Läutprobe im Turm von Schloss Heidecksburg

Dynamische Untersuchungen

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteSonderinvestitionsprogramm I
Ob zu besonderen Anlässen der alte Schwung in den Schlossturm zurückkehren kann, dazu wurden jetzt besonders klangvolle Untersuchungen auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt angestellt.

An einem warmen Spätsommertag Anfang September erklimmen um viertel vor neun sieben Glöckner, zwei Statiker und weitere Bauexperten, den Turm von Schloss Heidecksburg. Ein dynamisches Gutachten soll die Auswirkungen der Schwingung der drei historischen Schlossglocken auf die Statik des Schlossturms untersuchen. Ein besonderer Moment – Jahrzehnte standen die Glocken zuvor still. Im Sonderinvestitionsprogramm I soll im Rahmen der Dachsanierung am West- und Nordflügel von Schloss Heidecksburg auch der Turm saniert werden. Ob nach der Sanierung zu besonderen Anlässen die Glocken wieder geläutet werden könnten, sollen die Untersuchungen zeigen.

Glockenstuhl im Schlossturm von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt,
Foto: STSG, Uta Kolano

Der 44 Meter hohe Schlossturm von Schloss Heidecksburg stammt aus dem 18. Jahrhundert. Nach einem großen Schlossbrand 1735 bei dem Nord- und Westflügel zu großen Teilen zerstört wurden, war er neu errichtet worden. Der Entwurf und die Konstruktion der Turmhaube stammen aus der Feder des damaligen Stararchitekten Gottfried Heinrich Krohne, der auch mit der Innenausstattung des Westflügels betraut worden war. Im Turmschaft sind noch heute drei historische Glocken zu finden, die 1770 in der Residenzstadt Rudolstadt gegossen wurden. Auch der Glockenstuhl stammt noch aus dem 18. Jahrhundert.

Schlossturm von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt

Nach den letzten Metern über knarzige Holzstufen erreicht das Expertenteam das Glockengeschoss des Turms. Um Punkt neun Uhr wird die erste kleinere Glocke mit Muskelkraft per Seil in Schwingung versetzt. Die große Glocke und das kleinere Pendant folgen. Parallel gehen die Statiker ans Werk. Im Inneren des Turms messen sie die Auswirkungen der Glockenschwingungen auf das Mauerwerk. Die Messergebnisse werden in einem dynamischen Gutachten zusammengeführt. Rund 10 Minuten lassen die sieben Männer die Glocken erklingen. Durch die Schallluken des Turms ist das Geläut aus dem 18. Jahrhundert früher wie heute an diesem Tag bis in der Stadt zu hören.

Wann und wie einst geläutet wurde, hielt die Läutordnung fest. Neben den Glocken ist noch heute die gerahmte „Nachricht Wie das Läuten bey hof zuverrichten“ im Glockenstuhl nachzulesen. Auch in welcher Reihenfolge welche Glocke zu läuten waren, hält diese fest – ob nur eine, die große oder die kleine, alle drei oder nur die kleinen. Sonntags und Festtags, „bey wochen Kirchen“ und weiteren Gelegenheiten wurden die Glocken einst geläutet.

Anke Pennekamp

Läutordnung im Turm von Schloss Heidecksburg in
Rudolstadt, Foto: STSG, Carolin Schart


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