Exponierte Lage, hohe Mauern, viele Fenster, große Räume waren wichtige Träger einer Botschaft. Repräsentative Architektur war Ausdruck eines Anspruchs auf Herrschaft, sie sollte das Anrecht ihrer Bewohner auf Vormacht belegen. Natürlich ging es nicht nur um die Signalwirkung. Eine Burg des Mittelalters bot die Möglichkeit zu Sicherung und Verteidigung und erlaubte so die praktische Ausübung von Herrschaftsrechten wie dem Eintreiben von Abgaben oder dem Sichern territorialer Ansprüche. Später wandelten sich die Funktionen. Ein Schloss der Frühen Neuzeit diente weniger militärischen Zwecken, es beherbergte den wachsenden Hofstaat und bot mit Appartements und Sälen die Bühne für das immer ausgefeilter werdende Zeremoniell, die Kommunikationsgrundlage des europäischen Netzwerks der Höfe.
Jenseits von Macht und Herrschaft waren Burgen und Schlösser Orte des Alltagslebens. Dafür boten die auf Repräsentation angelegten Eigenschaften von Herrschaftsbauten nicht immer den idealen Rahmen. Nicht selten lebten fürstliche Familien nicht alltäglich in den prachtvollen großen Räumen, sondern verfügten über private Bereiche in bescheideneren Dimensionen. Vor allem in der kalten Jahreszeit waren besondere Vorkehrungen und einiger Aufwand nötig, um für etwas Komfort zu sorgen.
Die Mauern mittelalterlicher Burgen boten zwar Schutz vor Angreifern und Eindringlingen, aber kaum vor winterlicher Kälte. Die häufig in repräsentativen Räumen eingebauten Kamine entfalteten nur lokale Wärme, selten waren Heißluftkanäle unter Fußböden nach dem Vorbild der römischen Antike, die vor allem in Klöstern verbreitet waren. In Burgen musste man sich meist mit offenen Feuerstellen begnügen. Wandteppiche, Vorhänge und Holzvertäfelungen halfen, die Abgabe der Wärme an die steinernen Wände zu verlangsamen. In den Häusern wohlhabender Bürger, aber auch gelegentlich in Burgen, waren Bohlenstuben eine beliebte Lösung. Aus dicken Brettern wie autarke Räume in größere Bauwerke eingesetzt, hielten sie auf begrenztem Raum die Wärme besser. Oft waren sie die einzigen gut beheizbaren Räume in einem Gebäude.
In der Bohlenstube im Heidenbau auf der Veste Heldburg – einem Lagergebäude – hatte der Kellermeister schon im 16. Jahrhundert sein beheizbares Quartier.
Foto: STSG, Gydha Metzner
Die Entwicklung von Kachelöfen im Spätmittelalter brachte entscheidende Verbesserungen für das winterliche Leben auf Burgen mit sich. Sie speicherten die Wärme länger und gaben sie kontrollierter ab, mit ihnen konnte man mehrere Räume parallel heizen, sie waren energieeffizienter als Kamine und gaben ihren Rauch vollständig über Schornsteine nach außen ab.
Vom Nebenraum beheizter Ofen mit Ofenschirm in den fürstlichen Appartements auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt.
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus GlahnÖfen begleiteten die Entwicklung von der Burg zum Schloss, vom trutzigen Wehrbau zum repräsentativen Herrschersitz. Kamine dienten in Schlössern kaum mehr als Wärmequellen, sondern wurden zu Gestaltungselementen vor allem in Sälen. Öfen hingegen wurden nun in zahlreichen Wohnräumen eingebaut. Nicht nur die Öfen selbst waren aufwendig herzustellen, auch ihre Beheizung erforderte ausreichend Brennstoff und Arbeitskraft. Die Beheizung eines Schlosses war also auch eine Ressourcenfrage im Hinblick auf Material und Personal. Selbstbewusst zeigte deshalb die Zahl der oft kunstvoll gestalteten Schornsteine am Dachfirst an, wie reich ein Schloss mit Heizquellen ausgestattet war.
Detail eines Kamins mit Heiztechnik des späten 19. Jahrhunderts in den Säulensälen von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt.
Foto: STSG, Thomas MüllerSo traditionsbewusst Schlösser über die Jahrhunderte bewahrt wurden, so sehr war man dennoch an zeitgemäßem Komfort interessiert. Vor allem im späten 19. Jahrhundert führte das zu kleinen technischen Revolutionen in vielen Schlössern. Elektrischer Strom hielt Einzug in barocke Prachträume, Badezimmer und Wasserklosetts wurden an unauffälligen Stellen integriert, und nicht zuletzt ersetzten oder ergänzten auch moderne Heiztechnologien die zahlreichen Kamine und Öfen. Auch von diesen Veränderungen hat sich noch vieles in Schlössern erhalten, man sieht es oft erst auf den zweiten Blick.
Foto: STSG, Constantin Beyer
Nicht nur für das Wohlbefinden von Schlossbewohnern wurde im Winter baulicher und organisatorischer Aufwand betrieben. Auch für die exotischen Pflanzensammlungen war keine Mühe zu groß. Kübel mit Zitrusbäumchen und Lorbeer gehörten im Barock zu den wertvollsten Schätzen, über die ein Fürst verfügen konnte. Später kamen Palmen, Ananas, Oleander und viele andere aus südlicheren Klimazonen stammende Gewächse hinzu. In repräsentativen Orangeriebauten erhielten sie ihre Winterquartiere. Für Frostfreiheit sorgten ausgeklügelte Heizungsanlagen, oft mit Warmluftkanälen im Boden. Zu warm durfte es aber auch nicht werden. Damit konstante Temperaturen herrschten, taten in den Wintermonaten eigens beauftragte Heizer ihren Dienst, die auch nachts das Feuer im Ofen in regelmäßigen Abständen am Laufen halten mussten. Das Erfrieren der versammelten Pflanzenraritäten hätte einen großen materiellen Verlust bedeutet, im 18. Jahrhundert kostete ein Zitrusbaum mehrere Monatseinkommen eines einfachen Hofangestellten. Es wäre zudem ein Rückschlag im Hinblick auf die Reputation gewesen – die mythologisch bedeutsamen Pflanzen im mitteleuropäischen Klima zu Blüte und Frucht zu bringen, galt auch als Statussymbol und unterstrich den Herrschaftsanspruch eines Fürsten.
Franz Nagel