Revitalisierungsprojekt im Fürstlich Greizer Park

Gartenkunstwerk mit Tiefe

AllgemeinDenkmalpflegeGartenkulturKulturgeschichte
Ein gartendenkmalpflegerisches Großprojekt mit besonderem Tiefgang konnte in diesem Jahr im Fürstlich Greizer Park abgeschlossen werden. Dabei gewann der historische Parksee nicht nur rund einen halben Meter seiner ursprünglichen Tiefe zurück, auch ökologisch gesehen und vor dem Hintergrund der Suche nach Strategien gegen den Klimawandel hat das Projekt Bedeutung.

Der Greizer Parksee entstand in seiner heutigen Form vor rund 150 Jahren. Im 19. Jahrhundert sollte eine Eisenbahnlinie durch das Elstertal errichtet werden. Fürst Heinrich XXII. Reuß Älterer Linie handelte damals eine hohe Entschädigungssumme dafür aus, dass der Bahndamm direkt am Rand des Greizer Parks gebaut werden durfte. Die Einnahmen nutze er, um die Gartenanlage um sein Sommerpalais auf eine gut 40 Hektar große Auenfläche zum Landschaftspark auszudehnen und den gefragten Gartenkünstler Eduard Petzold anzuheuern, der Gestaltungsentwürfe für den neuen Park vorlegte.

Für die Ausführung engagierte Heinrich den Muskauer Petzold-Schüler Rudolph Reinecken, der eigene Akzente in der Parkanlage setzte und 50 Jahre im Dienst blieb. Besonders wichtig bei der Neugestaltung war der Parksee, entwickelt aus einem schon zuvor bestehenden Teich. Der große Parksee gehört neben dem Blumengarten und dem Pleasureground direkt am Sommerpalais noch heute zu den entscheidenden Gestaltungselementen des Fürstlich Greizer Parks.

See im Fürstlich Greizer Park vor der Entschlammung,
Foto: Schatzkammer Thüringen, Marcus Glahn

Wie alles andere in historischen Parkanlagen brauchen auch Teiche und Seen Pflege, dazu gehört alle paar Jahrzehnte das Entschlammen. Über die Zeit sammeln sich Sedimente und Pflanzenmaterial auf dem Seeboden an. Durch das geringer werdende Wasservolumen erhöht sich die Anfälligkeit für Temperaturschwankungen. Außerdem reichern sich Nährstoffe an, was beispielsweise Blaualgenbefall begünstigt. Der See kann Umwelteinflüsse weniger gut bewältigen und die Gefahr des Umkippens steigt.

Nassentschlammung des Sees im Fürstlich Greizer Park mit Amphibienfahrzeug 2024, Foto: STSG, Helmut Wiegel

Jahrhundertprojekt

Das Entschlammen wird bei einem Parksee wie in Greiz mit einer Größe von rund 8 Hektar allerdings zur Großaufgabe. Eine Förderung durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK) machte das Großprojekt jetzt möglich, mit sichtbarem Erfolg. Im Rahmen des Projektes Anpassung urbaner und ländlicher Räume an den Klimawandel wurden für 3,4 Millionen Euro der Parksee entschlammt, über 2 Kilometer Uferlinie saniert und in der Umgebung und im Uferbereich Gehölze nachgepflanzt.

„Das See-Revitalisierungsprojekt im Greizer Park gehört zu den größten gartendenkmalpflegerischen Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren durchführen konnten“, erklärt Dietger Hagner, Gartenreferent der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. „Vermutlich im 19. Jahrhundert wurde der See das letzte Mal grundlegend entschlammt, nicht nur einen halben Meter Tiefe hat er im Lauf der Zeit eingebüßt, auch die Uferlinien hatten sich bereits verschoben.“

Entschlammter See mit Insel im Fürstlich Greizer Park,
Foto: STSG, Anke Pennekamp

