Vor wenigen Wochen hat an Thüringens größtem Barockschloss die Mustersanierung eines Pfeilers begonnen. Es ist die erste umfassende Maßnahme an den wichtigen Stützen des Schlosses seit mehr als 350 Jahren. In einem Rutsch wurde Schloss Friedenstein im 17. Jahrhundert errichtet, dazu gehörten auch 54 Arkadenpfeiler, die bis heute im Schlosshof ihre optische Wirkung entfalten. Ohne viel zierenden Schnickschnack, aber mit imposanter Tragkraft warten sie seitdem auf. Jeder Pfeiler trägt das Gewicht von rund 270 Tonnen, das kommt dem Gewicht von 100 Elefantendamen gleich. Eine Meisterleistung, die die Experten bei der Sanierung aber auch besonders fordert. Alle Arkadenpfeiler am Westflügel und weitere am Ostflügel müssen saniert werden, das hatten bauwerksdiagnostische Untersuchungen und statische Berechnungen Ende 2022 ergeben. Durch eine Korsettkonstruktion aus Keilhölzern und Spanngurten sind eine Vielzahl von Pfeilern bis zur Sanierung seither provisorisch gesichert.

Im Rahmen einer Mustersanierung wird jetzt das Verfahren erprobt. Mal ebenso den Pfeiler rückbauen, um den Kern zu stabilisieren, das geht nicht. Das statische Gefüge einer ganzen Schlossachse würde ins Wanken geraten. Wie nicht selten in der Denkmalpflege musste also eine besondere Lösung her. Bei der Suche kamen die Experten auf die Krake.

Foto: STSG, Uta Kolano
Eine eigens angefertigte Stahlkonstruktion mit vier Schrägstützen übernimmt während der Sanierung die Lasten, die sonst auf dem Pfeiler ruhen. Über die Stützen werden sie nach den Seiten auf Stahlbetonfundamente abgeleitet. Mehr noch, durch eine hydraulische Pumpe und vier Hydraulikpressen wurde die Schlossachse über dem Pfeiler um zwei Millimeter langsam angehoben. Das ermöglichte den Rückbau der Sandsteine, der für die Sicherung unumgänglich ist.

Im Lettenkohlensandstein, der für den Bau der rechteckigen Pfeiler verwendet wurde, haben äußere Einflüsse und Belastungen zu Rissen und Abplatzungen an den äußeren Mauerwerksschalen geführt. Über die Jahrhunderte eingetretene Feuchtigkeit, verfehlte frühere Sanierungsmaßnahmen sowie die ständigen hohen und langzeitigen Lasten führten zu den Schäden, die die Tragfähigkeit minderten.
Foto: STSG, Sabine Jeschke
Bei den Voruntersuchungen stellten die Statiker zudem fest, dass im Inneren der Pfeiler verschieden große Kalk- und Sandsteine verbaut wurden. Die Zwischenräume zwischen den Steinen wurden mit einem groben Mörtel verfüllt. Statiker betrachten solche Konglomerate mit Skepsis.
Foto: STSG, Sabine JeschkeNachdem die rötliche Sandsteinschale abgebaut wurde, konnte der aus Kalkstein und Mörtel bestehende Pfeilerkern begutachtet werden. In den folgenden Schritten wird er stabilisiert. Auch das Pfeilerfundament muss verstärkt werden. Anschließend wird der Sandsteinmantel wiederaufgebaut. Mit der Mustersanierung des Pfeilers werden neue Techniken erprobt, die dann bei der Sanierung der weiteren Arkadenpfeiler Anwendung finden. Die Krake sowie die Fertigteilfundamente, auf denen diese stehen wird, sollen dann im Schlosshof auf Wanderschaft gehen.

Mitarbeiter der beauftragten Baufirma BauhofH aus Grammetal bei Weimar beim Rückbau der Sandsteinschale des Pfeilers.
Foto: STSG, Sabine Jeschke
Die Sanierung der Arkadenpfeiler ist Teil des 110-Millionen-Euro-Sanierungprogramms für Schloss Friedenstein in Gotha, das jeweils zur Hälfte von Bund und Land finanziert wird. Ein wichtiger Schwerpunkt im Rahmen des umfassenden Sanierungsprojekts sind statische Maßnahmen, an vielen Stellen erstmals seit der Erbauung des Schlosses Mitte des 17. Jahrhunderts. Dabei spielen die freistehenden Arkadenpfeiler um den Schlosshof eine entscheidende Rolle.
Anke Pennekamp