Tagung auf Schloss Schwarzburg

Schlösser im Nationalsozialismus

BaugeschehenDenkmalpflegeKulturgeschichteVermittlung
Schlössergeschichte im 20. Jahrhundert in den Blick zu nehmen, das hat sich die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen (AGDS) vorgenommen. Eine Tagung auf Schloss Schwarzburg ist der Auftakt einer ganzen Tagungsreihe der AGDS. Das Schloss mit seinen Zerstörungsspuren ist ein besonders anschauliches Beispiel für den Umgang mit Schlössern im Nationalsozialismus.

Getagt wird im Emporensaal im Hauptgebäude von Schloss Schwarzburg, mittendrin in einem Stück Schlossgeschichte aus den 1940er Jahren. Das Schloss ist Tagungsort, gleichzeitig aber auch einer der Ausgangspunkte für einige Aspekte der Tagung, die eine Bestandsaufnahme zur Geschichte von Schlössern im Nationalsozialismus mit internationaler Perspektive anhand von konkreten Beispielen zum Ziel hat.

Schloss Schwarzburg, 2022,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Schlossgeschichte mit Brüchen

Die Geschichte von Schloss Schwarzburg reicht bis ins Hochmittelalter zurück. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden in einer Urkunde die Schwarzburg und ein Sizzo als Graf von Schwarzburg erwähnt. Aus der Stammburg wurde ein Schloss, das auch nach der Verlegung der Residenz nach Rudolstadt große Bedeutung behielt. Rund 800 Jahre nach der Ersterwähnung dankte mit dem Ende der Monarchie in Deutschland 1918 der letzte Schwarzburger Fürst, Günther Victor von Schwarzburg-Rudolstadt, ab. Teile des fürstlichen Vermögens samt Residenzschloss in Rudolstadt gingen an den Fiskus und an die neu gegründete Günther-Stiftung über, an Schloss Schwarzburg erhielt das abgedankte Fürstenpaar Nießbrauchrecht. Das Schloss, das über Jahrhunderte nur Nebenresidenz war, wurde zu ihrem Hauptwohnsitz. Das lebenslange Wohnrecht endete 1940. Günthers Witwe Anna Luise musste das Schloss innerhalb weniger Tage gegen eine finanzielle Entschädigung räumen. Die Nationalsozialisten planten, auf Schloss Schwarzburg den belgischen König zu internieren, wenig später ändern sich die Pläne. Das Schloss sollte zum Reichsgästehaus umgebaut werden. Anna Luise verließ am 13. Juni 1940 Schloss Schwarzburg und ging nach Sondershausen, Schloss Schwarzburg sollte sie nie wieder betreten.

1940 begannen die Bauarbeiten für den Umbau zum Reichsgästehaus. Die Bauleitung übernahm der Architekt Hermann Giesler. Das Torhaus und ganze Schlossflügel wurden abgerissen, das Hauptgebäude entkernt. Wände und Zwischenwände wurden herausgebrochen. Auch barocke Stuckdecken und wandfeste Innenausstattung mussten weichen. Selbst die Schlosskirche mit dem Erbbegräbnis der Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt wurde abgetragen und die Särge wurden fortgeschafft. Das Zeughaus mit der fürstlichen Schauwaffensammlung wurde beräumt und sollte zur Garage umfunktioniert werden. 1942 mussten die Bauarbeiten dann kriegsbedingt eingestellt werden, nach Notsicherungen blieb die Baustelle verlassen zurück. Die Nationalsozialisten planten, den Umbau fortzusetzen, dazu sollte es aber nie kommen. Das Hauptgebäude blieb knapp 80 Jahre lang eine Bauruine. 

Das Schloss als Zeitzeugin

Lässt man den Blick durch den Emporensaal im Hauptgebäude von Schloss Schwarzburg streifen, ist noch deutlich zu erkennen, wo einst Zwischenwände und Decken anschlossen. Wie Striemen ziehen sich die Stellen mit frei liegenden Backsteinen und Schieferplatten über die beiden Geschosse des Saals. Sein heutiges Raumvolumen erlangte der Emporensaal durch die Entkernung in den 1940er Jahren. Acht Schlossräume auf zwei Etagen lagen hier einst. Die namengebende Empore kam beim Teilausbau des Hauptgebäudes im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Thüringen erst vor wenigen Jahren hinzu, gleich einem Ringanker schnürt sie Außenwand und Innenwände heute wieder zusammen. An der Decke des Emporensaals sind noch die Fragmente einer barocken Stuckdecke erhalten, ein paar Meter entfernt sind große Holzträger in die Wände gebrochen. Sie wurden in den 1940er Jahren als Notsicherungen eingebracht. Das Schloss als Zeitzeugin, die die Spuren der Zeit von der Burg bis zum 20. Jahrhundert bewahrt – dieses denkmalpflegerische Konzept steht hinter dem Teilausbau des Hauptgebäudes, das die STSG derzeit auch zum außerschulischen Lernort weiterentwickelt.

Emporensaal im Schloss-Hauptgebäude,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller
Ahnensaal im Schloss-Hauptgebäude,
Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Von fürstlichen Glanzzeiten zeugt noch heute der Ahnensaal, der ehemalige Hauptsaal des Schlosses, in der Beletage. Auch in ihm sind die Brüche der Zeit neben der repräsentativen Schlossausstattung eines Grafenhauses, das 1710 in den Fürstenstand aufgestiegen war – mit einer Bandelwerkdecke aus dem frühen 18. Jahrhundert nach französischer Vorlage und den Stuckrahmungen um die früher hier präsentierten großformatigen Ahnenporträts der Schwarzburger – noch deutlich ablesbar.

Heute soll der Denkort der Demokratie, wie der jüngst teilsanierte Bereich des Hauptgebäudes bezeichnet wird, mit seinen Spuren von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert zum Nachdenken über Geschichte, Demokratie und Gesellschaft anregen. Dazu gehört auch die Geschichte der Schlösser im Nationalsozialismus.

Anke Pennekamp

Tagung

Schlösser im Nationalsozialismus

13.-14. September 2024
Schloss Schwarzburg
Internationale Tagung, veranstaltet von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und dem Deutschen Nationalkomitee von ICOMOS e.V.

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