Und auch an den kleinen Inseln im Parksee sind Zeit und Schlamm nicht spurlos vorübergegangen „Die Inseln im See waren bereits merklich errodiert, auch sie konnten wir wieder entsprechend ihrer ursprünglichen Proportionen instand setzen“, berichtet Hagner. Aber nicht nur für das gartendenkmalpflegerische Erscheinungsbild hat die Entschlammung wichtige Funktion, auch das ökologische Gleichgewicht des Sees musste wiederhergestellt werden. „Der Verlust an Tiefe hatte die Wasserqualität und die kühlende Wirkung des Sees beeinträchtigt. Jetzt kann der See Temperaturschwankungen wieder deutlich besser abfedern.“

20.000 Kubikmeter Schlamm

Das Revitalisierungsprojekt begann im Frühjahr 2024 mit der Nassentschlammung. Mehrere Monate zogen Amphibienfahrzeuge auf dem See ihre Runden und beförderten mittels Saugrüssel rund 20.000 Kubikmeter Schlamm zum Nordufer. Dort wurde dem Schlamm mit Hilfe einer Aufbereitungsanlage das Wasser entzogen. Über 15.000 Tonnen entwässerte Schlammpellets wurde dann zur Deponie abtransportiert.

Nassentschlammung des großen Parksees in Greiz 2024,
Foto: STSG, Mario Männel

Ufer in der Kur

Ende 2024 folgte im nächsten Schritt das Ablassen des Wassers aus dem See, sodass Bagger mit dem Entschlammen der ufernahen Bereiche beginnen konnten. Auch ausgespülte Uferbefestigungen an der Ostseite wurden wieder instandgesetzt. „Die Linienführung der Ufer gehört mit zum Kunstwerk“, erklärt Gartenreferent Hagner die Bedeutung der Ufersanierung. „Die Uferlinien waren mit der Zeit bereits verschwommen, ihr früherer Verlauf war aber noch an den Fußpunkten ablesbar. Die Ufer wurden bei der Anlage des Sees mit einer Steinschüttung befestigt, das Gestein ist jedoch mit der Zeit erodiert. Im Zuge der Ufersanierung haben wir weite Bereiche in Anlehnung an die historische Bauweise neu befestigt.“

Ufersanierung am großen See im Fürstlich Greizer Park 2025,
Foto: STSG, Mario Männel

Die Uferbefestigung des Greizer Parksees hat ihre ganz eigene Geschichte. Nicht nur sind die Uferlinien so geschwungen, dass sie im Zusammenspiel mit den Gehölzpflanzungen immer wieder überraschende Ansichten eröffnen und der See nie in seiner ganzen Größe zu erfassen ist, sie stehen auch in besonderer Weise in Zusammenhang zum Bau der Eisenbahnlinie im 19. Jahrhundert.

Für die Bahnlinie wurde damals auch ein Tunnel durch den Schlossberg gebaut, weil der Fürst die Bahnlinie vom Park fernhalten wollte. Teile des aus dem Berg geholten Gesteins wurden für die Uferbefestigung des Sees im angrenzenden Fürstlich Greizer Park genutzt. „Wo möglich wurde deshalb versucht bei der Sanierung die historische Uferbefestigung soweit wie möglich zu erhalten. Das damals verwendete Gestein hatte ungleichmäßigere Größen und war nicht frostsicher. Es ist heute noch gut erkennbar, wo es erhalten ist und lediglich ergänzt wurde, zum Beispiel am Ufer der Steininsel im See“, erklärt Hagner.

Greizer Parksee mit frisch saniertem Uferbereich,
Foto: STSG, Anke Pennekamp

Bürgerschaftliches Engagement

Da die Ufersanierung schnell voranschritt, war es möglich, auch das westliche Seeufer noch mit zu sanieren. Dafür fehlten zunächst jedoch die Mittel. Das Parksee-Förderprojekt sah bis dahin nur die Sanierung der östlichen Uferbereiche vor. Nach einem Spendenaufruf durch die STSG kamen innerhalb kurzer Zeit rund 8.000 Euro an Spenden für den Abschluss der Ufersanierung zusammen. Hinzu kam eine Aufstockung der Projektfördermittel durch das TMBWK, so dass auch das gut 600 Meter lange Westufer noch vollständig saniert werden konnte.

