So prognostizieren Modellrechnungen bis zum Jahr 2100 einen Anstieg der Jahresmitteltemperaturen, die Jahresniederschlagsmengen könnten annähernd konstant bleiben. Allerdings wird langfristig eine sinkende Niederschlagsmenge in den Sommermonaten erwartet, der eine steigende Menge in den Wintermonaten gegenübersteht. Dazu wird langfristig mit häufigeren und intensiveren Starkregenereignissen gerechnet. Bedeutend für die historischen Gärten sind darüber hinaus die häufiger auftretenden und an Stärke zunehmenden Stürme, die zu großflächigem Windbruch führen.
Der Fürstlich Greizer Park ist ein Hort der Artenvielfalt. Er bietet nicht nur Pflanzen eine Heimstatt, die in der bewirtschafteten Kulturlandschaft kaum mehr vorkommen. Auch rund 240 Vogelarten und seltene Insekten sind auf das denkmalpfelegerisch gehegte Ökosystem angewiesen.
Foto: STSG, Helmut WiegelThüringer Beispiele zeigen, dass klimatische Auswirkungen auf die Parkanlagen teils dramatische Folgen haben und die Notwendigkeit zur weiteren Erforschung, präventivem Schutz sowie zu einer angemessenen haushälterischen, und personellen Ausstattung besteht, um auch unter sich ändernden Umweltbedingungen die Anlagen als Kulturdenkmale zu erhalten. In den Jahren 2018 bis 2020 waren die Baumverluste in Anlagen der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten jeweils etwa dreimal so groß wie im Durchschnitt der Vorjahre.
Sturm, Starkregen, Trockenheit
Besonders anfällig ist der Schlosspark Altenstein mit seiner Lage im nordwestlichen Thüringer Wald mit bergiger Topographie und hohem Parkwaldanteil. Stürme, starke Regenfälle, aber auch plötzliche Wintereinbrüche, haben sich in Häufigkeit und Intensität in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Während es in der Vergangenheit erfahrungsgemäß vielleicht alle 10 bis 20 Jahre stärkere Stürme gab, war der Park allein zwischen 2007 und 2013 dreimal betroffen. Massive Schäden und Verluste im historischen Baumbestand waren die Folge. Starke Regenfälle schädigen immer häufiger das rund 20 Kilometer lange Wegesystem.
Mehrmals im Jahr muss das Team im Schlosspark Gotha sich um abgestorbene Äste und ganze Bäume kümmern. Die Trockenheit führt zu großen Verlusten im historischen Baumbestand. Um Gefahren für Gäste zu vermeiden, muss schnell gehandelt werden.
Foto: STSG, Jens SchefflerIm Herzoglichen Park Gotha ist die Trockenheit das drängendste Problem. Nach mehreren niederschlagsarmen Jahren ist der Stress für die zum Teil 250jährigen Gehölze inzwischen so groß, dass Vorschädigungen oder Schädlinge leichtes Spiel haben. Die Gehölze reagieren zunehmend mit Wachstumsproblemen und Vitalitätsverlusten und können zum Totalausfall einer ganzen Art führen, woraus sich eine massive Beeinträchtigung des originalen Artenspektrums im Park ergibt.
Kein Widerspruch zur Trockenheitstendenz sind Hochwasserereignisse infolge starken Regens. Der Fürstlich Greizer Park ist mit beiden Gefahren konfrontiert. Das jüngste Hochwasser 2013 überflutete den Park mit einem Pegelstand von sechs Metern. Problematisch waren neben dem Wasserstand vor allem zerstörerische Strömungen. Die Langzeitfolgen sind immer noch zu spüren und überlagern sich mit den Trockenheitsschäden der auf das Hochwasser folgenden Jahre. Waren die Bäume 2013 durch zu viel Nässe und Schlammauflagen geschwächt, werden sie nun oft nicht ausreichend mit Wasser versorgt.
Foto: STSG, Hajo Dietz Luftbildfotografie
Klimafolgeschäden verursachen einen erheblich erhöhten Aufwand für die Parkpflegeteams und verlagern deren Arbeitsschwerpunkte. Gartendenkmalpflegerische Aufgaben wie die Wiederherstellung historischer Gestaltungszustände und die laufend notwendigen Pflegearbeiten drohen in den Hintergrund zu rücken, während die Pflichten der Verkehrssicherung, der Bestandserhalt und die Regeneration verlorener Pflanzungen in den Vordergrund drängen. Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten arbeitet intensiv mit verschiedenen Partnern an wissenschaftlich fundierten Lösungsstrategien gartendenkmalpflegerischer Qualität im Umgang mit klimasensiblen Kulturdenkmalen. Zudem wächst mit den Klimafolgen der finanzielle Bedarf für die Parkpflege, zudem wird die ohnehin knappe Personalsituation in den Parkteams zusätzlich verschärft.
Strategien der Gartendenkmalpflege
‚Resilienz‘ und ‚Habitus‘ sind dabei die entscheidenden Fachbegriffe, wenn es in der modernen Gartendenkmalpflege um Gehölze, vor allem aber um Bäume geht. Wie das Fachgebiet selbst, haben auch die hinter diesen Begriffen stehenden Konzepte eine viele Generationen zurückreichende Tradition, bedürfen aber einer zeitgenössischen Auslegung und Praxis. Kern der Gartendenkmalpflege ist der Erhalt von Kunstwerken aus lebendem Material. Das Ersetzen von Pflanzen gehört zur Geschichte eines Gartens und ist deshalb eigentlich traditionelles Alltagsgeschäft. Allerdings hat der Klimawandel in den letzten Jahren die Bedingungen rasant verändert, in dessen Folge die gartenkünstlerische Funktion von Bäumen immer häufiger nicht durch Altersschwäche verlorengeht, sondern durch Trockenstress.
Für gartendenkmalpflegerische Nachpflanzungen verloren gegangener Bäume wird bevorzugt genetisches Material des Altbaums genutzt, das vorausschauend nachgezogen werden muss. Wie hier auf der Katzenkopfwiese im Schlosspark Altenstein wird der junge Baum gern in den Stubben des Altbaums gepflanzt.
Foto: STSG, Helmut WiegelGenbasierte Vorgehensweisen sollen nun zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie ermöglichen Resilienz –also möglichst hohe Toleranz gegenüber Klimafolgen – und stellen möglichst große Ähnlichkeit mit dem Habitus eines Baums – also seiner Wuchs- und Kronenform – sicher. In der Forstwirtschaft ist das schon lange Standard. Es ist sogar naturschutzrechtlich festgelegt, dass Gehölze in freier Landschaft nicht aus anderen Naturräumen kommen dürfen. Der Grund ist ganz einfach: Pflanzen passen sich an die Klima- und Bodenbedingungen an und speichern die speziellen Eigenschaften in ihrem genetischen Code. Wenn man ihn nutzt, ist die Anpassungsfähigkeit an weitere Entwicklungen deutlich größer, die Pflanzen sind resilienter. Und es ist ein Beitrag zur genetischen Vielfalt: Je mehr unterschiedliche regionale Genpools wir haben, desto größer ist die Auswahl an Anpassungsformen, von deren späterem Nutzen man jetzt vielleicht noch gar nichts weiß.
Dietger Hagner