kranichfeld entfallen dabei rund 200.000 Euro für die Vermittlung, hinzu kommt ein Mediaguide. Noch einmal mindestens 100.000 Euro entfallen auf die Bauarbeiten, die die STSG aus dem eigenen Haushalt stemmt.

Linda Tschöpe

Überraschender Fund bei Freilegungsarbeiten auf Schloss Friedenstein

Flaschenpost von 1891

BaugeschehenKulturgeschichte
Wenn Bauforscher, Statiker und Restauratoren Bauwerke untersuchen, dringen sie oft in Bereiche vor, die lange niemand gesehen hat. Mit Hammer, Meißel und Brecheisen entfernen sie behutsam jüngere Einbauten oder nehmen vorsichtig historische Bauteile auf, die später wieder an ihren Platz zurückkehren sollen. Sie tun das, um Einblicke in die Konstruktionsweise, den Zustand von Bauteilen oder die bauliche Entwicklung bestimmter vorher als aufschlussreich identifizierter Bereiche zu erhalten. Nicht selten werden die Experten dabei überrascht. Durchaus selten ist aber der Fund von Botschaften an die Nachwelt.

So geschehen im Westturm von Schloss Friedenstein. Bei Freilegungen haben die von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) beauftragten Fachleute die anstehenden Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des 110-Millionen-Euro-Projekts für Schloss Friedenstein im Sinn. Neben dem baufachlichen Erkenntnisgewinn begegnetet ihnen jedoch auch noch etwas Kurioses – eine Flaschenpost. Sie lag in einer kleinen Kammer unter dem Bodenbelag beim Sockel einer Sandsteinsäule. Zwar war die Glasflasche stark beschädigt. Kaum in Mitleidenschaft gezogen waren aber der Porzellanverschluss und der Inhalt – zwei handgeschriebene Zettel.

Fundstelle im Westturm von Schloss Friedenstein,
Foto: ProDenkmal, Nico Wörner

Die Säule selbst stammt aus der Bauzeit des Schlosses im 17. Jahrhundert. Die Nachricht ist wesentlich jünger. Bei einer Umgestaltung der fünf an das Kämmerchen angrenzenden Räume hatte man 1891 die Flaschenpost mit Informationen zum zur Baumaßnahme hinterlegt, die auch Hinweise zu aktuellen Geschehnissen und aktuellen Lebensmittelpreisen enthält.

Nachricht aus dem „Jahre des Unheils“

Die betreffenden Räume seien „im Jahre des Unheils 1891“ für die Nutzung durch das Staatsministerium „neu hergerichtet“ worden, unterrichtet die anonyme Nachricht. Zuvor habe hier die „gothaische Geldlotterie“ mit „jedes Jahr 4 Ziehungen“ stattgefunden. Zudem werden beispielhaft einige Lebensmittelpreise aufgeführt: „Das Pfund Brod kostet 15 bis 18 Pfennige“, „der Centner Kartoffeln 4 Mark und drüber“. Berichtenswert schien dem Schreiber der Notiz offenbar auch eine Militärübung: „Im August dieses Jahrs fand großes Kaisermanöver zwischen Erfurt u. Gotha statt bei welchem das 4. Armeekorp gegen das 11. bei Langensalza u. Mühlhausen ging.“ Nebenbei wird mit dem 1. Oktober noch das exakte Datum der Inbetriebnahme des neu errichteten Gothaer Schlachthofs benannt.

Kuriose Dienstränge

Nicht vergessen wird auf dem Zettel auch etwas Wesentliches, das in Bauberichten bis heute meist zu kurz kommt – die Reinigung als Abschluss der Arbeiten. Auch hier werden – mit Bleistift nachträglich ergänzt – die Akteure namentlich benannt. Aus heutiger Sicht kurios sind dabei die zum Teil an das Militärische angelehnten Funktionsbezeichnungen: „Die Reinigungscommission bestehen[d] aus den beiden Herren Hoftagelöhner Eckardt u. Reinhardt sowie den so genannten Hofdamen der Frau Luzi als General und dessen Tochter verehelichte Frau Platz (Schuhmacher) als Adjutant.“

Franz Nagel