Sanierung des Parkseeufers 2025 im Fürstlich Greizer Park,
Foto: STSG, Mario Männel

Seufzerallee und Nachpflanzungen im Uferbereich

Während im Greizer Park die Entschlammung und die Ufersanierung auf Hochtouren liefen, schlug das Revitalisierungsprojekt aber auch in Gotha seine Wurzeln. In einer Baumschule wurden 43 Winterlinden aufgezogen, die dann in Greiz in der zum Parksee parallel verlaufenden Seufzerallee in die Fußstapfen verlorener Altbäume traten.

„In der Gartendenkmalpflege wird bei Nachpflanzungen heute vermehrt auf junge Pflanzen gesetzt“, erklärt Hagner. „Junges Material kann sich besser an die klimatischen Bedingungen am Standort anpassen. Größere Bäume, die aus der Baumschule an einen neuen Standort versetzt werden, verlieren beim Roden zudem in der Regel 50 Prozent ihres Wurzelwerks und sind anfälliger für Krankheiten.“ Um das genetische Material der Seufzerallee bei den Nachpflanzungen zu erhalten, wurden Reiser der teilweise über 200 Jahre alten Alleebäume auf heimische Sämlinge veredelt.

„Die Parkanlagen wurden einst durchkomponiert, dabei spielten auch Wuchsform, Laubfarbe oder Rindenbeschaffenheit der Gehölze eine wichtige Rolle. Durch die Verwendung von genetischem Material der teilweise rund 200 Jahre alten Linden können wir die besondere Charakteristik der Seufzerallee erhalten – ein wichtiger Faktor für den Erhalt des Parks als Gartendenkmal.“ Wie in der Gartendenkmalpflege üblich, wurden die Jungbäume in die ausgefrästen Stämme der Altbäume gesetzt, „das zeigt nicht nur an, dass hier eine Nachpflanzung erfolgt ist, der Stamm bietet den Jungpflanzen auch Schutz“, berichtet Hagner aus seiner langjährigen Denkmalpflegepraxis.

Seuferzerallee mit Nachpflanzungen, Foto: STSG, Anke Pennekamp

Historische Pflanzenvielfalt

76 Gehölze wurden in der Allee, in den Uferbereichen und im Umfeld des Sees insgesamt im Zuge des Sanierungsprojektes nachgepflanzt, darunter auch ein paar Exoten. „Die Auswertung von historischem Bildmaterial und Quellen hat gezeigt“, wie Hagner berichtet, „dass in Greiz eine große Pflanzenvielfalt, die man sonst eher nur in direkter Schlossnähe in den sogenannten Pleasuregrounds findet, hier auch um den Parksee vorhanden war.“ Unter den Nachpflanzungen finden sich deshalb beispielsweise auch eine Sumpfzypresse, eine Jeffrey-Kiefer und eine noch heute schwer zu bekommende Chilezeder (die aus einer Baumschule in Ungarn bezogen werden konnte). Aber auch einige heimische Gehölze wurden nachgepflanzt, wie Birken, die durch ihre weiße Rinde einen besonderen Kontrast innerhalb des Parkbildes bieten. 

Nach knapp zwei Jahren ist ein besonderes gartendenkmalpflegerisches Großprojekt im Fürstlich Greizer Park zu Ende gegangen und die ersten Bewohner haben sich auch schon wieder in ihr frisch saniertes Domizil zurückbegeben – mit einer handvoll Rotfedern sind die ersten Fische zur Feier des Projektabschlusses wieder in den See zurückgekehrt.


Fragen oder Feedback? Schreiben Sie uns.


Verwandte Artikel