Auf dem Oberschloss Kranichfeld ist noch heute viel alte Bausubstanz zu finden, sie reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Im 16. Jahrhundert wandelte sich die Burg zum Schloss, wenn auch der erste Eindruck von Westen her anderes vermuten lässt. Dort empfängt das Torhaus die Besucherinnen und Besucher. Sein Bruchsteinmauerwerk ist unverputzt, der Tordurchgang rund. Er wird von Schießscharten flankiert, über dem Tor ragt eine Pechnase hervor – ein kleiner Erker mit Öffnungen nach unten, der an Burgen die Verteidigung von oben ermöglichte. Rundum mittelalterlich mutet der kleine Anbau an, allerdings entstand er erst im 20. Jahrhundert.


Die Herren von Kranichfeld ließen im 12. Jahrhundert eine Burg errichten. Nach 1530 wurde sie unter den Vögten Reuß von Plauen zum Schloss ausgebaut. Später war das Oberschloss auch mal in Schwarzburger-Rudolstädter Grafenhand. Noch später ging es in Herzogsbesitz über, zunächst an Sachsen-Weimar, dann Sachsen-Gotha und schließlich Sachsen-Meiningen.
Foto: STSG, Hajo DietzAuch eine kleine Burgbrücke, die den Graben von der Vorburg zur Kernburg überspannt, trägt zur mittelalterlichen Anmutung des Torhauses bei. Wie der Bau selbst, entstand sie 1906 und geht auf die Feder des auf den Burgenhistorismus spezialisierten Architekten Bodo Ebhardt zurück. Er legte die Brücke zweiteilig an, der größere Teil war aus Holz und feststehend, der kleinere Teil war wie eine Zugbrücke mit Ketten und Fallgatter gestaltet. Ab den 1960er Jahren wurde die Brücke mehrfach erneuert. Seit dem vergangenen Jahr hält sie die Fachleute wieder auf Trab. Da die letzte Brückenkonstruktion marode war, muss sie ersetzt werden.

Bevor die neue Burgbrücke vor Ort eingehoben werden konnte, musste zunächst die marode Vorgängerbrücke rückgebaut werden.
Foto: STSG, Thomas Schiffer
Foto: STSG, Anke Pennekamp
Die neue Brücke folgt in der Gestaltung der Brückenidee von Ebhardt, als technisches Bauwerk muss sie sich aber auch heutigen DIN-Normen stellen. „Das Vorbild von 1906 mit den modernen Anforderungen an eine Brücke, den heutigen Richtlinien und Vorschriften auf einen Nenner zu bringen, gehörte zu den Herausforderungen bei diesem Projekt“, erklärt STSG-Baureferentin Carolin Schart.
Zwei sieben Meter lange Holzträger geben der neuen Holzbrückenkonstruktion ihren Halt. Der kleinere an das Torhaus anschließende Zugbrückenteil wird in Stahl mit Schutzgittern und Stahlketten nachgebildet, bleibt aber feststehend. „An sich sieht die Brücke recht unspektakulär aus, aber der Teufel steckt im Detail. Wir haben vor allem die Zugbrücke so filigran wie möglich gestaltet, durften dabei aber natürlich auch die Tragfähigkeit nicht aus den Augen verlieren.“ erklärt Schart.

Eine Brücke, viele Fragen – Konstruktion, Material, Anforderungen an Tragfähigkeit und Sicherheitsvorschriften und ein historisches Vorbild mussten übereingebracht werden, für die Brückensanierung auf dem Oberschloss Kranichfeld. Von der ersten Konstruktionszeichnung bis zur fertigen Ausführungsplanung wurden Varianten diskutiert, Details ausgearbeitet und über das statische System entschieden.
Erste Handskizze zum Brückenbauprojekt: STSG, Carolin SchartIn Einzelteilen wurde die neue Brückenkonstruktion in der Werkstatt vorgefertigt. Um ein späteres Verwinden des Holzes zu verhindern, wurden die Eichenträger in der Trockenkammer gut durchgetrocknet.
Mitte Februar 2025 war es dann so weit, an einem kalten Wintertag rollten zehn Meter Brücke vor dem Tor des Oberschlosses an. Per Kran wurde die Brücke eingehoben. Zusätzliche Verstrebungen mit Auflagern an den Brückenpfeilern im Burggraben geben der Konstruktion zusätzlichen Halt.

In der Holzwerkstatt wurden auch die geriffelten Holzbohlen vorgefertigt und lasiert, die zukünftig den Weg über die Brücke ebnen.
Foto: STSG, Carolin Schart
Rund sieben Meter lang und mit entsprechender Stärke, spielen die Holzträger eine tragende Rolle in der neuen Burgbrückenkonstruktion.
Foto: STSG, Carolin SchartDas Oberschloss Kranichfeld besitzt eine bewegte Geschichte. Von der Burg zum Renaissanceschloss im Laufe der Zeit gewandelt, brannte das Schloss 1934 zu einer Ruine aus. In der Folge sollte unter den Nationalsozialisten eine SS-Führerschule dort eingerichtet werden, für die Bauarbeiten wurden Zwangsarbeiter aus dem nahe gelegenen Konzentrationslager Buchenwald eingesetzt. Später wurden die Umbauarbeiten eingestellt. In den 1980er Jahren gründete sich eine Interessengemeinschaft aus ehrenamtlich Engagierten, die sich für den Erhalt der Anlage einsetzte.
Eine neue Dauerausstellung ab Sommer 2025 nimmt die Burg- und Schlossgeschichte in den Blick. Dann können die Besucherinnen und Besucher auch über die neue Brücke schreiten, bis zur Ausstellungseröffnung bleibt das Oberschloss noch geschlossen.
Anke Pennekamp